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Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Titel: Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
Autoren: Julian Altmann
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musste.
    »Ich weiß, was ich will, und ihr wisst genau, dass ich das auch durchziehen werde.«
    Sie küsste und umarmte beide. »Pass auf dich auf Kind.«
    »Ja, sicher.«
    Und schon war sie im Treppenhaus. Sie blieb kurz stehen und atmete aus. Warum konnten sie das Thema nicht lassen? Sie liebte ihre Eltern und war ihnen unendlich dankbar dafür, dass sie alles daran gesetzt hatten, ihr ein besseres Leben zu ermöglichen. Aber dürfte sie es jetzt nicht selbst in die Hand nehmen? Sie würde nach Afrika gehen, komme, was wolle.
    Wenig später stieg Willma aus dem Auto und nahm den Lift in den 4. Stock, ging zu ihrem Spind und zog sich um. Sie begrüßte die junge Ärztin am Schalter und ging in die Küche, um sich noch schnell Kaffee zu holen. Sie war gerade vertieft in ein Gespräch mit ihren Kollegen, als Martin Sobik in der Tür erschien.
    »Wenn Sie dann vielleicht alle mal Zeit für die Visite hätten?!«, er sah auffordernd in die Runde, und gleich darauf trotteten sie hinter ihm in den Gang hinaus.
    Die Visite war anstrengend gewesen. Dr. Sobik hatte sie die ganze Zeit wie Luft behandelt. Er fragte alle anderen Ärzte nach deren Meinung zu Diagnosen und Behandlungen. Willma ließ er links liegen. Sie war verärgert und irritiert zugleich. Willma nahm sich vor, ihn später, unter vier Augen, zur Rede zu stellen. Sie fand sein Verhalten kindisch. Doch gleich nach der Visite begann der übliche Stress in der Klinik, sodass sie es weder in die Mittagspause schaffte noch für ein Gespräch mit Martin Zeit hatte.
    Am Nachmittag wurde es wieder ruhiger. Zum Glück. Sie setzte sich an den Computer, um endlich ihre Patientenberichte zu schreiben. Sie fischte sich die erste Akte aus dem Stapel und begann zu tippen.
    Sie streckte sich, legte den ausgedruckten Patientenbericht in die Akte und verstaute den ganzen Stapel im Schrank. Jetzt brauchte sie unbedingt etwas zu essen. Sie sagte ihrer Kollegin Bescheid und machte sich auf den Weg in die Kantine. Die Reinigungstruppe war gerade bei der Arbeit. Ihre Schuhe quietschten auf dem noch feuchten Boden. Sie bekam eine Gänsehaut.
    In Gedanken versunken lief sie den Flur entlang. Vor ihr öffnet sich die Tür zur Kantine, und Martin Sobik stand vor ihr. Sie brauchte einen Moment, um ihn wahrzunehmen. Er zögerte, als er sie sah, es war ihm sichtlich unangenehm, und er wollte sich gerade umdrehen, als sie ihn zurückhielt.
    »Moment, kann ich dich kurz sprechen?«, Willma sprach die Worte sehr bestimmt. Sein kindisches Verhalten ging ihr tierisch auf die Nerven.
    Er zog eine Augenbraue hoch: »Weswegen?«
    »Ich denke, das weißt du ganz genau. Vielleicht sollten wir nach draußen gehen.«
    Er blickte sich um und seufzte: »Wenn es sein muss.«
    Dann drehte er sich um und ging schnellen Schrittes Richtung Terrasse. Sie lief hinterher, bemüht, bei seinem Tempo mitzuhalten.
    Sie schloss die Türe hinter sich. Schweigen. Sie sah ihn erwartungsvoll an, aber er stand ihr mit verschränkten Armen gegenüber und starrte in die Ferne. Das Reden würde sie übernehmen müssen. Sie seufzte und begann: »Es war unser beider Entscheidung, die Geschichte letzte Nacht, und wenn du damit jetzt ein Problem hast, dann ist das deine Sache. Ich bitte dich nur, dass dein Problem sich nicht auf unsere Arbeit auswirkt.«
    Martin kam langsam auf sie zu, blieb dicht, sehr dicht vor ihr stehen, blickte ihr direkt in die Augen und lächelte süffisant: »Wer hat denn ein Problem damit? Ich sicher nicht.«
    Sie wich ihm etwas irritiert aus und bemühte sich, besonders entschieden zu klingen: »Ach ja, und wie erklärst du dann dein Verhalten bei der Visite? Das war eine einmalige Geschichte zwischen uns beiden. Ohne Bedeutung. Also könnten wir bitte die letzte Nachte einfach hinter uns lassen und dahin zurückkehren, wo wir vorher waren?!«
    Erleichterung machte sich auf seinem Gesicht breit. Zu schnell sagte er: »Ist in Ordnung. Gut, dass du das genauso siehst. Ich dachte schon … Nun denn, dann sind wir jetzt also wieder gute Kollegen?!«
    Willma blickte ihm in die Augen, und es kam eine leises »Okay« über ihre Lippen. Aber eigentlich hätte sie ihm gerne was anderes ins Gesicht geschleudert: du blödes Arschloch.
    Den Rest des Tages verbrachte sie in einem Zwiespalt. Sie wusste nicht wirklich, wie sie sich fühlen sollte. War sie jetzt froh, dass diese Geschichte abgeschlossen war, oder war sie traurig, weil sie sich insgeheim doch mehr erwartet hatte? Und dann waren da noch die Gedanken an
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