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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code
Autoren: M.j. Rose
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mir und Gabriella so lange zugesetzt, bis sie mit ihm geredet hat. Wie sagt man gleich? Offiziell? Das Interview war kaum gedruckt, da rannten die Massen uns schon die Bude ein. Leute, die heidnische Religionen studieren, einige Akademiker, aber in erster Linie Angehörige von modernen Sekten, die sich die Wiedererweckung antiker Riten und Religionen auf die Fahnen geschrieben haben. Die verhielten sich sehr still und ehrfürchtig, als wäre das hier noch immer eine geheiligte Stätte. Die störten uns nicht weiter. Es waren vielmehr die traditionellen Kirchgänger, die Krawall und Ärger machten. Die stiefelten hier überall herum, protestierten und brüllten ihre blöden Parolen. Das sei alles Teufelszeug, was wir da tun, und wir würden schon unsere Quittung kriegen für unsere Sünden. Die hatten kein Verständnis für meine und Gabbys Arbeit. Dabei sind wir doch Wissenschaftler. Und gestern Abend bekam ich dann noch einen Anruf aus dem Vatikan. Von Kardinal Bironi. Er bot mir eine obszöne Summe an, damit ich das, was wir hier gefunden haben, an ihn verkaufe, statt es zu veröffentlichen. Nach seinem Angebot zu urteilen müssen er oder seine Geldgeber eine Heidenangst davor haben, was wir gefunden haben könnten. So läuft das, wenn das Wort heidnisch in der Heiligen Stadt die Runde macht. Hinter vorgehaltener Hand, versteht sich.”
    “Aber wieso? Der Vatikan hält doch sowieso alle Fäden in der Hand.”
    “Es gibt zurzeit einen Disput über die Rolle, die die Frau im Vergleich zur Antike in der heutigen Kirche spielt. Bella könnte dieser Kontroverse neue Nahrung geben. Die heutigen Weltreligionen räumen Frauen weniger Mitwirkung ein, als es die antiken Kulte taten.” Der Professor schüttelte den Kopf. “Außerdem”, setzte er leise hinzu, “wirft das noch ein Problem auf: Jeder nicht mit dem Kreuz versehene Fund wird vom Vatikan als potenzielle Bedrohung betrachtet. Besonders dann, wenn diese Gegenstände etwas mit Reinkarnation zu tun haben, wie Gabriella und ihre Vorgesetzten offenbar glauben.”
    “Warum ausgerechnet mit Reinkarnation? Weil das zu Schwierigkeiten mit der Absolution führt?”
    “Genau. Stellen Sie sich vor, der Mensch glaubt, dass er selber die Verantwortung für die ewige Ruhe trägt und selbst bestimmen kann, ob er in den Himmel kommt. Ohne Gottvater, Sohn und Heiligen Geist. Was wäre dann mit der Macht der Kirche über unsere Seelen? Überlegen Sie mal, was das für Auswirkungen hätte! Könnte man die Wiedergeburt beweisen, wäre eine regelrechte Rebellion die Folge. Der Kirche drohte ein Exodus.”
    Josh nickte. In den vergangenen Monaten hatte er ähnliche Äußerungen zu diesem Thema von Dr. Talmage gehört. Er ließ den Blick wieder zu Bella schweifen. Selbst ihre sterblichen Überreste strahlten noch die Intensität einer steifen Meeresbrise aus. Man konnte sich ihrer Kraft nicht entziehen. Er trat noch einen Schritt näher.
    “Möchten Sie wissen, wie wir festgestellt haben, dass Bella Vestalin war?”, fragte Rudolfo.
    “Das steht doch sowieso fest”, gab Josh zurück – zu hastig, sodass er gleich fürchtete, der Professor könne seinen Ausrutscher bemerkt haben.
    Das hatte Rudolfo in der Tat, zumindest seinem neugierigen Blick nach zu urteilen. “Woher wollen Sie denn das wissen?”
    Josh musste besser aufpassen. “Oh, ich habe Sie missverstanden. Entschuldigen Sie, Professor. Also: Wodurch wissen Sie, dass Ihre Bella Vestalin war?”
    Rudolfo schmunzelte, als habe er Josh nicht geradezu angefleht, die Frage zu stellen. Seine warmen Augen funkelten, und dann stürzte er sich mit Behagen in seine Erklärung. “Wir sind im Besitz von schriftlichen Aufzeichnungen über die vestalischen Jungfrauen. Darin werden bestimmte Einzelheiten beschrieben, die wir auch hier sehen. Obwohl diese Krypta nicht den nackten Kammern aus festgestampftem Lehm entspricht, die meist für die Vollstreckung der Todesstrafe bei Vestalinnen verwendet wurden, wurde diese Frau trotzdem lebendig eingemauert. Das war die Strafe für die Nonnen, die ihr Keuschheitsgelübde brachen. Nicht der Tod durch Verhungern, sondern durch Ersticken. Deswegen die Krüge dort. Einer für Wasser, der andere für Milch …” Er wies auf die rustikalen Tongefäße. “Schon die Bahre an sich ist ein Beweis. Man begräbt ja keinen Toten und stellt gleichzeitig eine Bettstatt bereit. Oder eine Öllampe.”
    “Aber wieso kauert sie da drüben in der Ecke? Was meinen Sie? Der Sauerstoffmangel muss sie doch
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