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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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der Gegend und dachte, ich schau mal vorbei und erkundige mich, ob du Fortschritte gemacht hast.« Er schüttelte mir die Hand und nickte Franka zu.
    »Meine Mitarbeiterin Franka Holtgreve ist eingeweiht«, erklärte ich. »Wir können offen reden.«
    »So? Ja. Warum nicht?«
    »Ja, warum nicht?«, fragte Franka spitz.
    Ich warf ihr einen drohenden Blick zu und sagte: »Allzu viel ist bis jetzt nicht herausgekommen, abgesehen davon, dass Sebastian Prückner, der Zeuge, der die Benningdorf gefunden hat, wegen Körperverletzung vorbestraft ist.«
    »Na, das ist doch schon was«, meinte Geskamp anerkennend.
    »Aber es ist sehr lange her, Prückner ist nach Jugendstrafrecht verurteilt worden.«
    »Viele Details formen ein Bild, Georg. Welchen Eindruck hast du von Christian?«
    »Einen guten, ich meine, er wirkt auf mich nicht wie ein Vergewaltiger.«
    »Und Gudrun Benningdorf macht ebenfalls einen glaubwürdigen Eindruck«, sagte Franka.
    Geskamp schaute sie konsterniert an. »Ja, äh, ich habe volles Vertrauen zu euch. Ihr werdet schon was finden.«
    »Ich weiß nicht«, dämpfte ich seine Hoffnung, »wir müssen in der Vergangenheit von Gudrun Benningdorf und Sebastian Prückner graben. Und das kostet Zeit.«
    »Zeit ist das Einzige, was wir nicht haben, Georg. Wenn die Wahlen so laufen, wie alle annehmen, steht bald die Regierungsbildung an. Und dann muss Wolfgang ein blütenweißes Hemd haben.«
    »Wir tun, was wir können«, versprach ich.
    »Ja, dann gehe ich mal wieder.« Geskamp wandte sich zur Tür. »Ach so, da ist noch was. Wolfgang gibt morgen Abend eine Party. Einige wichtige Leute, Politiker, Geschäftsleute, Künstler, werden anwesend sein. Er besteht darauf, dass du auch kommst, weil er dich kennenlernen will. Selbstverständlich«, er schaute kurz zu Franka, »kannst du eine Begleitung mitbringen, eine, die in den Rahmen passt, du verstehst schon.«
     
    Franka saß wie versteinert.
    »Sag’s schon!«, drängte ich. »Dann haben wir es hinter uns.«
    »Eine Begleitung, die in den Rahmen passt«, keifte meine Assistentin. »Was bildet dieser Trottel sich eigentlich ein? Glaubt er, dass ich meine Ratte mitbringe oder ältere Damen mit obszönen Gesten schockiere?«
    Ich setzte mich auf den Schreibtisch und legte meine Hand auf ihre Schulter. »Ich weiß, dass es dich heute hart getroffen hat.«
    Sie schüttelte meine Hand ab. »Außerdem habe ich sowieso keine Lust, zu so einem blasierten Lackaffen-Champagner-Schlürfen zu gehen.«
    »Du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen. Im Grunde ist Till Geskamp kein schlechter Kerl. Früher war er mal richtig fortschrittlich.«
    »Wann war das? Vor dem Dreißigjährigen Krieg?«

V
     
     
    »Wusstest du, dass das Gymnasium Paulinum älter ist als die Stadt Münster? Mehr als zwölfhundert Jahre. Kaum hatte Bischof Liudger seinen Dom gebaut, gab es auch schon eine Domschule. Damals wie heute ging die münstersche Elite auf dieses Gymnasium. Dagegen ist das Stadtrecht erst im zwölften Jahrhundert bezeugt.«
    »Hast du heute deinen Quasseltag, oder was?«, sagte Franka genervt.
    Wir saßen in Frankas Wagen, der auf dem kleinen Parkplatz an der Weseler Straße stand, direkt gegenüber vom Paulinum. Laut Stundenplan würde für Tassilo Schmidt bald das Ende der letzten Unterrichtsstunde läuten, und ich hatte Franka angeboten, mit ihr gemeinsam den Nachhauseweg des Knaben zu beschatten. Eigentlich war es nicht notwendig, dass wir diese Aufgabe zu zweit erledigten, doch ich hatte den Eindruck, dass sie noch an den Ereignissen des gestrigen Tages knabberte. Durch meine Anwesenheit wollte ich sie ein wenig aufmuntern. Bis jetzt mit bescheidenem Erfolg.
    Franka stöhnte. »Georg, so geht das nicht weiter. Ich schaffe das einfach nicht mehr. Wie soll ich denn halbwegs vernünftig studieren, wenn ich dauernd für dich arbeite? Da ich nur zu jeder zweiten Seminarsitzung erscheine, krieg ich nie einen Schein.«
    »Du hast einen Durchhänger«, sagte ich. »Du bist frustriert und verletzt. Ich verstehe das. An deiner Stelle wäre ich es auch.«
    »Nein, das ist es nicht, nicht nur, jedenfalls. Ich fühle mich so – verantwortlich. Sobald ich tatsächlich mehr für die Uni mache, kriege ich ein schlechtes Gewissen. Ich denke, dass du es allein nicht schaffst, dass uns Jobs durch die Lappen gehen, dass – wie im Fall Tassilo – ausgerechnet in diesem Moment seine Verfolger zuschlagen.«
    »Noch eine Woche«, bat ich. »Dann werde ich selber wieder mehr
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