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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder
Autoren: Helene Tursten
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Yvonne Stridner warf ihr einen schnellen Blick zu, nickte dann aber, als verstünde sie, warum diese Frage gestellt werden musste.
    »Sie gehörten während der Gymnasiumszeit zur gleichen Clique. Damals gingen sie füreinander durch dick und dünn. Mit der Zeit kamen dann diverse Freundinnen und Ehefrauen dazu. Wir durften jedes Jahr beim Frühlingsball und zu Silvester dabei sein. Ansonsten standen die Frauen ziemlich außen vor. Das war fast wie ein Herrenclub, eine Art Orden.«
    »Wie viele Jahre lang hatten Sie Kontakt mit den von Knechts?«
    »Tore und ich waren knapp vier Jahre verheiratet. In der Zeit habe ich sie vielleicht zehnmal getroffen. Und das ist, wie gesagt fünfzehn Jahre her. Mit der Scheidung brach jeder Kontakt mit den von Knechts ab.«
    Irene Huss bemerkte, wie die Professorin auf ihre elegante Armbanduhr schaute, und wusste, dass sie sich mit ihrer letzten, wichtigen Frage beeilen musste. Schnell fragte sie: »Wer war alles Mitglied in diesem Herrenclub?«
    Jetzt sah Yvonne Stridner wütend aus. Vielleicht hatte sie das Gefühl, zu mitteilsam gewesen zu sein.
    »Einige heute ziemlich bekannte Männer«, sagte sie schroff. Nach einer Weile fuhr sie freundlicher fort.
    »Lassen Sie es uns so machen. Ich fertige euch eine Liste von denen an, die zur Gruppe gehörten. Die kriegt ihr morgen mit dem vorläufigen Obduktionsbericht.«
    Mit schnellen Schritten ging sie zu ihrem weißen Ford Escort. Irene Huss schaute ihr nach und sagte: »Sie ist doch ganz menschlich.«
    Sven Andersson schnaubte: »Die und menschlich! Sie hat so viele Gefühle wie ein Bagger!«
    Inspektor Huss musste kichern und stellte mal wieder fest, dass der Kommissar reichlich nachtragend war. Dann drehte sie sich zur Haustür und schaute sie nachdenklich an.
    »Und wie kommen wir jetzt hier rein? Das ist das reinste Fort Knox, wenn man weder Code noch Schlüssel hat«, stellte sie fest.
    Kommissar Andersson schien gar nicht zuzuhören, er war offensichtlich in Gedanken versunken. Schließlich holte er tief Luft und sagte: »Es wird eine Weile dauern, bis sie in der Zentrale den Staatsanwalt erreicht haben und die Erlaubnis für eine Hausdurchsuchung haben. In der Zeit werde ich wohl hier stehen müssen und auf die Erlaubnis und einen Schlüsseldienst warten. Könntest du zum Sahlgrenska-Krankenhaus fahren und nachfragen, wie es der Ehefrau und dem Sohn geht? Wäre doch schön, von denen die Schlüssel zu bekommen. Auf diese Weise müssen wir diese wundervolle Haustür hier nicht beschädigen.«
    Ein müder und bitterer Unterton verriet, dass Sven Andersson wohl stärker von dem Fall betroffen war, als er zugeben wollte.
     
    Wie üblich war es hoffnungslos, einen Parkplatz finden zu wollen, obwohl die Abendbesuchszeit fast vorbei war. Irene zeigte dem Wächter ihren Dienstausweis und bekam die Erlaubnis, hineinzufahren. Das klappte nicht immer, wenn man in Zivil kam und niemanden im Auto hatte, der versorgt werden musste.
    Da es ein normaler Dienstagabend war und immer noch ziemlich früh, war es in der großen Notaufnahme ruhig. Irene ging zum Schwesternbüro und sah dort einen blonden Krankenpfleger sitzen und telefonieren. Sie hatten sich aus dienstlichen Gründen schon häufiger gesehen. Er winkte ihr freundlich zu und machte Zeichen, dass er das Gespräch gleich beenden würde.
    Irene Huss schaute sich um. Direkt vor dem Büro lag ein älterer Mann auf einer Trage. Seine Gesichtsfarbe war bleich und von hässlichem Grau, die Lippen waren in dem blassen Gesicht kaum zu sehen. Er lag mit geschlossenen Augen da und schien von seiner Umgebung nichts wahrzunehmen. Neben ihm auf einem Stuhl saß eine kleine, pummelige Frau und strich ihm unaufhörlich über den Arm. Sie schluchzte lautlos, sprach aber nicht mit ihm. Weiter hinten im Warteraum saß ein Jüngling, eine Menge blutiges Haushaltspapier um die Hand gewickelt. Ein älterer Gentleman, den Huss von der Säuferbank im Brunnspark kannte, lag laut schnarchend auf einer Trage. Er war sicher in keiner akuten Gefahr, denn das Blut um die Wunde auf seiner Stirn war schon geronnen. Eine junge Frau saß kerzengerade auf ihrem Stuhl und starrte vor sich hin. Abgesehen von dem Schnarchen war es fast friedlich in der Aufnahme.
    Pfleger Roland hatte sein Gespräch beendet und winkte Huss vom Flur zu sich herein mit einem fröhlichen: »Hallo, Irene! Lange nicht gesehen! Ich glaube, ich weiß, warum du hier bist!«
    »Hallo! Hast du Frau von Knecht und ihren Sohn gesehen?«
    »O ja, die
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