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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt
Autoren: Philip Kerr
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diesem Bericht? In dem, den du für den Präsidenten der Vereinigten Staaten schreiben sollst?«
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Sei doch nicht gleich so kratzbürstig.«
    19

    »Ich bin nicht kratzbürstig. Ich bin diskret. Das ist ein großer Unterschied. Wenn ich kratzbürstig wäre, könntest du mir wahrscheinlich das Fell streicheln, mit meinen Ohren spielen und die Sache aus mir herauskraulen. Diskretion bedeutet, dass ich eher meine Giftkapsel nehmen würde, als das zuzulassen.«
    Jetzt bekam ihr Gesicht etwas Verkniffenes. »Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen«, sagte sie.
    »Danke, meine Liebe. Aber eins kann ich dir jetzt schon sagen. Ich werde für ein, zwei Wochen nach London gehen müssen.«
    Ihr Gesicht entspannte sich ein wenig, sie lächelte. »London?
    Hast du’s noch nicht gehört, Willy-Schatz? Die Deutschen bombardieren diese Stadt. Das könnte gefährlich sein.«
    Ihr Ton war leicht spöttisch.
    »Doch, ich habe schon davon gehört«, sagte ich. »Deshalb will ich ja hin. Damit ich mir morgens beim Rasieren ins Gesicht sehen kann. Nach fünfzehn Monaten an einem Schreibtisch in der Dreiundzwanzigsten Straße wird mir allmählich klar, dass ich vielleicht doch zur Marine hätte gehen sollen.«
    »Du liebe Güte. So viel Heroismus. Ich glaube, ich nehme jetzt doch den Drink.«
    Ich goss ihr einen Scotch ein, pur, wie sie ihn am liebsten mochte. So jungfräulich wie ihre Art, auf einem Stuhl zu sitzen, mit keusch zusammengepressten Knien. Als ich ihr den Whisky reichte, nahm sie ihn mir aus den Fingern, fasste dann meine Hand und drückte sie an ihre marmorkühle Wange. »Du weißt doch, dass ich immer Sachen sage, die ich nicht so meine, oder?«
    »Natürlich. Das ist doch einer der Gründe, warum ich dich so mag.«
    20

    »Manche Leute kämpfen mit Stieren, reiten auf die Jagd oder schießen Vögel. Ich rede nun mal gern. Das ist eines der beiden Dinge, die ich wirklich gut kann.«
    »Liebling, du bist Weltmeisterin im Reden.«
    Sie kippte ihren Scotch und knabberte an ihrem Daumennagel, als wollte sie mir signalisieren, dass es Teile von mir gab, an denen sie ihre Zähne viel lieber ausprobieren würde. Dann stand sie auf und küsste mich. Ihre Lider flackerten dabei, weil sie immer wieder darunter hervorlinste, ob ich schon bereit war für die Lustpartie, die sie für uns plante.
    »Was hältst du davon, dass wir nach oben gehen und ich dir zeige, worin ich noch Weltmeisterin bin?«
    Ich küsste sie wieder und legte meine ganze Person in den Kuss, wie ein Schmierenschauspieler, der das Lichtdouble für John Barrymore macht.
    »Geh schon mal vor«, sagte ich, als wir nach einer Weile auftauchten, um Luft zu holen. »Ich komme gleich. Muss nur erst noch was lesen. Ein paar Papiere, die mir der Präsident gegeben hat.«
    Ihr Körper versteifte sich in meinen Armen. Sie schien eine sarkastische Bemerkung machen zu wollen, sich dann aber zu bremsen.
    »Bilde dir bloß nicht ein, dass du diese Ausrede mehr als einmal benutzen kannst«, sagte sie. »Ich bin durchaus Patriotin.
    Aber ich bin auch eine Frau.«
    Ich nickte und küsste sie abermals. »Das ist die Eigenschaft, die ich an dir am meisten mag.«
    Diana schob mich sanft von sich und grinste. »Gut. Aber mach nicht zu lange. Und wenn ich schon schlafe, versuch mal dein Superhirn dafür zu benutzen, eine Methode zu finden, wie du mich wieder wach kriegst.«
    »Ich werde mir was einfallen lassen, Prinzessin Aurora.«
    21

    Ich beobachtete, wie sie die Treppe hinaufging. Es lohnte sich.
    Ihre Beine waren ein Kunstwerk. Ich folgte ihnen bis zum Rand der Strümpfe und noch ein ganzes Stück darüber hinaus. Aus rein philosophischen Gründen natürlich. Alle Philosophen, sagte Nietzsche, verstünden sich schlecht auf Weiber. Aber er hatte ja auch nie Diana eine Treppe hochgehen sehen. Ich kannte keinen Weg zur Erkenntnis der letzten Wirklichkeit, der es auch nur annähernd mit dem Studium jenes hauchzarten Phänomens aufnehmen konnte, das Dianas Unterwäsche war.
    Um dieses spezielle Wissen möglichst schnell aus meinem Kopf zu verbannen, machte ich mir eine Kanne Kaffee, fand ein unangebrochenes Päckchen Zigaretten auf dem Schreibtisch in meinem Arbeitszimmer und ließ mich nieder, um die Akten, die mir Roosevelt gegeben hatte, durchzusehen.
    Der Bericht der deutschen Wehrmacht-Untersuchungsstelle war der detaillierteste. Doch der britische Bericht, verfasst von Sir Owen O’Malley, Botschafter bei der polnischen
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