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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord
Autoren: Anthony Evelyn
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genug«, antwortete sie. »Ich werde schon nicht versehentlich einen Libanesen mitnehmen.«
    »Und so schrecklich war es doch gar nicht, wie?« Er reichte ihr Feuer und lachte in seiner unbeschwerten Art. »Damals bei dem Lunch sagte ich Ihnen, daß es weder illegal noch gefährlich sei. Sind Sie nun zufrieden?«
    »Tut mir leid, wenn ich Ihnen Schwierigkeiten machte«, sagte Elizabeth. »Es ist wohl nicht gut, wenn ich meine Phantasie spielen lasse. Ich hatte mir schon allerlei dumme Dinge vorgestellt.«
    Dabei hatte sie ihm gar keine Schwierigkeiten gemacht, nicht einmal eine kleine Szene. Sie war viel zu beherrscht und diszipliniert, um das zu tun, was ihr am nächsten lag, nämlich wegzugehen und mit der nächsten Maschine nach Hause zu fliegen. Elizabeth blieb zurückhaltend und kühl, sie wahrte ihre Würde. Sie hatte keine Auskunft verlangt, sondern lediglich eine Frage gestellt, aber in einem Ton, der Eddi King deutlich zeigte, daß er nun mit einer Antwort herausrücken mußte. Da hatte er Champagner bestellt, sie gebeten, wieder Platz zu nehmen, und ihr erklärt, sie brauche nichts weiter zu tun, als zusammen mit einem Mann, der auf Wunsch ihres Onkels unbekannt bleiben sollte, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren.
    So einfach war das also. Sie brauchte sich lediglich mit dem Mann zu treffen, mit ihm zum Flughafen zu fahren, die Maschine zu besteigen, ihn reibungslos durch den Zoll zu bringen und ihn dann am Kennedy-Flughafen jemandem zu übergeben.
    »Aber wozu die ganze Geheimnistuerei?« hatte Elizabeth gefragt. »Konnten Sie mir das nicht gleich sagen?«
    »Weil Sie vielleicht irgendwo ein unbedachtes Wort gesagt hätten«, antwortete King. »Ungewollt natürlich. Ihr Bild steht in den Zeitungen, Elizabeth, und die Leute spitzen die Ohren, wenn Sie auf einer Party eine Bemerkung fallenlassen. Es brauchte nur irgendein Kolumnist daherzukommen, eine solche Bemerkung aufzubauschen – und der ganze Plan wäre geplatzt.«
    Er brachte es fertig, aus einer vagen Möglichkeit eine bedrohliche Tatsache zu machen: eine Bemerkung auf einer Party, ein Kolumnist mit scharfen Ohren – das klang gar nicht so lächerlich, als er es ihr erklärte. Aber inzwischen hatte sie Zeit gefunden, darüber nachzudenken, und sie hatte den Mann gesehen, der sich vor dem Hoteleingang die Zigarette angezündet hatte. Deshalb erhob Elizabeth erneut Protest.
    »Ich bin dennoch der Meinung, daß Sie mir hätten vertrauen müssen«, sagte sie. »Ein Geheimnis hätte ich an niemanden weitergegeben.«
    »Natürlich nicht«, pflichtete er ihr bei, »aber in Huntleys Interesse wollte ich ganz sicher sein.«
    »Das ist wahrscheinlich auch der Grund, aus dem Sie mir nicht sagen wollten, warum er nicht allein in die Staaten reisen kann.«
    Aber in diesem Punkt blieb er hart. Er forderte erneut ihr Vertrauen, appellierte an ihren Familiensinn und setzte sie praktisch ins Unrecht, nur weil sie nicht lockerließ.
    »Er hat einen amerikanischen Paß«, sagte King, »aber er ist kein Amerikaner. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Niemand darf etwas von diesem Besucher erfahren. Er muß absolut geheimgehalten werden. In Anbetracht von Huntleys Stellung durfte man sich einfach nicht darauf verlassen, daß ein anderer vielleicht redete oder sich bestechen ließ oder seinen Vorteil auf andere Art nutzte. Sie waren die einzige vertrauenswürdige Person, meine Liebe. Sie machen sich doch wirklich keine Sorgen darüber? Dazu besteht zwar kein Anlaß, aber immerhin …« Mit einem Achselzucken gab er zu erkennen, daß er selbst dann Verständnis aufbringen würde, wenn sie sich noch im letzten Augenblick ihrer Mission für unwürdig erweisen sollte.
    »Natürlich mache ich mir keine Sorgen«, sagte Elizabeth. »Ich wüßte nicht, was mir in einem Flugzeug zustoßen sollte, nicht wahr? Aber ich muß schon sagen, daß ich ihm nicht allein im Dunkeln begegnen möchte.« Sie sah hinüber zur Hoteltür. Der Mann war für ein paar Sekunden stehengeblieben und hatte sich im Schutz der vorgewölbten Hände eine Zigarette angezündet. Die Streichholzflamme hatte dabei das ihnen zugewandte Gesicht beleuchtet.
    King sagte nichts. Ihr instinktives Gefühl stimmte. Der Mann, den sie vorhin durch die Tür beobachtet hatte, war wirklich kein vertrauenerweckender Mensch. Er bewegte sich wie ein wildes Tier. Selbst eine einfache Handbewegung wie das Wegwerfen eines Streichholzes drückte noch Gewalttätigkeit aus. So ähnlich wirft man eine Handgranate weg. Wenn
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