Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

der aufplatzte, als das Ding darin gegen den Griff des Doktors ankämpfte, und eine widerlich riechende Flüssigkeit ausspie, die seinen Kittel durchtränkte und um seine Gummistiefel herumspritzte. Beinah hätte er es fallen lassen, wie er es an seiner Brust festhielt und es sich krümmte und wild mit den kleinen Armen und Beinen fuchtelte und mit dem Mund, der mit winzigen, rasiermesserscharfen Zähnen bewehrt war, nach ihm schnappte und spuckte.
    »Das Glas!«, schrie er. Ich schob es auf seine Füße zu. Er ließ das Ding in den Behälter fallen und musste mich nicht eigens dazu auffordern, den Deckel draufzuknallen.
    »Schraub es fest zu, Will Henry!«, keuchte er. Er war von Kopf bis Fuß mit dem blutbespritzten klebrigen Zeug überzogen, dessen Gestank beißender als der des verwesenden Fleischs auf dem Tisch war. Der winzige Anthropophage tobte im Glas herum, schlug klatschend gegen die Wände und verschmierte sie mit Fruchtwasser, während er mit nadelgroßen Fingernägeln an seinem Gefängnis kratzte und das Maul in der Mitte seiner Brust wild arbeitete wie ein Fisch auf dem Trocknen, der nach Luft schnappt. Seine wimmernden Schreie des Schreckens und des Schmerzes waren so laut, dass sie das dicke Glas durchdrangen, quälende, unmenschliche Laute, die mich bis ans Ende meiner Tage verfolgen werden.
    Dr. Warthrop hob das Glas auf und stellte es auf den Arbeitstisch. Er tränkte etwas Baumwolle in einem Gemisch aus Halothan und Alkohol, ließ sie in das Glas fallen und schraubte den Deckel wieder auf. Das Monsterjunge attackierte die Baumwolle, zerriss mit seinen kleinen Zähnen die Fasern und verschluckte große Stücke davon ganz. Seine Aggression beschleunigte die Wirkung des euthanasierenden Mittels: In weniger als fünf Minuten war die unheilige Brut tot.

ZWEI
    »Seine Dienste sind mir unentbehrlich«

    Mit nur zwei Pausen – für eine weitere Tasse Tee gegen drei Uhr morgens und zur Erleichterung seiner Blase kurz vor vier – arbeitete der Monstrumologe die ganze Nacht durch und bis weit in den nächsten Tag hinein, wenngleich mit merklich geringerer Dringlichkeit nach der Abtreibung der abscheulichen Kreatur, die im Leichnam der jungen Frau herangewachsen war.
    »Sobald der Zeitpunkt der Niederkunft erreicht ist«, erklärte er mir in trockenem Vortragston, der das Thema irgendwie noch entsetzlicher machte, »platzt das Anthropophagen-Junge aus seinem Amnionsack und beginnt unverzüglich, sich von seinem Wirt zu ernähren, bis von diesem nur noch die Knochen übrig sind, welche er mittels seiner nadelartigen Zähne anbohrt – um das nährstoffreiche Mark herauszusaugen. Im Gegensatz zum Homo sapiens , Will Henry, entwickeln die Anthropophagen Zähne praktisch vor allem anderen.«
    Mit nicht geringer Mühe hatten wir die Körper voneinander getrennt, denn die Bestie hatte ihre zwei Zoll langen Krallen völlig in ihrem Opfer versenkt. Der Doktor zog sie heraus, einen starren Finger nach dem andern, indem er den Meißel als Brechstange einsetzte.
    »Beachte, wie die Krallen mit Widerhaken versehen sind«, betonte er. »Wie ein Walfanghaken oder die Vorderbeine einer Gottesanbeterin. Befühle die Spitze, Will Henry – vorsichtig! Sie ist so spitz wie eine Injektionsnadel und so hart wie Diamant. Die Eingeborenen seines natürlichen Habitats verwenden sie als Nähnadeln und Speerspitzen.«
    Er zog den mächtigen Arm von der Brust des toten Mädchens.
    »Ihre Spannweite übertrifft die eines durchschnittlichen Mannes um fast anderthalb Fuß. Schau, wie groß seine Hand ist.« Er legte seine eigene Hand, Handfläche gegen Handfläche, auf die des Monsters. Die Hand der Kreatur verschluckte die des Doktors wie die Hand eines Erwachsenen die eines Kindes. »Wie der Löwe benutzt er die Pranken als primäre Angriffswaffe, aber anders als die großen zu den Säugetieren gehörigen Raubtiere versucht er nicht, seine Beute zu töten, bevor er zu fressen beginnt. Mehr wie der Hai oder ein Insekt bevorzugt der Anthropophage lebendes Fleisch.«
    Es bedurfte unserer vereinten Bemühungen, um sein Bein von dem Mädchen zu zerren. Ein wenig außer Atem aufgrund der Anstrengung sagte der Doktor: »Sie besitzen die größten bei Primaten bekannten Achillessehnen, die sie dazu befähigen, mit einem einzigen Sprung erstaunliche Entfernungen zurückzulegen, bis zu vierzig Fuß … Beachte die stark ausgeprägte Muskulatur von Wade und Quadrizeps … Vorsichtig jetzt, Will Henry, sonst rollt er uns weg!«
    Er