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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin
Autoren: C.J. Cherryh
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bereits Dinge, die er sonst niemandem versprochen hätte, nämlich sie ins Dorf zu begleiten und mit den Leuten zu reden; aber sie hatte für ihren närrischen Plan einen weiten und gefährlichen Weg zurückgelegt – einen sehr weiten Weg von der Provinz Hua bis hierher, und sie hatte es erstaunlich klug angestellt. Niemand mochte in der unter der Bauerntrage und dem Strohhut gebeugten Gestalt im übergroßen Mantel ein Mädchen vermutet haben.
    Der Korb verlagerte den Schwerpunkt, veränderte den Gang, ließ den Träger geschlechtslos erscheinen. Sogar ihn hatte sie damit getäuscht, bis er sie ohne den Korb hatte gehen sehen.
    Schlau, dachte er – wenn sie tatsächlich so weit gedacht haben sollte.
    Aber selbst ein
Mann
mit einem schmuddeligen Korb konnte unterwegs Banditen und Ärger auf sich ziehen. Vier Wochen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie überhaupt so weit gekommen war.
    Es sei denn, sie hatte ungewöhnliches Glück gehabt.
    Oder sie war tatsächlich ein Spion, und man hatte ihr reichlich Hilfe gewährt.
    »Ich kenne mich mit Tieren aus«, sagte sie. »Habt Ihr Schweine?«
    »Nein. Ich jage.«
    »Ich kann mich ums Pferd kümmern. Und ich kenne eine Menge Arten, Kaninchen zuzubereiten.«
    »Das ist gut. Dein neuer Herr unten im Dorf wird das gern hören. Und dort hält man auch Schweine.«
    »Ich will, daß Ihr mich unterrichtet.«
    »Worin?« fragte er. »Wie man sich zum Narren macht? Du würdest es nicht einmal zurück bis nach Hua schaffen. Du hattest Glück, daß du überhaupt so weit gekommen bist.«
    »Ich werde es schaffen. Und ich werde mich rächen. Niemand kann mich daran hindern.«
    Die Provinz Hua. Gitu. Die Namen beschworen Bilder herauf, vom – Hof und von Ghita und dessen Anhängern. Die alte Wut regte sich in ihm, Erbitterung über erlittene Demütigungen; er schüttelte sie ab wie unwillkommenen Regen und sagte mit vollem Mund:»Ein Schwert zu tragen. Du kannst
wirklich
von Glück sagen, daß die Polizei dich in Ruhe gelassen hat. Kennst du denn das Gesetz nicht?«
    »Darum ist es im Korb.«
    »Du könntest die rechte Hand verlieren, Mädchen. Begreifst du das?«
    »Nur wenn sie mich kriegen«, sagte sie. »Niemand hat mich erwischt. Niemand hat Euch erwischt. Ihr seid einfach weggeritten, die Soldaten hinterher.«
    »Ich bin um mein Leben gerannt, Mädchen. Das ist die ganze Wahrheit.«
    »Ihr habt die Männer getötet, die Euch gefolgt sind.«
    »Ich hatte Glück. Sie hatten einen schlechten Tag. Ich einen besseren. Aber den Rest meines Lebens werde ich humpeln. Ich kenne keine verdammten Geheimnisse. Ich bin kein Meister. Ich lebe einfach hier in Frieden, dem Himmel sei Dank, und brauche weder einen Koch noch einen Schweinehirten.«
    »Ihr werdet Eure Meinung ändern.«
    »Hör zu, Mädchen: Ich werde meine Meinung nicht ändern, ebensowenig wie ich sie in den letzten neun Jahren geändert habe. Das ist eines der Vorrechte, die man genießt, wenn man allein lebt, weißt du. Ich tue, was ich will; und was ich will: diesen Berg für mich haben und meine Ruhe – und kein verdammtes schnatterndes Mädchen, das mir das Leben schwer macht. Du redest zuviel. Du wirst zum Dorf hinuntergehen, und da wird sich jemand um dich kümmern und dir einen Ehemann und ein Dach über dem Kopf verschaffen.«
    »Nein.«
    »Die Straße dort unten ist die Grenze des Reichs. Wenn ich bis zum Dorf gehe, verstoße ich gegen die Bedingungen meines Exils. Aber ich werde dich bis zum Fuß des Berges bringen. Dann folgst du der Straße bis zum Dorf.«
    »Nein.«
    »Mehr kann ich nicht tun. Vergiß Gitu. Vergiß die Provinz Hua. Du bist in Sicherheit. Gitu
und
Ghita können dir hier nichts anhaben, und du tust gut daran, hierzubleiben.«
    »Ihr braucht mich bloß zu unterrichten. Dann müßt Ihr Euch nicht weiter den Kopf zerbrechen, wie Ihr mich irgendwohin bringen könnt, hört Ihr? Ich kann überall hingehen; und man wird mich nicht festhalten.«
    »Närrin«, sagte er. Und dachte, als er sie im weichen Zwielicht betrachtete, daß sie durchaus eine Schönheit gewesen sein mochte, ehe sie verwundet worden war; und daß sie in Anbetracht all dessen, was einem Mädchen unterwegs bei einem Überfall zustoßen konnte, wahrscheinlich tiefer verletzt war, als es die Narbe auf ihrer Wange zeigte...
    Für eine Unverheiratete war sie alt. Für eine Witwe war sie viel zu jung. Doch es war durchaus möglich. Es war sogar wahrscheinlich, daß sie irgendwo unterwegs vergewaltigt worden war. Er wollte keinen Strom von
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