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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Rachel Caine
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selbst einen Sohn verloren. Ich weiß, wie schwer Trauer wiegt.«
    »Oh«, sagte Mrs Morrell. »Ich bedauere Ihren Verlust sehr, Sir«, sagte sie, so als wüsste sie nicht, dass ihr Ehemann tot auf der anderen Seite des Raumes lag.
    Claire bemerkte, dass Tränen in Theos Augen glitzerten, aber dann blinzelte er sie weg und lächelte. Zärtlich tätschelte er ihre Hand. »Sie sind so großherzig zu einem alten Mann«, sagte er. »Wir haben immer gern in Morganville gelebt, wissen Sie? Die Menschen sind so freundlich.«
    Shane sagte: »Einige dieser Menschen haben Ihren Sohn getötet.«
    Theo schaute ihn aus ruhigen, unerschrockenen Augen an. »Und ohne Vergebung wird es niemals Frieden geben. Das sage ich dir aus der Distanz vieler Jahrhunderte heraus. Mein Sohn hat sein Leben geopfert. Auf dieses Geschenk werde ich nicht mit Zorn reagieren, nicht einmal gegenüber jenen, die ihn mir genommen haben. Ich glaube, dass genau diese armen, traurigen Leute morgen aufwachen und ihre eigenen Verluste beweinen werden. Vorausgesetzt, sie sind dann selbst noch am Leben. Wie kann ich durch Hass auf sie geheilt werden?«
    Myrnin, der noch überhaupt nichts gesagt hatte, murmelte: »Du beschämst mich, Theo.«
    »Das wollte ich nicht«, sagte er und zuckte die Achseln. »Nun ja, ich sollte jetzt zu meiner Familie zurückkehren. Ich wünsche euch allen alles Gute.«
    Myrnin stand von seinem Stuhl auf und brachte Theo zu dem Portal. Alle schauten ihm nach. Mrs Morrell starrte ihm mit einem heiteren, seltsamen Blick hinterher.
    »Wie seltsam«, sagte sie. »Ich wünschte, Mr Morrell hätte Zeit gehabt, ihn kennenzulernen.«
    Sie sprach, als wäre er auf einem Meeting in der Stadt und würde nicht tot unter einem Laken liegen. Claire schauderte.
    »Kommen Sie, lassen Sie uns nach Richard schauen«, sagte Eve und führte sie weg.
    Shane atmete mit einem langsamen Zischen aus. »Ich wünschte, es wäre so einfach, wie Theo glaubt - aufhören zu hassen.« Er schluckte und beobachtete Mrs Morrell. »Ich wünschte, ich könnte das, echt.«
    »Wenigstens willst du es«, sagte Michael. »Das ist immerhin ein Anfang.«
    ***
    Sie verbrachten die Nacht im Labor, hauptsächlich deshalb, weil der Sturm draußen bis in die frühen Morgenstunden weitertobte - überwiegend regnete es, ab und zu war es Hagel. Es erschien ihnen wenig sinnvoll, draußen herumzulaufen. Claire schaute immer wieder auf ihr Handy. Eve fand ein tragbares Radio, das hinten im Raum unter einem Haufen Gerümpel begraben war, und sie suchten in regelmäßigen Abständen nach Nachrichten.
    Um drei Uhr nachts fanden sie welche auf der Notfrequenz des Radios.
    ***
    »An alle Bewohner Morganvilles und Umgebung: Die schweren Sturmwarnungen bleiben bestehen; noch bis sieben Uhr kann es heute zu starkem Wind und möglicherweise zu Überflutungen kommen. Die Rettungsmaßnahmen im Rathaus sind in vollem Gange; es wurde zu großen Teilen von einem Tornado zerstört, der außerdem mehrere Lagerhäuser und unbewohnte Gebäude sowie ein Haus am Founder's Square dem Erdboden gleichgemacht hat. Zahlreiche Verletzte werden gemeldet. Bitte bewahren Sie Ruhe. Die Einsatzkräfte arbeiten sich derzeit in der Stadt vor und halten nach allen Ausschau, die Hilfe brauchen. Bleiben Sie, wo Sie sind. Bitte versuchen Sie zurzeit noch nicht, hinaus auf die Straße zu gehen.«
    ***
    Dann wurde das Ganze noch einmal wiederholt. Eve runzelte die Stirn und schaute Myrnin an, der ebenfalls zugehört hatte. »Viel interessanter wäre zu wissen, was sie uns nicht gesagt haben«, sagte sie.
    »Wenn ich raten sollte, dann würde ich mal annehmen, dass ihr dringender Wunsch, die Leute in den Schutzräumen zu belassen, daher rührt, dass es noch andere beunruhigende Dinge gibt.« Seine dunklen Augen wirkten einen Moment lang abwesend, dann wurde sein Blick wieder konzentriert. »Ebenda nichts.«
    »Was?« Eve schien zu glauben, dass sie sich verhört hatte.
    »Ebenda nichts Carlo. Ich nicht Gerechtigkeit.«
    Myrnin machte wieder Wortsalat - ein Hinweis darauf, dass die Wirkung der Medizin nachließ, und zwar schneller, als Claire eigentlich erwartet hatte, und das war beunruhigend.
    Eve warf Claire einen alarmierten Blick zu. »Okay, ich habe das jetzt eigentlich überhaupt nicht kapiert...«
    Claire legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zum Schweigen zu bringen. »Warum schaust du nicht kurz nach Mrs Morrell? Du auch, Shane.«
    Es gefiel ihm nicht, aber er ging. Dabei machte er eine ruckende Kopfbewegung zu Michael
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