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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Autoren: Antoine Rouaud
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»Ebenso, wie niemand mehr ohne Prozess gehenkt wird.«
    »Aber es wird immer noch nach Kaiserlichen gesucht«, wand sich der Wirt.
    »Das ist richtig«, gab sie mit sanfter Stimme zurück. »Einige wenige. Aber damit habe ich nichts zu tun. Zumal ich glaube, dass Dun kein anderes Verbrechen begangen hat, als seinen Befehlen Folge zu leisten. Ich möchte wirklich nur mit ihm reden. Sagt uns lediglich, ob er sich hier aufhält. Wir stören Euch bestimmt nicht weiter.«
    »Also keine Schwierigkeiten, versprochen?«, versicherte sich der Wirt abermals mit einem argwöhnischen Seitenblick auf Rogant.
    »Versprochen. Wir wollen nur reden«, wiederholte Viola.
    Der Wirt warf sich das Geschirrtuch über die Schulter und ließ den Blick über die Gäste im Schankraum gleiten. Als er die vertraute Gestalt an einem Tisch entdeckte, n ickte er Viola zu und deutete mit dem Kopf auf den Mann.
    Viola drehte sich um, betrachtete den Alten und schaute den Nâaga fragend an, doch der erwies sich nicht als hilfreich. Er war damit beschäftigt, die Gäste wachsam und misstrauisch im Auge zu behalten. Viola hob zum Dank kurz die Hand und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Spöttische Männerblicke folgten ihr, jemand pfiff ihr nach. Schankmädchen eilten mit vollen Krügen in den Händen durch den Raum, und das feiste Lachen der Kaufleute mischte sich in den allgemeinen Lärm. Als sich Viola Duns Tisch näherte, wurde der Geruch nach Schweiß und Rauch stärker.
    »Nur ein paar Münzen, Dun! Du kriegst sie doppelt und dreifach zurück«, bettelte ein kleiner Mann, der seinen umgedrehten Hut mit beiden Händen walkte.
    »Ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass ich deine dreckige Fresse nicht mehr sehen will«, knurrte der Angesprochene.
    Sein graues Haar war verfilzt und schmutzig, und um seinen Hals verlief eine dunkle Spur. Falls sein Hemd einmal weiß gewesen war, konnte man es unter dem Schmutz nur noch an wenigen Stellen erkennen. Das Rückenteil seiner Lederweste zeigte Risse.
    »Ich kriege das hin, Dun. Es sind vier Männer aus Serray, die keine Ahnung von Zank-Patience haben. Du weißt, dass ich sie schlagen kann. Zweihundertprozentig!«
    »Hättest du nicht so mit mir geredet, hätte ich dir vielleicht etwas zum Spielen vorgeschossen. Aber nie, niemals, darfst du so mit mir sprechen.«
    Anklagend deutete er mit dem Zeigefinger auf den kleinen Mann, versetzte ihm einen Stoß und gestikulierte zu einem Tisch hinüber, an dem vier lustige Gesellen in roten Mänteln lauthals sangen.
    »Versuche doch einmal, mit deinen Männern aus Serray so zu reden«, knurrte er. »Die werden dich ganz schnell zu Kleinholz verarbeiten. Vielleicht begreifst du dann, dass ich eigentlich gar nicht so übel bin. Und jetzt hau ab!«
    Der kleine Mann senkte den Kopf, drehte sich um und verschwand im Gewühl. Viola spürte Rogants Anwesenheit unmittelbar hinter sich. Sie wandte kurz den Kopf und suchte seine Augen. Der Nâaga nickte.
    Viola ging um den Tisch herum und baute sich vor dem alten Mann auf. Er hielt sich an einem großen Becher fest und blickte zu ihr hoch. Sein Gesicht war vom Leben gezeichnet. Um die aufgesprungenen Lippen sprießte ein Dreitagebart, und eine lange Narbe verlief in einem Bogen unterhalb seines rechten Auges. Er entsprach haargenau der Beschreibung – ein ungeschliffener Haudegen, dessen Leben aus einer langen Reihe aufeinanderfolgender Schlachten bestanden hatte.
    »Dun?«
    Er antwortete nicht.
    »Gestattet Ihr?«, fragte Viola und legte eine Hand auf die Rückenlehne des Stuhls.
    Er rührte sich nicht.
    »Ich brauche nicht lange.«
    Während sie sich setzte, trank er einen Schluck und wäre beinahe erstickt, als sich der Nâaga neben ihr niederließ.
    »Was hat dieser Wilde da an meinem Tisch zu suchen?«, schnauzte er mit einem finsteren Blick zu Viola.
    »Rogant ist ein Nâaga und kein Wilder «, gab Viola kühl zurück. »Die meisten von ihnen sind längst sesshaft – wusstet Ihr das nicht? Sie sind Lebewesen wie Ihr und ich.«
    Mit der Fingerspitze schob sie ihre Brille ein Stück höher, ehe sie hinzufügte: »Und er ist mein Begleiter.«
    »Dann also ein sesshafter Tätowierter«, seufzte der Mann. »Aber ist das eine Entschuldigung dafür, sich uneingeladen an meinen Tisch zu setzen?«
    Viola hielt seinem Blick so entschlossen stand, dass er schließlich die Augen abwandte und den Nâaga betrachtete. Er hatte so oft gegen dieses Volk gekämpft, dass es ihm unerträglich schien, es von der Republik toleriert
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