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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Thomas Raab
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hundemüde zu sein. Ein an der Zehnerstelle mit der Ziffer 5 gekennzeichnetes Menschenkind braucht eben definitiv mehr Schlaf als jene lächerlichen paar Stunden die Nächte zuvor. Und besonders eine dieser Nächte wird er sein Lebtag nicht mehr vergessen:

    Es war ein Freitagabend, im Grunde zu früh, um einzunicken, trotzdem befand sich der Metzger bereits im Land der Träume. Das passiert ihm in letzter Zeit immer öfter. Überfallartig überkommen sie ihn, diese Schlummerattacken, zwischen 20 und 21 Uhr, und nichts kann er in Anbetracht seiner eingeschränkten Wahlfreiheit dagegen tun. Sicher, vorher aufstehen und ins Bett gehen wäre eine Lösung, nur, er sitzt eben einmal so liebend gern gemütlich mit seiner Danjela beisammen, versunken im Chesterfieldsofa des Wohnzimmers, die Beine auf dem Tisch, ein Glas Rotwein in der einen, ein Buch in der anderen Hand. Die Fernbedienung, samt ihrer wunderbar ergonomischen Beschaffenheit, ihrer griffigen Tastatur aus Weichgummi, ihrer fantastischen Verbindung zu dem, was der drei Meter entfernte Bildschirm zu melden hat, bekommt er in diesem Haushalt nämlich nicht zu spüren, außer natürlich er wischt den Tisch ab.
    Die Programmhoheit dieses Reiches also ist eine Herrscherin aus dem Geschlechte Djurkovic und gewährleistet sich samt ihren Untertanen bevorzugt einen tiefen Einblick in die Welt der Liebenden. Und geglotzt wird alles. Herz-Schmerz-Pantoffelkino also mit derart überraschenden Wendungen, als hätte die Großmutter das Häkeldeckchen Nummer 349 vollendet. So etwas ansehen zu müssen in Kombination mit gedämmtem Licht, einem guten Rotwein, dem Wunsch nach trauter Zweisamkeit und dem Versuch zu lesen, da wird selbst das beste Potenz- zum Schlafmittel. Spätestens ab Minute 30 verliert der gute Willibald regelmäßig den Kampf gegen die Müdigkeit.
    Und genau damit hat Danjela Djurkovic an diesem Abend fix gerechnet. Der Metzger wurde also vorsätzlich eingeschläfert, allerdings nur zu einem Zweck: um einige Zeit später wieder geweckt zu werden.
    Stockdunkel war es draußen, da nahm die selige Ruh schwungvoll ein Ende: »Bist du endlich munter, hab ich meine Willibald schon gerüttelt wie verklebte Salzstreuer. So, Schlafmütze, liegen Schuhe und frische Wäsche neben Sofa. Ziehst du bitte an«, erhellte Danjelas strahlender Akzent im Anschluss an die Glühbirnen die Nacht.
    »Wieso? Und wieso stehen da Sportschuhe? Die gehören mir nicht.«
    »Nix wieso. Und setzt du auf Haube!«
    »Haube? Aber es ist Sommer.«
    »Nix aber. Und Haube sogar bis über Nasenspitze!«
    Und genau da kommt sie ins Spiel, die Entführung. Muss sich ja schließlich nicht erst ein anaboler Maskierter Zutritt ins traute Heim verschaffen und seinem Gegenüber mit dem Lauf einer Pistole den Nasenrücken massieren, zur Durchführung einer Verschleppung reicht durchaus schon die Anwesenheit der eigenen Liebsten. Die Maske trägt dann in diesem Fall das Opfer selbst.
    »Was heißt über die Nasenspitze? Gehen wir einbrechen? Gefall ich dir nicht mehr?«
    »Gefällst du mir am besten, wenn stellst du keine Fragen. Ist Überraschung!«
    Eine Überraschung also, laut Wecker um 21 Uhr 30. Hurra. Auf Überraschungen ist der Metzger in etwa genauso scharf wie auf einen Mitgliedsausweis im Verein der Böllerschützen. Den Knalleffekt dieser Überraschung betreffend, fällt ein Böller allerdings maximal in die Kategorie Spritzpistole. Was keinesfalls bedeuten soll, Spritzpistolen wären ungefährlich.
    Und weil Widerspruch in Gegenwart einer euphorisierten Dame zwecklos ist, taumelte der Metzger inmitten der lauen Frühsommernacht, linker Hand gestützt von seiner Danjela, blindlings das Stiegenhaus abwärts. Beim Ausgang mischte sich rechter Hand dann noch ein weiterer Gehbehelf hinzu, gemäß der Knoblauchnote ein ihm wohlbekannter: »Petar, bist du das?«, wollte Willibald Adrian Metzger noch wissen, das unverkennbare Brummen des wenig später startenden Pritschenwagens, zugelassen auf Hausmeister Wollnar, war ihm dann Antwort genug.
    Nur zwei Worte brachte sein Freund während der Fahrt über die Lippen: »Verzeih mir!«
    »Na gratuliere, das muss ja eine freudige Überraschung sein!«, konnte sich der Restaurator nicht verkneifen. Knapp 30 Fahrminuten später musste er sich links und rechts am Oberarm geführt auf verschiedensten Bodenbeschaffenheiten zurechtfinden, Pflastersteinen, Asphalt, Gehsteigkanten, Fliesen, Metall, musste Lärm und Gelächter, das wohl mit seinem
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