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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu
Autoren: Franziska Gehm
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gerne mal ab und zu zur Tür hinaus und schnupperte frische Luft.
    Kerul und Daka hatten ihre Schutzbrillen auch aufgeklappt, aber sie hielten sie sich noch nicht vors Gesicht. Es war ihnen so schon finster genug in der Höhle, auch ohne getönte Folie vor den Augen. Vorsichtig, als würden sie auf rohen Eiern laufen, setzten sie einen Fuß nach dem anderen nach vorne und drangen immer tiefer in die Höhle ein. Nervös flogen ihre Blicke nach links und rechts. Keine Bewegung, kein Hinweis sollte ihnen entgehen.
    Der Boden war anfangs noch aus festem Gestein gewesen. Doch jetzt schien er sich unter ihnen aufzulösen. Er war merkwürdig weich und feucht. Als würden sie auf einer gigantischen Nacktschnecke laufen. Manchmal hatten sie das Gefühl, der Boden würde sich unter ihnen bewegen. Doch dann waren sie sich wieder sicher, dass sie nur ein Stück gerutscht waren. Ein anderes Mal knackte etwas unter ihren Füßen, als wären sie auf ein Schneckengehäuse getreten.
    Silvania klammerte sich an der Schutzbrille fest und schielte an die Höhlenwand neben sich. Sie erschauderte, ihr Kinn zitterte. Lange, dünne Striche zogen sich in verschiedene Richtungen an der Wand entlang. Es sah aus, als hätte jemand verzweifelt versucht, sich mit den Fingernägeln festzuhalten.
    Oder mit den Eckzähnen. Als hätte sich jemand krampfhaft dagegen gewehrt, in die Tiefe der Höhle gezogen zu werden.
    Daka schielte zur linken Höhlenwand. Kleine hellgraue Würmer schlängelten sich zu Tausenden über die feuchte Wand. Normalerweise hatte Daka nichts gegen Würmer. Himbeeren mit Würmern war eins ihrer Lieblingsgerichte. Aber diese Würmer mit ihren dicken Körpern und schwarzen Borsten auf dem Rücken sahen einfach zu unappetitlich aus.
    Angewidert wandte Daka den Blick zu Boden. Gerade noch rechtzeitig. Sie sah etwas langes, dünnes Weißes dort liegen und hob den Fuß. Als sie darüberschritt, erkannte sie, dass es ein Knochen war. Noch halb unter Schock setzte Daka den Fuß wieder auf und wäre beinahe weggeknickt, so weich waren ihre Knie.
    Einen Moment dachte Daka daran, dass sie jetzt auch zu Hause an ihrer Zimmerleine abhängen und zusammen mit Karlheinz Krypton Krax hätte hören können.
    Silvania dachte daran, dass sie in ihrem Liebesroman mittlerweile bestimmt schon auf Seite 400 wäre und Bogdan bestimmt schon fünf neue romantische Nachrichten in ihren virtuellen Sargdeckel geritzt hatte.
    Kerul dachte daran, dass er sich vielleicht doch dazu überwinden konnte, den Yak von Bajar zumindest halb leer zu saugen. Doch dann sah er die großen braunen Augen des Yaks wieder vor sich und verwarf den Gedanken.
    Er zuckte zusammen, als direkt an seinem Kopf ein handgroßes, brummendes Insekt vorbeiflog. Kerul sah nur noch, dass es schwarze gezackte Flügel, große rote Facettenaugen und einen Körper hatte, der wie eine Weißwurst aussah. Dann verschwand das seltsame Insekt in der Dunkelheit.
    »Was war das?«, fragte Daka.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Kerul, der den Luftzug vom Insekt noch spürte und dessen Herz raste. »So ein Insekt habe ich noch nie in der mongolischen Steppe gesehen.«
    »Der Yak-Drache war es jedenfalls nicht.« Silva -nia drückte die Schutzbrille fast an ihre Nase.
    »Vielleicht ist er in all den Jahren geschrumpft«, meinte Kerul.
    »Ja, Oma Zezci wird doch auch mit jedem Jahrhundert kleiner«, stimmte Daka zu.
    Silvania rümpfte die Nase. »Riecht ihr das auch?«
    »Ich war es nicht!«, rief Daka.
    Daka, Kerul und Silvania verzogen das Gesicht, als ein aufdringlicher Gestank immer stärker wurde.
    »Das riecht wie eine Mischung aus Kuhfladen, Fußballersocken nach einem Spiel mit Verlängerung und faulen Eiern«, sagte Silvania.
    »Oder wie eine Mischung aus uraltem, zotteligem Yak und uraltem Drachen mit Mundgeruch?« Kerul spähte angsterfüllt in die Finsternis vor ihnen.
    Auf einmal war ein dumpfes Dröhnen zu hören. Es klang, als würde jemand in der Ferne aufstampfen. Jemand, der sehr große Füße hatte. »Hört ihr das?« Daka sah die anderen voller Panik an und lauschte.
    »Das sind unsere eigenen Schritte«, erwiderte Silvania. »Glaube ich zumindest.«
    Die drei Höhlenbesucher blieben stehen.
    Wieder erklang das dumpfe Dröhnen.
    »Und wessen Schritte sind es jetzt?«, fragte Daka, die ihre Schutzbrille bereits bis zur Nase hochgezogen hatte und über den Rand nervös in alle Richtungen schielte.
    Das Dröhnen wurde immer lauter.
    RUMMS.
    WUMMS.
    DIBUMMS.
    Kerul, Silvania und Daka rückten
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