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Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Titel: Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
Autoren: Julian Altmann
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hatte nicht vernünftig gehandelt, hatte seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Was war bloß los mit ihm? Was hatte ihn so durcheinandergebracht? Vielleicht war es ganz gut, wenn er ein paar Tage einfach nur für sich war. Aber er musste Rachen und Mary zumindest Bescheid geben.
    Mit den ersten Sonnenstrahlen beginnt die schönste Zeit auf den thailändischen Inseln. Das Licht, der Geruch, das Rauschen des ruhigen Meeres … Marc hatte eine Suite in einem luxuriösen Hotel auf Koh Tao gemietet. Hatte ein paar Klamotten gekauft und geschworen, sich Zeit für sich zu nehmen. Er schnürte sich seine Laufschuhe, zog ein T-Shirt über und begann mit seinem morgendlichen Training. Er brauchte die Sicherheit eines geregelten Tagesablaufs.
    Mit Willma hatte er noch am Vorabend telefoniert. Er war glücklich, die vertraute Stimme seiner Freundin zu hören. Er liebte diese Frau. Sie war seit Langem seine Vertraute. Aber seit sie nach ihrem Medizinstudium fest im Krankenhaus zu arbeiten begonnen hatte, hatte sie wenig Zeit, und das war er von ihr nicht gewohnt.
    Beim Frühstück erkannten ihn ein paar deutsche Touristen. Sie baten ihn um ein Autogramm. Geduldig und sogar ein wenig stolz schrieb er ihnen ihre Widmungen, nahm sich aber vor, morgen auf seiner eigenen Terrasse zu frühstücken.
    Seit drei Tagen versuchte Marc nun, ein wenig runterzukommen. Die Saison hatte ihm körperlich doch mehr abverlangt, als er gedacht hatte. Er stand früh auf. Absolvierte sein Training, ließ sich massieren, lag in der Sonne und aß sehr scharfes Essen. Jeden Tag telefonierte er mit Willma. Nur ein paar Worte. Aber die gaben ihm das Gefühl, wenigstens von einem Menschen verstanden zu werden. Rachen hatte er eine SMS geschrieben: Es tut mir so leid. Ich komme in ein paar Tagen wieder zurück. Dein Marc.
    … Rachen … Marc verstand noch immer nicht, warum ihn das Gespräch mit ihm so aufgeregt hatte. Seit jenem Morgen kam ihm sein Leben noch eindimensionaler vor.
    In Deutschland hatte er sich nicht die Zeit gestattet, viel über seine persönlichen Gefühle nachzudenken. Im Grunde wusste er aber, dass außer seiner Fußballkarriere nichts in seinem Leben eine große Rolle spielte. Für Mädchen hatte er sich nie so wirklich interessiert. Mit Willma hatte er es einmal versucht. Aber er war glücklich gewesen, als sie ihm vorschlug, einfach Freunde zu bleiben. Willma war alles, was er in den zehn Jahren Europa an Freundschaften aufgebaut hatte. Er lernte sie im letzten Jahr am Gymnasium kennen. Sie war nicht so hysterisch wie seine anderen Mitschülerinnen. Willma war eine selbstbewusste schwarze Frau, die dafür kämpfte, ihrem Leben einen Sinn zu geben. Aber das, was ihn an ihr am meisten faszinierte, war, dass ihre Art und ihre Hautfarbe ihn an seine alte Heimat erinnerten. Es entwickelte sich eine intensive Freundschaft zwischen den beiden. Sie sprachen nie viel darüber. Sie waren wie zwei Geschwister, die sich in einer fremden Umgebung verbündeten.
    Als Marcs Karriere als Fußballer immer steiler bergauf ging, stand Willma hinter ihm. Sein Vater pushte ihn, aber Willma war immer für ihn da, auch wenn es mal nicht so rundlief. Für all die Verletzungen und Ängste, die er auf dem Weg nach oben erlitt. Als er immer häufiger in der Öffentlichkeit stand, war auch sie es, die ihn zu manchen wichtigen Events begleitete, nicht nur, damit die dummen Fragen aufhörten, warum er immer noch keine Freundin hatte. Sein größtes Problem war sein Aussehen. Mit seinen rotblonden Haaren, seinen eins neunzig und seinem durchtrainierten Körper war er der Frauenschwarm, und natürlich interessierte sich die Klatschpresse sehr für ihn.
    Marc lag gerade am Pool, als sein Handy läutete. Das konnte nur Willma oder sein Vater sein. Zum Glück war der es nicht.
    »Willma!«
    Ohne ein Hallo quasselte sie gleich drauflos.
    »Weißt du, wen ich heute nach der Visite im Krankenhauscafé getroffen habe? Christian! Ich sage dir, der hat mich wieder so aus der Fassung gebracht. Er hat mich zu einem Kaffee eingeladen, und ich habe nur Blödsinn geredet. Der hat so eine Ausstrahlung. Mann ist der geil. Er hat sich erkundigt, wie’s dir geht, und wollte deine Nummer. Ich weiß, dass du damit sehr vorsichtig bist, aber ich habe sie ihm gegeben. Ich habe überhaupt nicht überlegt, ob dir das recht ist. Aber ich denke, dem Typen würde ich alles geben, er müsste nur fragen.«
    Marc musste lachen. »Hey, Willma, das sind ja ganz neue Seiten an dir. Habt ihr euch
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