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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin
Autoren: C.J. Cherryh
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Tränen auslösen, aber je länger er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher schien es ihm, daß das Mädchen, zernarbt und fremd und sicher keine Jungfrau mehr, im Dorf keinen Mann finden würde, daß sie als Kindermädchen enden würde, als Packesel oder als die rechtlose Konkubine irgendeines Bauern. Er dachte an die furchtbare Bürde, die sie ihm auferlegte; dachte schließlich mit einem angenehmen Gefühl moralischer Selbstaufopferung, wie er es seit Jahren nicht mehr verspürt hatte, daß es in Muigan, ein paar Tagesmärsche im Norden, ein Nonnenkloster gebe und daß die Möglichkeit bestehe, die Götter durch eine gute Tat milde zu stimmen, falls sie sich überhaupt noch um irgend etwas scherten. Das Gold, das er besaß, wäre ihm damals in Chiyaden wenig erschienen, doch in diesen unsicheren Zeiten bedeutete es für die Grenzbevölkerung eine Menge; und wenn er dem Mädchen eine genügend große Mitgift gab, um sie ins Kloster von Muigan einzukaufen, dann würde sie nicht so undankbar sein, ihren Wohltäter zu vergessen; sie würde für sein Wohlergehen und das seines Vaters beten. Auf diese Weise könnte er seinem Vater einen Dienst erweisen und eine Verpflichtung loswerden, die ihn bedrückt hatte, indem er sich selbst einen Dienst erwies, wenn es überhaupt darauf ankam, und ein Mädchen ohne Zukunftsaussichten würde in geordnete Verhältnisse kommen und ein respektables Alter erreichen, ein weit höheres Alter, als sie als Bauersfrau in der Provinz Hua zu erwarten hätte.
    Der Plan war nicht ohne Risiko. Er würde sie oder das Geld bestimmt keinem Jungen aus dem Dorf anvertrauen können. Er würde selbst nach Muigan reisen und dabei heimlich gegen die Bedingungen seines Exils verstoßen müssen. Aber wahrscheinlich würde der Regent es nicht bemerken, oder er erführe von der ganzen Angelegenheit und verstünde, was dahintersteckte, und wäre feinfühlig genug, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen und darauf zu verzichten, längst beigelegte Probleme wieder aufzurühren. Es war lange her, daß jemand ihn vor ein Problem gestellt hatte, für das es eine klare und eindeutige Lösung gab. Er kam sich nun ziemlich edelmütig vor, beglückwünschte sich zu seinem Gespür und seinem beispielhaften Verhalten und deutete mit den Eßstäbchen auf das Mädchen. »Ich sage dir, was ich tun werde. Du bleibst ein, zwei Tage lang hier, dann bringe ich dich durchs Gebirge bis nach Muigan in Hoishi. Dort gibt es ein Nonnenkloster...«
    »Nein.«
    »Hör mir zu, kleine Närrin. Ich werde dich dort einkaufen. Soviel kann ich für dich tun. Du bekommst eine ansehnliche Mitgift. Was hältst du davon?«
    »Ich will keine Nonnen und Gebete. Die haben mir nichts genutzt. Ich will Gitus Kopf. Ich will seine...«
    »Ich biete dir eine ansehnliche Mitgift an. Ich biete dir einen sicheren Ort zum Leben an, wo du genug zu essen, gute Kleider und Sicherheit bis ins hohe Alter hast. Denk mal übers Alter nach. Denk mal über dieses Jahr hinaus, Mädchen. Gitus Kopf! Du redest Unsinn.«
    »Ich will keine Nonne werden.«
    »Dann nimm das Geld! Versuch, im Dorf einen Mann zu finden. Nach Hua führt für dich kein Weg mehr zurück; du hattest Glück, daß du lebend bis hierher gekommen bist.«
    »Ich will, daß Gitu stirbt.«
    »Du wirst sterben, das steht dir bevor, wenn du wieder losziehst.«
    »Nicht, wenn Ihr mich unterrichtet.«
    Er beherrschte sich. Er nippte bedächtig am abkühlenden Tee. »Du willst, daß ich gehe. Ist es das? Du willst, daß ich nach Hua gehe und mich für dich zum Narren mache.«
    »Nein.«
    »Ich will dir was sagen. Wenn du Gitu tötest, wird ein anderer von seiner Sorte seine Stelle einnehmen, ehe sein Sitz auch nur kalt geworden ist. Es hängt nicht von einem einzelnen ab. Es ist der ganze verfluchte Hof. Es ist der junge Narr auf dem Thron. Glaubst du, ich wäre nicht dort geblieben, wenn Aussicht auf Änderung bestanden hätte? Es gab keine. Deshalb sitze ich hier, auf diesem Berg. Gitu töten! Geh du ins Kloster, Mädchen, und bete ein langes Leben lang für deine Familie; mehr kannst du für sie nicht tun.
Ich
kann nichts tun.
Ich
beabsichtige nicht, mein Leben für einen Narren wegzuschmeißen – weder für dich noch für den jungen Kaiser. Hör zu. Du bist ein tapferes Mädchen. Du hast einen weiten Weg hinter dir. Ich bezweifle nicht, daß du meinst, was du sagst. Aber ich täte dir keinen Gefallen, wenn ich deinem Wunsch nachgäbe. Wärst du ein Junge, würde ich sagen, du bist zu
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