Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Rachel Caine
Vom Netzwerk:
weiß, dass du sie finden kannst. Du hast die Blutsbande, ich nicht. Bitte finde sie und bring sie hierher. Das ist nicht unser Kampf. Sie sind verwandt - Vater und Tochter. Sie sollten das beenden, von Angesicht zu Angesicht.«
    Myrnin starrte ihn für einen sehr langen Moment an, dann legte er den Kopf zur Seite. »Du verlangst von mir, dass ich sie verrate«, sagte er. »An ihren Vater ausliefere.«
    »Nein, nein das würde ich nicht verlangen. Ich möchte nur... sie soll nur wissen, wie hoch der Preis ist. Amelie wird kommen. Ich weiß, dass sie kommen wird.«
    »Wird sie nicht«, sagte Myrnin. »Ich werde es nicht zulassen.«
    Theo schrie vor Kummer auf und Claire biss sich auf die Lippen. »Können Sie ihm nicht helfen?«, fragte sie. »Es muss doch eine Lösung geben!«
    »Oh, es gibt eine«, sagte Myrnin. »Es gibt eine. Aber die wird dir nicht gefallen, kleine Claire. Sie ist nicht schön und sie ist nicht einfach. Und sie wird dir wieder einmal eine beträchtliche Mut abverlangen.«
    »Ich mach es!«
    »Nein, wirst du nicht«, sagten Shane und Michael wie aus einem Munde. Shane fuhr fort: »Du bist doch noch kaum wieder auf den Beinen, Claire. Du gehst nirgendwohin, zumindest nicht ohne mich.«
    »Und mich«, sagte Michael.
    »Zur Hölle«, seufzte Eve. »Ich nehme an, das heißt, ich muss auch mitkommen. Das werde ich dir nie verzeihen, selbst dann nicht, wenn ich nicht auf entsetzliche Art zu Tode komme.«
    Myrnin starrte sie reihum an. »Ihr würdet gehen. Ihr alle.« Seine Lippen verzogen sich zu einem wahnsinnigen Gummipuppenlächeln. »Ihr seid die besten Spielzeuge, die es gibt, wisst ihr das? Ich kann mir gar nicht ausmalen, wie viel Spaß es machen wird, mit euch zu spielen.«
    Schweigen. Dann sagte Eve: »Okay, das war jetzt extra gruselig, mit einem Klecks Extra-Grusel obendrauf. Und ich habe meine Meinung geändert.«
    Das Entzücken wich aus Myrnins Gesicht und wurde durch eine Art verzweifelter Verlorenheit ersetzt, die Claire nur allzu gut kannte. »Es kommt, Claire. Es kommt, fürchte ich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann es fühlen.«
    Sie ergriff seine Hand. »Ich weiß. Bitte, versuchen Sie es. Wir brauchen Sie jetzt. Können Sie durchhalten?«
    Er nickte, aber es war eher eine krampfartige Reaktion als eine Bestätigung. »In der Schublade bei den Schädeln«, sagte er. »Eine letzte Dosis. Ich habe sie versteckt. Und vergessen.«
    Das sah ihm ähnlich; er versteckte etwas und erinnerte sich in den seltsamsten Momenten wieder daran - oder nie mehr. Claire stürzte in die andere Ecke des Raumes, wo Richard schlief, und öffnete eine Schublade nach der anderen unter einer Reihe von Totenköpfen, die er an die Wand genagelt hatte. Er hatte ihr versichert, dass es sich dabei ausschließlich um klinische Proben und nicht um Gewaltopfer handelte. Sie glaubte ihm trotzdem nicht ganz.
    In der letzten Schublade fand sie hinter alten Pergamentrollen und dem Skelett einer Fledermaus zwei Phiolen, beide aus braunem Glas. Die eine davon enthielt rote Kristalle, wie sich herausstellte, als sie den Verschluss öffnete.
    Die andere enthielt Silberpulver.
    Die Phiole mit dem Silberpulver steckte sie sich in die Hosentaschen, wobei sie sorgfältig darauf achtete, nicht die Tasche mit dem Loch zu verwenden. Die roten Kristalle brachte sie Myrnin. Er nickte und steckte die Phiole in seine Westentasche unter seinem Mantel.
    »Möchten Sie sie nicht einnehmen?«
    »Noch nicht gleich«, sagte er, was ihr, offen gesagt, eine Heidenangst einjagte. »Ich kann noch ein Weilchen konzentriert bleiben. Versprochen.«
    »Also«, sagte Michael. »Was ist der Plan?«
    »Das hier.«
    Claire fühlte, wie das Portal hinter ihr einrastete, so klar und präzise wie ein Blitz, und Myrnin packte sie vorne am T-Shirt, wirbelte sie herum und schleuderte sie kraftvoll durch den Durchgang.
    Sie schien sehr, sehr lang zu fallen, aber dann kam sie unten an und rollte sich ab.
    Als sie die Augen öffnete, war es um sie herum stockfinster. Es roch nach Verwesung und altem Wein.
    Nein.
    Sie kannte diesen Ort.
    Als sie versuchte aufzustehen, traf sie etwas von hinten - dem wilden Fluchen nach war es Shane. Sie drehte sich um und klatschte ihre Hand auf seinen Mund, woraufhin er mitten in einem Fluch innehielt. »Psssst«, zischte sie, so leise sie konnte. Nicht, dass ihr geräuschvoller Aufprall auf dem Boden das Dinnerglöckchen nicht schon laut genug geläutet hätte.
    Der Teufel soll dich holen, Myrnin.
    Eine kalte Hand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher