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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Gemmell
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das gelbe Licht auf sie zu. Seine soldatischen Instinkte waren wie abgestorben, und Bartellus lag verletzlich da, als die Gestalt sich ihnen näherte und vor ihnen stehen blieb. Der alte Mann sah die Spitze einer Schwertscheide unter dem Saum des Umhangs herausragen. Ihm war klar, dass er sich bewegen, sich verteidigen sollte, aber er hatte keine Kraft mehr.
    » Du bist nicht tot.« Es war die gleichgültige Stimme einer Frau. Sie hallte schwach von dem feuchten Stein wider. Bartellus war sich nicht sicher, ob die Bemerkung ihn beruhigen sollte oder die Frau einfach nur eine Tatsache feststellte.
    » Wir sind von der Flut überrascht worden«, erklärte er. Noch während er das sagte, begriff er, dass eine Erklärung schwerlich vonnöten war. Verständlicherweise antwortete die Frau nicht. Sie blieb schweigend vor ihm stehen. Ihre Gegenwart war beunruhigend. Er richtete sich mühsam auf. Sein ganzer Körper tat w eh, und der Schmerz in seinem Rücken war fast unerträglich.
    » Dieses Mädchen braucht trockene Kleidung, etwas zu essen und frisches Wasser«, sagte er zu der Frau.
    Sie ließ sich Zeit mit einer Antwort. » Ich bin sicher, dass du Recht hast«, sagte sie kühl. » Aber warum erzählst du mir das?«
    Seine Frustration war größer als seine Erschöpfung, und in seiner Brust entzündete sich ein selten gewordener Funke.
    » Die armen Teufel, die hier leben, sind der Abschaum der Cité«, sagte er. » Aber meiner Erfahrung nach, junge Frau, muss man keinem von ihnen lange erklären, warum ein halb ertrunkenes Kind etwas zu essen und zu trinken und ein wenig Trost braucht! Wenn du diesem Mädchen nicht die Hilfe geben kannst, die es benötigt, dann führe uns zu jemandem, der es kann.«
    Seine Worte klangen selbstgefällig, selbst in seinen Ohren, und das Mädchen begann zu weinen. Hilflos bemerkte Bartellus, dass er es verängstigt hatte.
    Die Frau sah ihn ungerührt an. » Das hier ist weder eine Marktbude noch ein Waisenhaus oder ein Krankenhaus, alter Mann.«
    Diesmal kontrollierte er seinen Zorn. » Gewiss nicht«, antwortete er beherrscht. » Aber du siehst gut genährt aus, und außerdem gibt es hier eine straffe Organisation. Also kann ich nicht glauben, dass du nicht in der Lage bist, diesem Kind einen Teller Nahrung zu verschaffen. Ist das zu viel verlangt?«
    » Warum glaubst du, dass es hier eine straffe Organisation gibt?«, wollte die Frau wissen.
    Er deutete mit einem Nicken auf die Fackeln. » Überall in den Hallen würde eine unbewachte Fackel in nur wenigen Augenblicken gestohlen werden. Das heißt, an diesem Ort gibt es eine Autorität, und zwar eine, die respektiert wird.«
    Sie nickte unter ihrer Kapuze. » Also gut. Komm, Kind«, sagte sie, drehte sich um und ging durch die Kammer der unheimlichen Vögel davon.
    Das kleine Mädchen warf Bartellus einen Blick zu. Er lächelte beruhigend, und das Kind folgte der Frau, wobei es sich immer wieder umsah, um zu überprüfen, ob der alte Mann noch da war.
    Als die beiden verschwunden waren, erhob sich Bartellus mühsam und staunte darüber, dass er sich keinen einzigen Knochen gebrochen hatte. Er trat an den Rand des Stroms, wo er sich erleichterte. Es war ein befreiendes Gefühl. Diese einfache Tatsache munterte ihn bemerkenswert auf, und er folgte der Frau und dem Kind.
    Als er den Kreis der Fackeln verlassen hatte, umhüllte ihn wieder die Dunkelheit. Er blinzelte sich den Schleim aus den Augen, bis er ein schwaches Leuchten sah. Durch einen Torbogen rechts von ihm drang Licht in den Gang. Er war mit einem Tor gesichert, das jetzt offen stand, und er schritt hindurch. Er folgte dem Lichtschein, bis er in eine runde Kammer kam, die nicht von dem grellen Licht der Fackeln sondern von sanftem Kerzenschein erleuchtet wurde. Es mussten Dutzende sein. Er kniff die Augen zusammen. Überall standen Pfeiler, deren Kapitelle in der Form von hockenden wartenden Vögeln gemeißelt waren. Dieser Raum war sehr alt, und die steinernen Blicke der Vogelstatuen bedrückten ihn.
    Von dem Mädchen war nichts zu sehen, aber die Frau saß am Rand eines breiten Holztisches. Sie hatte die Kapuze zurückgeschlagen, und ihr Haar leuchtete rot im Licht der Kerzen. Er sah, dass sie ein junges Gesicht hatte, aber Falten der Erfahrung bildeten sich bereits um ihre Augen, die so blau waren wie Veilchen. Ein blankes Schwert lag quer über ihren Beinen.
    » Wie heißt dieser Ort?«, erkundigte er sich.
    » Die Kloaker nennen ihn die Halle der Wächter. Sie haben Angst
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