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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman.
Autoren: Stanislaw Lem
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Materie schuldig werden.«
    »Professor«, sagte ich, »sind Sie der Meinung, daß die Birne selbst ohne den Apparat die Fähigkeit zum Wiederaufbau hat – so kraftlos sie aussehen mag?«
    »Ich möchte keinen so ›kraftlosen‹ Gegner haben, selbst dann nicht, wenn ich die ganze Armee der Vereinigten Staaten hinter mir hätte«, sagte der Professor. »Und jetzt fragt mich nichts mehr, denn ich werde nichts mehr sagen.«
    Wir gingen über das schwere, nasse Gras. Ich schritt als erster durch den von der Wucht der Explosion zerstörten Eingang und begann den Trümmerhaufen zu erklettern. Die schreckliche Kraft der Explosion hatte die mächtigen, aus Stahlprofilen bestehenden Träger verbogen, die Motorenköpfe zerquetscht und die homogenen Eisenbetonblöcke niedergewalzt.
    Plötzlich sah ich unter dem Trümmerhaufen etwas Schwarzes – ich sprang näher.
    Es war ein Tentakel des Ungeheuers.
    »Nicht anrühren!« rief der Professor. »Sein Plasma ist sterblich, sein Zorn aber nicht.«
    Ich suchte weiter. Ich sah etwas, das wie eine verbogene Haube des Kegels aussah, aber ich war nicht sicher, ob es das wirklich war.
    Dann rief uns Frazer. Zwischen Ziegeln eingekeilt, hing ein Fetzen der Jacke von Fink.
    Wir gingen über das Trümmerfeld, das noch nach dem Chlor der Gasgeschosse roch. Endlich sagte der Professor: »Das nützt gar nichts. Ich werde alles mit Benzin übergießen und anzünden. Wenn der Kern noch leben sollte, wird er dann zerstört sein.« Klein, schwarz und gebeugt ging er zum Ausgang. Von Brocken zu Brocken springend, folgten wir ihm auf den abrutschenden Trümmern.
    Wir legten den Weg schweigend zurück und betrachteten die Gegend. In einiger Entfernung kräuselten sich die grünen Wellen des Sees. Hinter einer Kurve tauchte schließlich unser Auto als schwarzer Punkt auf dem grauen Band der Straße auf. Im selben Augenblick erglühte der Himmel rotgolden, und der erste Lichtstrahl der Sonne zerschmolz wie ein triumphaler Salut auf der blauen Himmelsfläche. Die in abfallenden Bahnen beisammenliegenden Wolken verliefen sich bald cremefarben und weiß. Der nach Seewasser riechende Wind streichelte sanft unsere Gesichter.
    »Und er wollte uns das wegnehmen ... das alles ...«, flüsterte der Professor. Hatte ich ihn richtig verstanden? Ich getraute mich nicht zu fragen. Schweigend erreichten wir den schweren schwarzen Buick. Burke sprang aus dem Wagen und hielt uns die Türen auf. Wir stiegen ein – die Türen knallten zu – der Anlasser stotterte kurz – die Abgase pufften. Der Wagen zitterte und fuhr in Richtung New York.
     
    Nachwort
     
    Eigentlich wollte ich dieses Buch, meinen Erstling, vor der ganzen Welt, Polen inbegriffen, verschweigen. Nur ein einziges Mal ist es erschienen, vor dreiundvierzig Jahren, in einer Romanzeitung in Kattowitz, das war 1946. Geschrieben aber habe ich diesen kleinen Marsmenschen, als ich mich Ende des Krieges noch in Lemberg befand. Auch hatte ich damals nicht die Absicht, mich zum Science-fiction-Autor profilieren zu wollen: das Mikroopus wurde lediglich für einen kleinen Freundeskreis auf einer alten Underwood-Schreibmaschine getippt. Warum? Weil mich halt eine solche Lust überkam, weil ich – wahrscheinlich – jene Freunde und auch mich ein klein wenig berauschen wollte, damit wir für eine Stunde die Greuel des Krieges vergessen.
    Es handelt sich also gewissermaßen um eine Ausgrabung, die ohne mein Zutun und ohne meine Zustimmung in Polen zustande kam; ja, ich wußte nicht einmal, daß mir unbekannte Lem-Fans im Untergrund diesen alten Roman auf eigene Faust und eigenes Risiko herausgeben würden.
    Ich habe den Marsmenschen wie etwas mir völlig Fremdes gelesen, und eben deshalb, so vermute ich, war ich erstaunt, ja fast schockiert, als ich in der Fabel einige Leitmotive erkennen konnte, die meine vierzigjährige Arbeit als Schriftsteller geprägt haben. In naiver vielleicht, in erst keimender Gestalt, aber doch als »Lemsches Geschriebenes«, wie ein Schweizer Kritiker sagte.
    Lohnt es sich nun, dieses Buch der Jugendjahre – ich war dreiundzwanzig, als ich es schrieb – ans Tageslicht zu holen? Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob mein Werk – nach meinem Tode – nicht einen Kometenschweif von Kritiken, Auslegungen, Verrissen oder Lobreden nach sich ziehen wird. Sollten aber alle Hervorbringungen meiner Phantasie in Vergessenheit geraten, so wird auch dieser Erstling nicht mehr gelesen werden, der vielleicht ein »Urlem«, nicht
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