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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman.
Autoren: Stanislaw Lem
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technische oder geistige Überlegenheit er besitzt – um dies für das Wohl der Allgemeinheit herauszufinden oder um ihn gegebenenfalls zu vernichten.« Die letzten Worte sagte er, ohne den Ton zu heben, völlig ruhig, und gerade das verstärkte den Eindruck.
    »Wir müssen uns selbstverständlich vor Neugierde schützen – in erster Linie vor der der Presse – unserer grandiosen Presse«, fügte er hinzu und zwinkerte spitzbübisch, wieder das joviale Onkelchen. »Haben Sie mich richtig verstanden?«
    »Ich habe verstanden. Ich möchte jetzt fragen, ob und zu welchem Zweck ich Ihnen, meine Herren, behilflich sein kann. Ich besitze keine speziellen Fertigkeiten. Ich könnte mein Ehrenwort geben und abhauen. Ich gebe zu, diese Sache ist ungemein faszinierend und die Möglichkeit ihrer Beschreibung, wenn die Wahrung des Geheimnisses nicht mehr notwendig ist, würde mich unendlich reizen, aber ich glaube nicht, daß ich nur deshalb bei Ihnen bleiben muß, weil mich ein Zufall hierher verschlagen hat und ich sozusagen als Fremdkörper hier bleiben und das Schicksal des Fremden teilen muß: entweder hinausgeschleudert oder absorbiert zu werden.«
    »Haben Sie Medizin studiert?« fragte der Professor und betrachtete mich aufmerksam.
    Winzige Lichtpünktchen tanzten auf seiner Brille.
    »Habe ich ... ein paar Jahre lang.«
    »Das sieht man gleich«, bemerkte er. »Was Ihr Weggehen von hier angeht: Ich weiß nicht, ob sich da etwas machen ließe. Bedenken Sie, daß eine solche Sensation in der Presse ... so etwas Ungeheures ...«
    Ich richtete mich unwillkürlich auf, denn er winkte einige Male mit der Hand, als würde er etwas streicheln, und sagte: »Bitte seien Sie nicht beleidigt ... ich stelle Ihr Wort nicht in Frage – das Wort eines Schotten«, er lächelte. »Aber wissen Sie, da ist der Spürsinn eines Reporters. Ich glaube übrigens, Sie werden uns nützlich sein und wir Ihnen um so mehr. Wir erwarten zur Zeit einen einzigen« – er zögerte –, »einen Ingenieur aus Oregon, der uns bestimmte Konstruktionsteile von unseren Freunden bringen soll. Wir haben zwar ein Team von hervorragenden Fachleuten, aber es mangelt uns an jemandem mit gesundem Menschenverstand« – wieder zwinkerte er mir zu –, »und ein solcher Verstand ist eine sehr feine Sache. Wir können ihn auch sehr gut brauchen ... Haben Sie von der Konstruktion des AREANTHROPOS gehört?«
    »Allerdings – nur hatte ich bislang noch nicht einmal Zeit, sie zu verdauen ... auch habe ich den Areanthropos nur kurz gesehen.«
    »Ich weiß, ich weiß ... dort sitzen ist sowieso ungesund«, bemerkte der Professor leise, ohne mich anzusehen. »Wir wissen noch nicht, wie das wirkt. Es kommt mir vor, als sei es eine Art Strahlung – manche Körper glänzen in der Nähe des Apparates – und auch, während er aus dem Geschoß hervorgeholt wird.«
    Ich sah ihn aufmerksam an. Der Professor schrumpfte irgendwie zusammen und zitterte.
    »Aber lassen wir das ... Sie werden schon noch Näheres hören.« Er hob plötzlich den Kopf.
    »Sie müssen wissen, daß unser Spiel sehr gefährlich ist – dieser Apparat oder das Wesen oder das im Apparat eingesperrte Wesen – wir finden uns noch nicht zurecht – besitzt verschiedene sonderbare Eigenschaften und kann uns eine hübsche Überraschung bereiten.«
    »Warum wollen Sie ihn nicht in Teile zerlegen?« raffte ich mich auf. Beide Männer verzogen das Gesicht.
    »Leider, solche Versuche gab es ...«, und, ohne mich anzusehen, »Sie müssen wissen, daß wir zu sechst waren ... und jetzt sind wir nur noch fünf. Es ist nicht so einfach.«
    »Jetzt wissen Sie fast genauso viel wie wir«, sagte Frazer leise. »Sind Sie mit den Bedingungen einverstanden, die wir stellen, das heißt, totale Freiheit, Gleichbehandlung eines jeden als Arbeitsgenossen und Ihr Wort, keinen Fluchtversuch zu unternehmen?«
    »Wie denn das, Flucht, meine Herren?« sagte ich, »darf ich diesen Ort verlassen?«
    Beide Männer lächelten. »Selbstverständlich nicht«, sagte Frazer. »Sie haben das doch nicht etwa geglaubt?«
    »Also, ich bin einverstanden ... aber ich gebe nicht mein Ehrenwort«, sagte ich. »Ein Wort, meine Herren, aber das werden Sie wohl nicht verstehen, wäre ein nicht zu überwindendes Hindernis. Ihre Mauern sind es nicht. Ich kann hier nach den Gesetzen leben, die Sie für sich gelten lassen.«
    Und ich erhob mich.
    Der Professor lächelte. Er holte eine bauchige goldene Uhr aus der Tasche und warf einen Blick darauf.
    »Drei
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