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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman.
Autoren: Stanislaw Lem
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– er lächelte – »räuberischen Zwecke verfolgt. Glauben Sie nicht, daß wir Faschisten sind«, fügte er noch schnell hinzu, denn er erkannte, daß mein Gesicht länger wurde. »Wir sind auch kein Klub gelangweilter Millionäre.«
    »Und wenn Sie eine ganze Stunde so fortfahren«, sagte ich bissig. »Ihr seid auch keine Gesellschaft für den Schutz entgangener Schnitzel oder ein Klub zur Versorgung der eigenen Tasche ...«
    »Es ist eine Sache, die schwer zu verstehen und noch schwieriger zu glauben ist«, sagte ein Mann in schwarzem Anzug mit schmalem Gesicht, das ein gepflegter silbriger Schnurrbart zierte. Der Präsident des Vereins hatte ihn Ingenieur Fink genannt. »Allem Anschein nach werden Sie sich für die Sache nicht nur näher interessieren, sondern ihr auch all das opfern, was wir geopfert haben.«
    »Und das heißt?«
    »Das heißt alles«, sagte er und stand auf. Die anderen hatten sich ebenfalls erhoben, und Frazer wandte sich an mich:
    »Wollen Sie mir folgen? Ich muß Ihnen die Sache genau erklären.«
    Ich verbeugte mich und folgte ihm über den schalldämpfenden dicken Teppich.
    Wir kamen zur Tür, die sich von selbst öffnete, als wir zwei Schritte von ihr entfernt waren. Ich bemerkte, daß wir allein waren – die anderen Verschwörer (wie ich sie in Gedanken nannte) waren in der Bibliothek zurückgeblieben. Der Korridor führte zu mir unbekannten Treppen, die in einem Betonblock eingebaut waren: ohne Fensteröffnungen, schwer, massiv. An den Wänden glühten überall die matten quadratischen Lampen. Der Korridor im zweiten Stock glich ganz dem unteren – mein Führer ging mit mir zu der Tür, die auf der Plattform zu sehen war, öffnete sie und trat als erster ein.
    Es war ein kleiner Raum, vollgestopft mit physikalischen Instrumenten und Büchern. An den Wänden hingen Landkarten – wie es mir schien, zeigten sie eine Wüstengegend –, und auf dem Fußboden standen verschiedene Globusse. Das Mobiliar bestand aus einem riesigen amerikanischen Schreibtisch, einigen Fauteuils und Tischen mit komplizierten Apparaten mit unzähligen Kathodenröhren.
    Das fiel mir als erstes ins Auge, als ich mich, dazu aufgefordert, setzte und zu meinem Gastgeber hinüberschaute. Er war sonderbar konzentriert und ernst. »Mr. McMoor, ich bitte Sie sehr, verstehen Sie mich richtig, und wenn möglich, schenken Sie allem, was ich Ihnen zu sagen habe, Glauben. Ich werde später versuchen, Ihre Zweifel mit Hilfe anschaulicher Mittel zu zerstreuen.« Er machte eine ausladende Geste und fragte, während er eine Zeitung vom Tisch aufnahm; »Erinnern Sie sich, welches Phänomen sich vor drei Monaten am Himmel unserer Hemisphäre gezeigt hat?«
    Ich zerbrach mir den Kopf. »Es kommt mir vor, als sei ein großer Komet erschienen oder auch ein Meteor – ich kann mich nicht recht entsinnen«, sagte ich. »Wir waren damals mit der Kapitulation Deutschlands beschäftigt – Astronomie samt Meteorologie waren Nebensache.«
    »Genauso war es.« Mein Gesprächspartner schien hoch zufrieden. »Sie müssen wissen, daß ich Physiker von Beruf bin. Sogar Astrophysiker«, fügte er nachdenklich hinzu. »Der von Ihnen erwähnte Meteorit fiel an der Grenze von Nord- und Süddakota und löste Waldbrände aus. Auf einer Fläche von dreitausend Hektar wurde der Wald zerstört. Da ich in der Gegend war, machte ich mich auf, um mit den Kollegen vom Mount Wilson Observatorium die Absturzstelle des Meteors zu suchen. Es war eine zerklüftete Schlucht – dieser Himmelskörper schien sich den Gesetzen der Himmelsmechanik wenig zu fügen: er berührte die Erdkruste unter einem sehr kleinen Winkel, fast horizontal. Beinahe zwei Kilometer raste er über den Wald und riß eine Furche auf, die zwölf Meter tief war, er setzte Bäume in Brand und warf sie mit einer gewaltigen Druckwelle um, bis er sich in einen Hügel eingrub, dessen Gipfel bis zu einer Tiefe von mehreren Dutzend Metern abgetragen wurde. Die Hitze des immer wieder aufflammenden Waldes erschwerte den Zugang zu der Stelle, wo sich der rätselhafte Meteorit befand. Das Sonderbare daran war, daß wir in der Nähe keine Splitter von Meteoreisen fanden, überhaupt nichts, was uns über die Struktur dieses Gebildes hätte Aufschluß geben können. Mit Hilfe der herbeigeschafften Maschinen und Arbeiter gelang es mir, diesen Körper nach künstlicher Abkühlung auszugraben – von den verschiedenen Schwierigkeiten, die damit zusammenhingen, berichte ich Ihnen ein anderes Mal. Dieser
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