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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord
Autoren: Anthony Evelyn
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Antwort an King gar nicht erst bis zum nächsten Morgen. Sie rief ihn noch am Abend an und teilte ihm mit, sie hätte sich dazu entschlossen, ihn zu begleiten.
    Elizabeth sah auf die Uhr und verlangte die Rechnung. King hatte nur eine einzige Nacht im Excelsior verbracht. Er erklärte, er müsse sich in Mailand mit einigen Industriellen treffen, die sich vielleicht an der Finanzierung einer italienischen Ausgabe seiner politischen Zeitschrift beteiligen könnten. Dazu brauche er einen Tag und die nächste Nacht. Sie vereinbarten, sich auf dem Flughafen von Rom zu treffen und dann gemeinsam nach Beirut weiterzufliegen.
    In dem Restaurant war Elizabeth ein Paar an dem nahe gelegenen Tisch aufgefallen: er, ein Mann in mittleren Jahren, sie, ein noch junges Mädchen. Sie hielten Händchen und flüsterten miteinander und bemerkten kaum etwas von ihrer Umgebung. Dabei wirkten sie niedergeschlagen, unglücklich. Was war nur los? überlegte Elizabeth. Eine Liebesaffäre mit einem verheirateten Mann? Bei ihr war das ganz anders gewesen. Bei Peter Matthews hatte es keine Zärtlichkeiten gegeben, keine Andeutung, daß Liebe im Spiel sein könnte. Sex war für ihn nur ein Spaß, und als alles vorüber war, hatte sie sich voller Selbstverachtung gegen alle anderen Männer gesperrt. Das Paar ging ebenfalls. Das junge Mädchen hielt sich an der Hand des Mannes fest und drückte sie an ihre Wange. Er legte ihr den Arm um die Schultern. Elizabeth beneidete die Italiener um ihre Fähigkeit, Gefühle zeigen zu können, um die Natürlichkeit, mit der sie ihre Kinder küßten, ihre Zuneigung zueinander offenbarten. Ein Gedanke schoß ihr durch den Kopf: Das einzige, was Angelsachsen offen zeigen können, ist Begierde. Sex auf der Bühne ist nur die ironische Folge von Impotenz im Schlafzimmer. Die beiden verließen eng umschlungen das Restaurant, und das Mädchen wischte sich dabei ein paar Tränen weg. Sie brauchten kein Theater, um sich anregen zu lassen. Wenn diese Affäre zu Ende ging, wenn er wirklich verheiratet war, dann würde wenigstens keine trostlose Leere zurückbleiben, nicht dieses Gefühl der Sinnlosigkeit, das sie empfunden hatte. Wenn sich diese beiden trennten, dann bestimmt nicht mit einem albernen Scherzwort und einem flüchtigen Winken. Persönlich hatte Elizabeth nichts gegen Peter Matthews, ihren einzigen Liebhaber. Er hätte ihr nur nicht zeigen dürfen, wie erniedrigend ein Leben ohne Liebe war.
    Sie hielt auf der Straße ein Taxi an, holte ihr Gepäck aus dem Excelsior und fuhr weiter zum Flugplatz. Es hatte sie um keinen Schritt weitergebracht, in dem kleinen Restaurant zu sitzen und die Gedanken in die Vergangenheit wandern zu lassen – aber sie brauchte wenigstens nicht an die Zukunft zu denken. Nicht an die Reise nach Beirut mit Eddi King. Während des ganzen Abends vor seinem Abflug nach Mailand hatte er kein Wort mehr darüber verloren. Was sie zu tun hatte, sollte sie nach der Ankunft erfahren. Das hatte er ihr lächelnd versprochen und dabei ihre Hand gedrückt. Dieser Händedruck war ein wenig zu innig, eine Sekunde zu lang ausgefallen. Sie war plötzlich sehr wachsam, gewarnt durch einen Instinkt, der tiefer saß als nur ihre Abneigung gegen Tätscheleien. Deshalb redete sie sich ein, daß ihre Besorgnis wegen der Reise nach Beirut in diesem Augenblick begonnen hatte. In New York war ihr noch alles ganz logisch, wenn auch ein wenig geheimnisvoll erschienen, aber immerhin als Möglichkeit, jemandem einen Gefallen zu tun und gleichzeitig der Langeweile zu entfliehen. Aber als sie nun die Autostraße zum Flugplatz entlangrollte, Huntleys altem Freund Eddi King entgegen, mußte sich Elizabeth Cameron eingestehen, daß ihr die Logik, das Geheimnisvolle und die Chance, ihrem Onkel zu helfen, hier, fern der Heimat, nicht mehr so überzeugend erschienen. Wenn alles so legal und gefahrlos war – warum konnte King ihr dann nicht sagen, was sie zu tun hatte? Warum hatte sie nicht auf einer Erklärung bestanden, statt dessen sich überspielen lassen, als hätte sie gar kein Recht auf eine solche Erklärung?
    Aber da hielt das Taxi schon vor der Flughafenhalle. Ihre Koffer wurden ausgeladen, sie ging hinein, um ihr Gepäck aufzugeben. Eddi King erwartete sie. Nun gab es kein Zurück mehr.
    Im Februar ist es kalt in Beirut. Die Reichen waren bereits der Sonne und dem Vergnügen nachgereist, als die ersten kalten Winde vom Mittelmeer herüberwehten und sich das Grau des Himmels in der berühmten blauen See zu
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