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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman.
Autoren: Stanislaw Lem
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würde.«
    »Geht es um etwas Gesetzwidriges?«
    »Welches Gesetz meinen Sie?«
    Ich war verblüfft. »Nun ja ... unser amerikanisches Gesetz.«
    »Zweifellos ... manchmal«, antwortete er. Wie auf Befehl lächelten jetzt alle. Gasmasken, hätte man meinen können, die sich für einen Augenblick belebten. Ich machte eine langsame Fußbewegung, um durch die Drehung den Aschenbecher in mein Blickfeld zu bekommen. Schaffte ich es, ihn mit gefesselten Händen gegen die Lampe zu schleudern? Ich war kein schlechter Sportler. Im selben Augenblick beugte sich der Mann mit dem Lorgnon bis zu einem auf dem Tisch stehenden Oleander in einem schönen Jaspistopf hin und sagte einige Worte, die ich nicht verstehen konnte. Die Tür öffnete sich, und der Fahrer mit seinem Helfer erschien.
    »Abführen – in den Operationssaal«, sagte der Anführer. »Und die Handschellen abnehmen.«
    Der Fahrer trat zu mir her – der Schlüssel knirschte im Schloß. Im nächsten Augenblick versetzte ich ihm mit dem stählernen Armband der linken, noch gefesselten Hand einen Schlag an die Schläfe und gab ihm gleichzeitig einen Fußtritt in den Hintern. Er fiel um, ohne einen Laut von sich zu geben. Aber noch während sein großer Körper in meine Richtung fiel, faßte ich ihn am Kragen seiner Lederjacke und schleuderte ihn mit aller Kraft zwischen die Männer, die vom Tisch aufsprangen. Der riesige Körper stieß den Tisch um, einige Sessel kippten – ich wartete nicht ab, was weiter geschehen würde, sondern stürzte zur Tür. Sonderbarerweise schoß niemand. Der Helfer des Fahrers stand mit leicht gespreizten Beinen ruhig in der Tür, als wollte er plötzlich einen lange nicht gesehenen Bekannten begrüßen.
    Ich schlug ihm mit der linken Faust an das Kinn, das heißt, ich zielte auf diese Stelle, doch er parierte meinen Schlag mit der Handkante, so daß ich einen scharfen Schmerz in der Hand verspürte, die unwillkürlich herunterfiel. Der Mann konnte Jiu Jitsu – das war fatal.
    In diesem Chaos, als ich hinter meinem Rücken Schritte vernahm, die sich mir näherten, blitzte in mir die Erinnerung an den stämmigen kleinen Itchi-Hasam auf, der in Kyoto japanischen Kampfsport unterrichtete. In der letzten Lektion hatte er mich zwei Griffe gelehrt, die den Europäern unbekannt sind und die zum Tode führen. Es sind Schläge mit beiden Händen, von unten, die scherenartig die Kehle zertrümmern. Der, den ich mit der ganzen Kraft der Verzweiflung ausführte, gelang nur zum Teil. In dem Augenblick, als ich seinen gespannten Körper spürte, ergriffen mich starke Arme von hinten. Ich warf mich zu Boden, doch der Kampf dauerte nicht lange. Aus der Masse der bebenden Hände und Füße erhob ich mich, an den Kleidern festgehalten, und wurde sonderbarerweise zu Tisch gebeten.
    Einer der nach Atem Ringenden schob mir einen Sessel zu, und als ich verdutzt und zittrig hineinfiel, schob mir der zweite eine lange Zigarette in den Mund, der dritte gab mir Feuer; und sie ließen sich alle bei mir nieder, wie zu einem geselligen Gespräch nach einer kurzen Pause.
    Der Fahrer machte sich schnell davon, zusammen mit dem Helfer, der röchelte, Blut spuckte und sich die verletzte Kehle hielt.
    Nach einer Minute des Schweigens sagte der Anführer:
    »Sie haben die Prüfung bestanden ... Sie gehören bereits zu uns.«
    »All das war natürlich eine Komödie«, fügte er hinzu, als er meinen staunenden Blick bemerkte. »Wir haben Ihnen eine Chance gegeben, und Sie haben sie wahrgenommen.«
    »Eine originelle Art und Weise ...«, sagte ich und massierte mir den Oberarm. »Darf ich wissen, welche Scherze die Herren noch in petto haben? Mir als erfahrenem amerikanischem Reporter ist so etwas noch nie zugestoßen.«
    »Das glaube ich Ihnen gern«, sagte der Mann mit dem bleichen Gesicht. »Erlauben Sie, daß ich Sie mit den Anwesenden bekannt mache: es sind Doktor Thomas Kennedy« – er wies auf den Mann mit dem Lorgnon – »hier Mr. Gedevani, Ingenieur Fink, und ich heiße Frazer.« Die Herren verbeugten sich und reichten mir die Hand. Ich wußte nicht, ob ich mich ärgern oder ob ich lachen sollte.
    »Und ich heiße ...«
    »Das wissen wir, das wissen wir ganz genau, Mr. McMoor – Sie stammen aus Schottland, nicht wahr?«
    »Meine Herren, bitte, genug der Scherze!«
    »Wir verstehen Sie völlig«, sagte Frazer. »Nun, in kurzen Worten: So wie wir hier sitzen, sind wir eine Organisation, die eigentlich keine rein wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen oder gar«
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