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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin
Autoren: Thomas Görden
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fehlt, hast du, nur mit einem einfachen Dolch ausgerüstet, mutig die Feinde des Friedens und der Barmherzigkeit niedergestreckt. Ich habe in der Schlacht mehrfach zu deinem Vater hingeschaut. Wenn er dich kämpfen sah, Konrad, stand ihm ins Gesicht geschrieben, wie stolz er auf seinen Sohn war. Darum frage ich dich, Konrad von Berg, bist du bereit, das Schwert deines Vaters zu tragen und ihm in den Ritterstand nachzufolgen?«
    Konrad konnte die Ehre, die ihm da zuteil werden sollte, kaum fassen. Er wusste, dass er damit eine große Verpflichtung auf sich nahm. Sein Vater hatte gewiss manche menschliche Schwäche gehabt, aber er war ein tapferer und edler Ritter gewesen, der sein Schwert nur zur Verteidigung der Unschuldigen erhoben hatte. Er spürte eine tiefe innere Verbundenheit mit seinem Vater, und ihm war, als gingen in diesem Moment Anselms Tapferkeit und Mut auf ihn über, um in ihm weiterzuleben. Demütig neigte er den Kopf und sagte: »Ja, Herr, ich bin bereit.«
    Der Bischof bat ihn niederzuknien, legte ihm die Hand auf den Kopf und fragte: »Konrad von Berg, schwörst du, dein Leben für den christlichen Glauben einzusetzen, die Kirche von ihren Bedrängern zu erlösen, Witwen und Waisen zu beschützen, an keinem unrechten Streit teilzunehmen und keine unbilligen Dienste zu leisten? Schwörst du, für die Unschuldigen zu kämpfen, dem römischen König und Kaiser zu gehorchen, das Reich zu achten, kein unrechtes Gut zu erwerben und vor Gott und Menschen unsträflich zu leben?«
    Konrad gelobte, sein Leben lang alle ritterlichen Tugenden getreulich zu befolgen. Da gab ihm der Bischof den Friedenskuss, segnete ihn, gürtete ihn mit dem Schwert seines Vaters und überreichte ihm feierlich Anselms Schild. Als das geschehen war, riefen alle im Sterbezimmer anwesenden Ritter: »Hoch! Hoch! Hoch lebe der Ritter Konrad von Berg, Sohn des ehrwürdigen Marschalls Anselm!«
    Erzbischof Arnold aber sagte: »Mein Freund Konrad, wie es Brauch ist, will ich dir als dein Fürst und Landesherr anlässlich deiner Schwertleite einen Wunsch erfüllen. Sage mir also, was dein Herz am meisten begehrt.«
    Natürlich war Konrads Herz noch schwer von der Trauer über den Verlust seines Vaters Anselm und seines Freundes Gilbert. Und hätte der Bischof über die wundertätige Gabe des Heilands Jesus Christus verfügt, hätte Konrad sich von ihm gewünscht, er möge die Toten wieder zum Leben erwecken. Aber Konrads Herz war nicht nur von Traurigkeit erfüllt, es blühte darin auch eine junge, zarte Hoffnung.
    »Oh, mein Bischof und Fürst«, sagte Konrad, »in der Tat habe ich einen Wunsch, der in meiner Seele brennt und mein Herz erbeben lässt. Hört mich an …«

D AS W UNDER DER F REIHEIT
    N athan, Sohn des Yehiel, war hochzufrieden. Der abscheuliche Radulf und seine Bande von Totschlägern waren besiegt. Gewiss würde Erzbischof Arnold nun bald die Rechte und Privilegien der Juden erneuern, so dass einer Rückkehr nach Köln nichts mehr im Wege stehen würde. Sie würden kräftig in die Hände spucken und mit dem Wiederaufbau beginnen. Auf den Fleiß und Lebensmut von Nathans Gemeinde war Verlass. Schon bald würde das Viertel in neuem Glanz erstrahlen, noch schöner als jemals zuvor! Sie würden die Synagoge neu aufbauen und das Tanzhaus, das Hospiz und die Mikwe. Gewiss würde es diesmal länger dauern – Jahrzehnte, mit ein wenig Glück –, bis sich wieder eine neue Welle des Hasses entlud, obgleich man darauf leider immer gefasst sein musste. Natürlich war es recht bedauerlich, dass nicht nur christliche Ritter und Fußsoldaten, sondern auch einige junge Männer der Gemeinde im Kampf gegen Radulfs fanatische Horden gefallen waren. Josephs einstiger Diener Aaron war unter ihnen, und auch die beiden Söhne des Rabbiners. Seine eigenen Söhne Benjamin und David hatte Nathan wohlweislich aus dem Schlachtgetümmel herausgehalten, denn für so etwas waren sie viel zu schade!
    Er war schon dabei, Pläne für den Wiederaufbau zu schmieden: Endlich gehörte ihm auch Josephs Anwesen, das gleich nebenan lag und viel größer als sein eigenes war. Zwar standen jetzt von den Gebäuden wahrscheinlich nur noch die ausgebrannten Mauern, aber er würde einige tüchtige Jüdische Zimmerleute anheuern, die ihm sicher rasch neue Decken und Dachstühle fertigen konnten. Von Josephs Haus würde er nur den Hauptteil mit der repräsentativen Halle herrichten lassen. Dort würde er künftig wohnen und seine Geschäftspartner fürstlich
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