Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
wie sie ein Magazin las, und sie saß doch sonst in ihrer Freizeit nur vor dem Fernsehapparat.
    Ich werde auch schlauer!
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz. Lange Zeit blieb er völlig reglos stehen, so daß Joe herankam und fragend an seiner Hand schnüffelte.
    Ich werde klüger.
    Klar – so mußte es sein. Die Art und Weise, in der er in letzter Zeit nachgedacht und gegrübelt hatte, und daß er sich an alles mögliche erinnerte und dann auch gesagt hatte, wo er doch früher nie den Mund aufbekam – was konnte es sonst sein? Die ganze Welt wurde klüger.
    Ich kann lesen, sagte er zu sich selbst. Nicht besonders gut, aber sie haben mir das Al-pha-bet beigebracht, und ich kann ein Comic-Heft lesen. Vielleicht kann ich jetzt ein richtiges Buch lesen?
    Die Bücher hatten die Antworten auf all das, worüber er mit einem Mal nachgrübelte, die Sonne und den Mond und Dinge wie Sterne und warum es Sommer und Winter gab, warum sie Kriege führten und Präsidenten hatten und wer auf der anderen Seite der Erde lebte und …
    Er schüttelte den Kopf, unfähig, das Durcheinander zu begreifen, das in ihm aufstieg, sich ausbreitete und alles einzuschließen schien. Er hatte sich doch zuvor nie Gedanken gemacht. Die Dinge passierten eben und wurden wieder vergessen. Aber … er blickte staunend auf seine Hände. Wer bin ich? Was tue ich hier?
    Sein Inneres war in Aufruhr. Er lehnte den Kopf gegen die kühle Rinde eines Baumstammes und lauschte dem Blut, das in seinen Ohren rauschte.
    Lieber Gott, bitte, laß es wahr sein. Bitte, laß mich werden wie die anderen Leute.
    Nach einer Weile riß er sich zusammen und überprüfte weiter den Zaun, wie man es ihm gesagt hatte.
    Am Abend, nachdem seine Arbeit getan war, zog er sich einen sauberen Anzug an und ging zum großen Haus hinauf.
    Mr. Rossman saß auf der Veranda, rauchte eine Pfeife und blätterte in einem Buch, ohne es wirklich anzusehen. Brock blieb schüchtern, die Mütze in einer Hand, stehen, bis der Besitzer aufblickte und ihn entdeckte.
    „Oh, hallo Archie“, sagte er mit seiner sanften Stimme. „Wie geht es dir heute abend?“
    „Gut, danke.“ Brock drehte die Mütze zwischen seinen großen Händen und trat von einem Fuß auf den anderen. „Kann ich Sie bitte einen Augenblick sprechen?“
    „Was? Na klar. Komm herein.“ Mr. Rossman legte das Buch beiseite und saß rauchend da, während Brock die Klapptür öffnete und zu ihm trat. „Hier, setz dich.“
    „Vielen Dank. Ich …“ Brock fuhr sich mit der Zunge über seine trockene Lippen. „Wollte Sie bloß mal nach was fragen.“
    „Nur heraus damit, Archie.“ Mr. Rossman lehnte sich bequem zurück. Er war groß und schlank, mit feingeschnittenen, stolzen Gesichtszügen unter dem weißen Haar. Brocks Eltern hatten bereits für ihn gearbeitet, und als sich herausstellte, daß aus dem Jungen nichts Besonderes werden würde, hatte er sich um ihn gekümmert. „Alles in Ordnung?“
    „Na ja, es ist wegen … äh … dieser Veränderungen hier.“
    „Hm?“ Rossmans Blick wurde aufmerksam. „Was für eine Veränderung?“
    „Sie wissen schon. Die Tiere werden klüger und aufsässig.“
    „Ach so, das!“ Rossman stieß eine Rauchwolke aus. „Sag mal, Archie, hast du auch in dir selbst irgendeine Veränderung bemerkt?“
    „Ja, ich … äh … na ja, ich glaub’ schon.“
    Rossman nickte. „Du wärst nicht hierhergekommen, wenn du dich nicht verändert hättest.“
    „Was geht nur vor, Mr. Rossman? Was läuft denn da bloß schief?“
    „Ich weiß es nicht, Archie, niemand weiß es.“
    Der alte Mann blickte in die niedersinkende blaue Dämmerung. „Bist du so sicher, daß da etwas schiefläuft? Vielleicht kommt endlich etwas in Ordnung.“
    „Sie wissen es nicht …“
    „Nein, kein Mensch weiß es.“ Rossmans blasse, blaugeäderte Hand klatschte auf die Zeitung, die neben ihm auf dem Tisch lag. „Hier drin finden sich einige Andeutungen. Das Wissen breitet sich aus. Ich bin sicher, daß sehr viel mehr bekannt ist, aber die Regierung hat die Informationen unterdrückt, weil sie eine Panik fürchtet.“ Er grinste mit einer gewissen Bosheit. „Als ob man ein weltweites Phänomen geheimhalten könnte! Aber in Washington werden sie natürlich bis zum bitteren Ende an ihrem Schwachsinn festhalten.“
    „Aber, Mr. Rossman.“ Brock hob die Hände und ließ sie wieder fallen. „Was können wir tun?“
    „Warten. Abwarten, was wird. Ich werde demnächst in die Stadt fahren, um es selbst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher