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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod
Autoren: Charlaine Harris
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ihrer Lebensmittel, damit sie das Richtige aß. Wir belegten sogar Lamaze-Kurse, in der Hoffnung, sie würde uns an der Geburt teilnehmen lassen. Aber sie wollte nicht uns, sondern diese beiden Clowns dabeihaben. Wenigstens war sie sicher, dass einer der beiden der Vater des Kindes war.
    Wir wollten einfach das Kind. Wir konnten Regina nicht töten, dabei wäre das so einfach gewesen. Niemand hätte es erfahren. Aber sie ist meine Schwester, ich konnte es nicht. Wir glaubten ihr in jener Nacht, als sie uns berichtete, das Kind wäre bei Ihnen und Ihrem Mann. Margaret wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, dass Regina das Baby einfach unters Bett geschoben hatte – auch nicht für einen kurzen Moment.
    Sie müssen wissen, dass wir nichts von alldem geplant hatten, was geschehen ist, als wir herausfanden, wer meine Mutter ist. Ich wollte das wissen, und ich wollte ein Kind für Margaret und mich. Auf beides hatte ich ein Recht. Das sehe ich immer noch so. Wenn sich Craig und Rory herausgehalten hätten und ich mich allein mit Regina hätte auseinandersetzen können, wäre alles gut gelaufen. Denn sie ist meine Schwester.
    Es tut mir leid.
    Luke Granberry
    Nachdem ich den Brief gelesen hatte, starrte ich ihn eine ganze Weile nur an. Mussten Regina und Barby erfahren, dass Luke ihr Bruder beziehungsweise ihr Sohn war? Ich beschloss, dass dies nicht meine Verantwortung war.
    Mit einem Streichholz aus der Schachtel auf dem Kaminsims ging ich hinaus in die kalte, trockene Luft. Den ganzen Winter über war ich nicht in der Stimmung gewesen, Feuer im Kamin zu machen. Mit dem Holz, das Darius Quattermain in unserem Garten verteilt, das Martin und ich aufgesammelt und gestapelt hatten ... noch ehe ich in Tränen ausbrechen konnte, schob ich den Gedanken weit von mir. Ich riss das Streichholz an einem Ziegelstein an, und es flammte prächtig auf. Ich hielt die Flamme an den Brief, und als dieser so weit verbrannt war, dass ich ihn nicht mehr halten konnte, ließ ich ihn in einen leeren Blumentopf fallen, den ich längst ins Gartenhäuschen hätte räumen sollen.
    Wieder dachte ich an Darius und wie er damals splitternackt und singend durch den kalten Wind getanzt war. Ich dachte an die Droge, die man ihm untergeschoben hatte, und an Rorys unerwartete Schlafattacke, nachdem ihm eine Frau im Getränkemarkt als Dankeschön für die Hilfe mit ihrem Auto ein paar Bier gekauft hatte.
    Ich griff nach meinen Schlüsseln und fuhr in die Stadt zurück. Meist ging ich in dieser Zeit nur zur Arbeit, deshalb fühlte sich diese spontane Fahrt seltsam an.
    Zehn Minuten später klopfte ich an die Tür der Lowrys. Wie ich gehofft hatte, war Catledge noch nicht daheim. Ellen war allein.
    „Komm doch herein!“, sagte sie voll freundlicher Verbindlichkeit. „Wie ist es dir ergangen?“ Das fragten mich alle. Als würde ich es ihnen sagen.
    Ich trat ein, sicher, dass ich hier nie wieder willkommen sein würde, hatte ich erst einmal gesagt, was ich sagen wollte. Es machte mir nichts aus. „Du warst es“, verkündete ich ohne jede Vorrede. „Du hast die Pillen in Mr. Quattermains Flasche getan. Und du hast auch das Bier mit Drogen versetzt, das du Rory gegeben hast.“
    „Rory?“ Ellens glatte Stirn kräuselte sich nachdenklich. „Ach, der schmutzige, blonde Bursche im Getränkemarkt?“
    „Ja. Er hat dich mir beschrieben, und ich erinnerte mich, dass du an jenem Abend mit einer Flasche Wein aus der Garage gekommen bist. Du hast dich nicht verhalten wie du selbst.“
    „Lustig, dass du das so siehst“, antwortete Ellen ungerührt. „Ich fand mich im Gegenteil ganz mich selbst.“
    „Bist du so böse?“
    „Eine Zeitlang war ich das.“
    Ich starrte sie beinahe schon hasserfüllt an. Wer wusste schon, wie sich die Dinge entwickelt hätten, wenn Rory nicht unter dem Einfluss von Drogen gestanden hätte?
    „Du bist erbärmlich“, sagte ich. Eine schlimmere Beleidigung fiel mir nicht ein.
    „Ja. Ich fand die Pillen diesen Sommer im Zimmer meines Sohnes. Ich habe sie konfisziert. Natürlich hätte ich sie in der Toilette runterspülen müssen, aber aus irgendeinem Grund tat ich das nicht. Catledge und ich haben Tally in eine Drogenentzugseinrichtung verfrachtet. Du bist der einzige Mensch in dieser Stadt, der weiß, wo er ist.“
    Ich atmete tief ein und dann langsam wieder aus. Mit dieser Luft entwich auch ein kleiner Teil meines Zorns.
    „Ich konnte es niemandem sagen. Ich konnte nicht mit Catledge darüber reden, das lehnte er ab.
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