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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann
Autoren: Jason Dark
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sollen zu Raben werden. Niemand kann ihn stoppen.« Melody Marwood konnte sich nicht länger beherrschen. Heftig hatte sie auf ihren Mann eingesprochen, der versuchte, sie mit ruhiger Stimme und auch ruhigen Worten zu trösten.
    Carlotta hatte einen besseren Vorschlag. Sie riet dem Ehepaar, das Zimmer zu verlassen, doch da weigerten sich die Marwood’s.
    In einer derartigen Lage hatte man den Eindruck, dass sich die Zeit langsamer bewegte und manchmal sogar stehen blieb. Mir erging es hier nicht anders, und es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor, bis der Mondmann einen Schritt nach vorn machte. Er hatte sich entschlossen, den Kampf zu beginnen.
    Die Beretta hatte ich noch nicht gezogen. So leicht würde er das Haus nicht betreten können, denn er musste erst noch das große Fenster überwinden. Es bestand aus Thermopaneglas, und es war nicht einfach, es zu zerstören.
    Er kam trotzdem nicht auf die Idee, zu stoppen. Sein Weg führte direkt auf die große Scheibe zu. Die Arme hingen an den Körperseiten herab nach unten. Sie pendelten bei jeder Gehbewegung hin und her, ebenso die Fäuste.
    Ich konzentrierte mich auf seine Augen. Darin sah ich ebenfalls das helle Licht. Soviel ich erkennen konnte, gab es keine Pupillen, nur dieses Mondlicht, das ihm die Kraft gab und in etwa wie ein Motor wirkte.
    Maxine Wells sprach mich an. »Was hat er vor? Kannst du dir etwas denken?«
    »Er will zu uns.«
    »Durch die Scheibe?«
    »Ich rechne bei ihm mit allem.«
    Ich hörte hinter mir Schritte. Carlotta hatte sich bewegt. In der Nähe des Fensters blieb sie stehen, um den Mondmann besser sehen zu können.
    Auch Casey Marwood hielt es nicht mehr auf seinem Platz. Von der Couch sprang er hoch.
    »Verdammt noch mal, ihr müsst etwas tun, der macht uns fertig. Glaubt mir das!«
    »Seien Sie ruhig«, fuhr Maxine ihn an. »Sie brauchen hier nichts zu tun. Was zu erledigen ist, das nehmen wir in die Hand.«
    »Ha, das möchte ich sehen.«
    Die Tierärztin gab keine Antwort. Es hatte keinen Sinn, Marwood überzeugen zu wollen.
    Ich wusste nicht, wie viele Schritte der Mondmann auf das Fenster zugegangen war, doch plötzlich blieb er stehen.
    Also doch nicht durch die Scheibe!
    Die Vögel umkreisten seinen Kopf wie eine Horde Bienen die Blüten der Blumen. Sie waren bisher nur Aufpasser und keine Angreifer.
    Und dann passierte etwas, auf das ich schon gewartet hatte. Der Mondmann bewegte seine linke Hand. Er streckte sie. Kurz danach hob er den Arm an, und all dies geschah sehr langsam. Ebenso das Drehen der Hand, sodass wir wenig später gegen die Innenfläche schauen konnten.
    Und dort leuchtete der Halbmond!
    Er war wirklich nicht groß und kam mir in diesen Ausmaßen ungefährlich vor. Er leuchtete in einem kalten Weiß, war aber von einer bläulich schimmernden Aura umgeben und wurde so starr gehalten, als sollten wir von ihm hypnotisiert werden.
    »So kenne ich das!«, sagte Carlotta halblaut. »Seid jetzt nur auf der Hut, bitte.«
    Ob sich ein Gefühl im Gesicht des Mondmanns abzeichnete, sah keiner von uns. Aber er handelte. Den Arm drückte er zurück, um noch mal auszuholen, und kaum hatte er einen gewissen Punkt erreicht, da schleuderte er ihn wieder nach vorn.
    Genau bei dieser Bewegung löste sich der Halbmond aus seiner Handfläche.
    Und mich überkam der Eindruck, alles in einem zeitlupenhaften Tempo zu erleben.
    Die Mondsichel fegte durch die Luft. Sie flog in Kopfhöhe und raste auf die Scheibe zu.
    Tat sie das wirklich? Raste sie?
    Mir kam es nicht so vor. Meiner Ansicht nach flog sie langsam, aber sie war dabei, sich zu verändern, und genau das erlebte ich hautnah mit. Auf dem Weg zu uns veränderte sie sich, und wir mussten dem Phänomen tatenlos zuschauen.
    Die Sichel wuchs.
    Bei jedem Yard, den sie zurücklegte, nahm sie an Größe zu. Das Doppelte hatte sie bereits erreicht, und jetzt war sie dabei, um das Drei- oder Vierfache zu wachsen.
    Carlotta hatte von einem Bumerang gesprochen. Wenn ich mir die Mondsichel so anschaute, musste ich zugeben, dass sie sich nicht geirrt hatte. Sie war so etwas wie ein Bumerang, und ich wurde an den erinnert, mit dem ich den Schwarzen Tod vernichtet hatte.
    Dann erreichte das Wurfgeschoss die Scheibe!
    Es gab einen lauten Knall. Ich sah Splitter, die durch die Luft wirbelten und auch in das Zimmer hinein. Ob ich ein Klirren hörte, wusste ich nicht, es konnte durchaus sein, aber etwas anderes war viel wichtiger.
    Vom Platzen der Scheibe an erlebte ich den Bumerang in der
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