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Der Mörder mit der Spritze

Der Mörder mit der Spritze

Titel: Der Mörder mit der Spritze
Autoren: Carter Brown
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laut, aber es war auch kein
Flüstern mehr.
    Synchrone Kommunikation,
überschallschnell, dachte ich. Sehr dufte.
    Ein paar Minuten später
erschienen zwei Köpfe im Eingang des Zeltes. Beide waren hübsch, aber der mit
dem Bart beeindruckte mich längst nicht so wie der andere. Sie hatte kurzes
schwarzes Haar und helle klare Augen mit smaragdgrünen Flecken. Wunderschöne
Augen, feucht und verträumt. Ihre kleine Stupsnase sah so lustig aus wie ihr
weiches, unbeirrtes Lächeln.
    Der Knabe mit dem Bart
schlüpfte aus dem Zelt und ging langsam um mich herum, beobachtete mich mit blaßblauen Augen. Vielleicht sechsmal umrundete er mich,
als könnte er mich wirklich nicht sehen oder als wüßte er, daß etwas da war,
das er unbedingt finden wollte.
    »Kümmere dich nicht um J. C .« , sagte der Indianer und lächelte über die ernste Gestalt,
die mich umkreiste. »Er nimmt nur die Vibrationen auf, um zu sehen, wie du hier
ins Karma paßt. Klar ?«
    Ich sah in die unglaublichen
Augen in diesem glatthäutigen, hübschen Gesicht mit dem wohlgeformten,
rotbraunen Bart und dem fließenden, schulterlangen hellbraunen Haar und sah — nichts.
Hinter diesen Augen war ein Verstand, der ganz woanders war. Irgendwo im
Universum. Du liebe Güte!
    Ich wandte mich von dem leeren
Starren ab und schaute wieder nach dem Mädchen. Auch sie war jetzt aus dem Zelt
gekommen — und was ich sah, versetzte mir einen Schlag. Sie hatte die Jeans halb
über den Hüften hängen, enge, verblichene Jeans mit Flicken. Der Reißverschluß war nur halb hochgezogen und ließ einen
Streifen weichen schwarzen Haars sehen. Ihr Bauch war flach und hart, hatte
einen kleinen Nabel, und die Brüste waren fest, reckten sich in einer
reizvollen Kurve hoch, so daß die blassen Spitzen nach oben zeigten. Ihre Füße
waren nackt — niemand trug hier Schuhe, wie ich feststellte. Sie war überall
tief gebräunt und lächelte mich mit einem herzförmigen Mund an.
    »Ich suche Sandra Stilwell«,
sagte ich. »Aber du bist mir auch recht, bis sie vorbeikommt .« Ich lächelte mit einem Ausdruck, den ich für eine verderbte Aufforderung hielt.
    Sie schaute mich zweifelnd an,
gab aber das Lächeln zurück. »Du bist ganz nett, aber deine Haare sind zu kurz .« Sie musterte mich von oben bis unten und fügte hinzu:
»Das wäre eins .«
    »Und was noch ?« fragte ich überrascht.
    Sie nickte. »Du hast zu teure
Kleider an — und bist viel zu geleckt. Ich wette, die grüne Plastikhose hast du
gestern aus der Reinigung geholt .«
    »Vorgestern«, wehrte ich
bescheiden ab.
    »Und heute früh hast du dich
als erstes rasiert, dir die Zähne geputzt, geduscht und dann ein Frühstück mit Corn Flakes , Beutelmilch und
Pulverkaffee zu dir genommen .«
    »Ich verstehe«, sagte ich auf
eine plötzliche Eingebung hin, »als Kind hat dich mal ein Baseballspieler
gebissen, und seitdem kannst du keine amerikanischen Jungs mehr ausstehen .«
    »Ich wette, du hast zum
Frühstück Corn Flakes gegessen«, stellte sie triumphierend fest.
    Da hatte sie mich natürlich
erwischt, aber ich wollte es nicht zugeben. »Immerhin habe ich überhaupt
gefrühstückt«, sagte ich.
    »Sehe ich vielleicht
unterernährt aus ?« fragte sie und zog eine dunkle
Augenbraue hoch.
    Dieses Argument war nicht zu
entkräften. »Okay«, seufzte ich, »dann bin ich halt nicht dein Typ. Außerdem
habe ich sowieso immer Rothaarige bevorzugt. Dabei fällt mir ein, wo ist
eigentlich Sandra ?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß du
nicht mein Typ bist«, murmelte sie kehlig . »Du hast
dich nur ganz falsch zurechtgemacht .«
    »Es kommt nicht auf die
Verpackung an, sondern auf den Inhalt .« Ich schenkte
ihr ein keusches Lächeln und wandte mich an den Indianer. »Wo ist Sandra ?« wiederholte ich.
    Die weiße Rothaut zuckte die
Achseln. »Irgendwo. Das hier ist >Rücksitz<. Ich wollte, daß du sie
kennenlernst. Jeder will dich kennenlernen, Mr. Rechtsanwalt .«
    »Ich heiße Randall Roberts — und
ich bin unwahrscheinlich geschmeichelt, daß ihr mich alle kennenlernen wollt,
ganz ehrlich. Aber jetzt würde ich gern...« Ich hielt inne und holte zweimal
tief Luft. »Hast du Rücksitz gesagt ?«
    Der herzförmige Mund lächelte.
»Stimmt. Das bin ich .«
    »Wir haben dem System den
Rücken gekehrt, Mr. Rechtsanwalt und den Namen des Systems auch«, sagte der
Indianer. »Wir sind nicht mehr Tom oder Dick oder Harriet — wir sind Mitglieder
der Familie, und wir sind unsere Namen .«
    »Und wie nennt ihr Sandra
Stilwell
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