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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
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noch niemand geschadet oder auch nur belästigt.
    Das Flugzeug – ein langgestrecktes Oval ohne scharfe Kanten – sank langsam und lautlos wie ein fallendes Blatt nach unten und setzte auf. Brock sah keinen Antrieb, als er darauf zuging. Der Revolver in seinem Gürtel kam ihm plötzlich lächerlich vor und er fühlte sich wie ein kleiner Junge, der sich verkleidet hatte.
    Er spürte eine Woge der Bitterkeit in sich aufsteigen. Sie müssen uns eben nehmen wie wir sind. Der Teufelsoll mich holen, wenn ich wegen eines verdammten Touristen anders als sonst auftrete.
    Eine Seite des Flugzeugs leuchtete auf, dann trat ein Mann durch die Wand. Durch die Wand! Brock war zunächst fast enttäuscht, weil der Mann so normal aussah. Er war mittelgroß, etwas dicklich, hatte ein freundliches Gesicht und trug ein ganz gewöhnliches Tweedjackett. Als Brock sich näherte, lächelte der Mann.
    „Guten Tag“, sagte er.
    „Guten Tag.“ Brock blieb stehen, trat von einem Fuß auf den anderen und sah zu Boden. Joe spürte, daß sein Herr mißtrauisch war, und knurrte leise.
    Der Fremde streckte die Hand aus. „Ich heiße Lewis – Nat Lewis aus New York. Sie müssen entschuldigen, daß ich einfach bei Ihnen eindringe. John Rossman hat mich geschickt. Er fühlte sich nicht wohl, sonst wäre er selbst gekommen.“
    Brock schüttelte die Hand des anderen. Die Erwähnung von Rossman hatte ihn ein wenig sicherer gemacht. Der Alte war immer nett und freundlich zu ihm gewesen, und Lewis’ Verhalten war vertrauenerweckend. Brock zwang sich, dem Blick des anderen zu begegnen, und nannte seinen Namen.
    „Ja, ich erkenne Sie nach Rossmans Beschreibung wieder“, entgegnete Lewis. „Er ist sehr interessiert daran, wie ihr hier vorankommt. Keine Sorge, er beabsichtigt nicht, sein Eigentum wieder in Besitz zu nehmen. Es ist nur eine freundliche Neugier. Ich arbeite in seinem Institut und war, ehrlich gesagt, selbst neugierig, deshalb bin ich heraufgekommen, um mich für ihn umzusehen.“
    Brock entschied, daß ihm Lewis gefiel. Der Mann hatte auffallend langsam gesprochen, es mußte eine gewisse Anstrengung für ihn sein, zur alten Sprechweise zurückzukehren, aber es war nichts Herablassendes in seiner Art.
    „Nach dem, was ich gehört habe, haben Sie hier ausgezeichnete Arbeit geleistet“, sagte Lewis.
    „Ich wußte nicht, daß Sie … äh … daß wir …“ stotterte Brock.
    „Oh, ja, ein halbes Auge haben wir schon auf euch gehabt, nachdem wir unsere eigenen Probleme bewältigt hatten, und das waren nicht wenige, das können Sie mir glauben. Sind es eigentlich immer noch, was das betrifft. Hier, möchten Sie eine Zigarre?“
    „Hmm … ja …“ Brock nahm sie, rauchte aber nicht. Er hatte die Gewohnheit nicht angenommen. Aber er konnte die Zigarre jemand anderem geben. „Danke.“
    „Es ist keine Bombe“, Lewis grinste. „Zumindest hoffe ich das!“ Er zündete sich eine an, wobei er ein Feuerzeug benutzte, das selbst in dem heftigen, lärmenden Wind funktionierte.
    „Sie haben zweifellos bemerkt, daß die umliegenden Städte alle evakuiert wurden“, sagte er und sog den Rauch tief ein.
    „Ja, vor einigen Monaten“, stimmte Brock zu und fuhr dann herausfordernd fort: „Wir haben uns alles genommen, was wir brauchen konnten.“
    „Oh, das ist in Ordnung. So war es gemeint; tatsächlich können sie sogar in eine umsiedeln, wenn Sie wollen. Der Kolonisierungsausschuß dachte, es sei das beste, Sie von derartig … äh … überwältigenden Nachbarn zu befreien. Den Leuten war es egal; in ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstadium ist ihnen ein Ort genauso genehm wie der andere.“ Ein sehnsüchtiger Ausdruck huschte über Lewis’ Gesicht. „Das ist etwas, was wir verloren haben: die intime Bindung unserer Herzen an ein kleines Fleckchen Erde.“ Dieses Eingeständnis von Schwäche führte dazu, daß Brocks Nervosität schwand. Wahrscheinlich war es absichtlich erfolgt, aber selbst dann …
    „Und diejenigen, die hier hin und wieder aufgetaucht sind, um sich euch anzuschließen, wurden oft unmerklich geleitet“, fuhr Lewis fort. „Es werden noch mehr kommen, falls ihr sie wollt. Und ich glaube, ihr könntet durchaus weitere Hilfe gebrauchen, und die anderen brauchen nichts dringender als ein Heim und Sicherheit.“
    „Das ist … nett von Ihnen“, sagte Brock langsam.
    „Ach, nicht der Rede wert. Sie dürfen nicht glauben, daß wir euch vor allen Gefahren geschützt oder alle Arbeiten abgenommen haben. Das war nie so
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