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Der Mitternachtsdieb: Roman

Der Mitternachtsdieb: Roman

Titel: Der Mitternachtsdieb: Roman
Autoren: Sidney Sheldon
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dämmern, daß das, was auf dem Papier immer so großartig klang, in Wirklichkeit bei weitem nicht so schön war wie versprochen.
    „Euer Vater würde sich nicht freuen, wenn er in einer von diesen Wohnungen leben müßte", sagte Keiko zu den Kindern. „Wir müssen einfach weitersuchen."
    Sie wandten sich nun der East Side zu, aber da war es dieselbe Geschichte. Keine von allen Wohnungen, die sie sich ansahen, war annehmbar, und die paar, die einigermaßen in Frage gekommen wären, waren viel zu teuer. Sie suchten den ganzen Tag weiter, und abends um fünf hatten sie immer noch nichts gefunden.
    „Euer Vater wird sehr enttäuscht sein", seufzte Keiko. „Ich weiß nicht, was wir noch unternehmen könnten."
    Nur eine Adresse hatten sie noch nicht angesehen, aber Keiko hielt es ohnehin für sinnlos. Weil nämlich in der Anzeige stand: „Schön möblierte Wohnung mit 3 Schlafzimmern, großer Küche, Eßzimmer, Frühstücksecke und Terrasse mit Aussicht. Miete 600 Dollar pro Monat."
    „Warum schauen wir sie nicht noch eben an?" fragte Mitsue. „Weil es nicht stimmen kann", sagte die Mutter. „Wenn schon die Wohnungen für tausend Dollar und mit nur zwei Schlafzimmern und ohne Eßzimmer und Terrasse so gräßlich waren, wie soll dann die sein? Wahrscheinlich eine Bruchbude."
    „Anschauen kostet nichts", sagte Kenji. „Es ist unsere letzte Chance."
    „Na, meinetwegen", sagte Keiko, „dann schauen wir sie halt noch an."
    Das Haus mit dieser Wohnung lag am Riverside Drive in einer sehr hübschen und ruhigen Gegend.
    „Die Häuser hier", sagte Keiko, „sehen alle furchtbar teuer aus."
    Als sie an der Adresse ankamen, die sie suchten, stellte sich heraus, daß es bei weitem das schönste Haus war, das sie bisher angesehen hatten.
    „Eine Wohnung hier, für sechshundert Dollar", sagte Keiko, „das kann ja wohl nicht wahr sein. Aber wenn wir schon mal hier sind, schauen wir sie uns wenigstens an." Sie gingen hinein.
    Die Eingangshalle war sehr schön, neu gestrichen und mit frischen Blumen auf einem Tisch. Ein freundlicher Mann kam ihnen aus einer Tür entgegen, auf der „Hausverwalter" stand, und erkundigte sich: „Kann ich Ihnen helfen? Ich bin der Hausverwalter."
    Keiko zeigte ihm die Zeitungsanzeige. „Hier steht, Sie haben
eine Wohnung zu vermieten."
Der Hausverwalter nickte. „Richtig."
„Können wir sie besichtigen?"
„Gewiß doch. Wenn Sie mir folgen wollen."
    Er führte sie zum Aufzug, und sie fuhren alle zusammen ganz nach oben ins oberste Stockwerk des Gebäudes.
    „Hier wären wir", sagte der Mann. „Übrigens, mein Name ist John Feeney."
    „Wir sind die Familie Yamada", sagte Keiko. „Ich bin Frau Yamada, und dies sind meine beiden Kinder, mein Sohn Kenji und meine Tochter Mitsue."
    „Freut mich sehr", sagte Mr. Feeney und führte sie den Flur entlang bis zu einer Wohnungstür ganz hinten. Er holte einen Schlüssel aus der Tasche und sperrte auf. „Hier bitte." Sie traten ein und blieben vor Verwunderung stehen. „Das ist eine absolut wunderschöne Wohnung!"
    „Bitte sehr", sagte Mr. Feeney, „sehen Sie sich ruhig überall um."
    Das taten sie und wurden immer ungläubiger und verwunderter. Da waren drei Schlafzimmer, groß und luftig, eine geräumige Küche, ein sehr hübsches Eßzimmer, eine Frühstücksnische und, genau wie versprochen, eine Terrasse mit Ausblick auf einen Park unten. Es übertraf ihre kühnsten Erwartungen. Aber Keiko war klar, daß irgendein Haken dabei sein mußte. Vermutlich würde die Wohnung eben doch sehr viel mehr kosten, als sie sich leisten konnten.
    Sie wandte sich also an Mr. Feeney und fragte: „Und was kostet die Miete?"
    „Wie es in der Anzeige steht. Sechshundert Dollar im Monat." Keiko konnte es nicht glauben. „Das verstehe ich nicht. Wir haben uns eine Anzahl anderer Wohnungen angeschaut, die nicht einmal halb so schön waren und dabei weitaus teurer. Warum ist diese hier so billig?"
    Mr. Feeney zögerte ein wenig, als suche er nach den richtigen Worten. „Der Besitzer der Wohnung ist ein Jahr lang abwesend und hat diesen Preis festgesetzt."
    Keiko spürte, daß das offensichtlich nicht die ganze Wahrheit war. Irgend etwas hielt der Hausverwalter zurück.
    „Möchten Sie die Wohnung mieten, Mrs. Yamada?"
    Keiko war klar, daß jedes Zögern Narretei wäre. Dies mußte die beste Gelegenheit in ganz New York sein. „Ja", sagte sie, „wir nehmen sie."
    Die Kinder jauchzten vor Freude. Nach all den fürchterlichen, miesen Bruchbuden, die sie heute
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