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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt
Autoren: Ian Fleming
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herab. Kein jamaikanischer Polizist würde je laufen. Er hat gelernt, daß dies der Autorität abträglich ist.
    Felix Leiter, inzwischen vom Arzt mit Morphium versorgt, hatte erklärt, im Sumpf sei ein guter Mann hinter einem bösen her, und es werde vielleicht eine Schießerei geben. Genauer hatte sich Leiter nicht ausgedrückt. Als er aber sagte, er sei vom F.B.I. - ein legaler Euphemismus - in Washington, suchte der Polizist die Leute vom Rettungstrupp zum Mitkommen zu bewegen, und als das mißlang, schlenderte er vorsichtig allein davon, den Stock mit vorgetäuschter Flottheit schwingend.
    Das Krachen der Revolver und das Geflatter krächzender Sumpfvögel gaben ihm die ungefähre Richtung an.
    Geschützt war er nur durch seinen Gummiknüppel und das Wissen, daß das Töten eines Polizisten unnachsichtlich mit dem Tode bestraft wurde.
    Er hoffte nur, daß der gute und der böse Mann dies gleichfalls wußten. Das Krächzen der Vögel war verstummt. Es herrschte tödliche Stille.
    Der Konstabler bemerkte, daß die Spuren der Buschratten und anderer kleiner Tiere in eine Richtung liefen, die mit seinem Ziel zusammenfiel. Dann hörte er das eifrige Graben der Krabben, und kurz darauf erblickte er hinter einer Mangrovengruppe einen Schimmer von Scaramangas Hemd. Er sah hin und horchte. Keine Bewegung, kein Ton. Würdevoll schritt er in die Mitte der Lichtung, schaute auf die zwei Körper und die Revolver, zog seine Nickelpolizeipfeife hervor und pfiff dreimal lange.
    Dann setzte er sich in den Schatten eines Busches, nahm seinen Rapportblock heraus, leckte seinen Bleistift ab und begann schwerfällig zu schreiben.
    Eine Woche später kam James Bond wieder zu Bewußtsein. Er befand sich in einem grünbeschatteten Raum. Er war unter Wasser. Der langsam rotierende Ventilator an der Decke war eine Schiffsschraube, die im Begriff war, in ihn hineinzufahren. Er schwamm um sein Leben. Aber es hatte keinen Sinn. Er war angebunden, verankert am Grund des Meeres.
    Er schrie mit aller Kraft seiner Lungen. Für die Krankenschwester am Bettende war es ein Flüstern, ein Seufzer.
    Sofort war sie neben ihm. Sie legte eine kühle Hand auf seine Stirn.
    Während sie seinen Puls fühlte, blickte Bond mit unklaren Augen zu ihr auf. So sah also eine Seejungfrau aus! Er murmelte: »Du bist hübsch«, und schwamm dankbar in ihre Arme. Die Schwester schrieb fünfundneunzig auf sein Krankenblatt und telefonierte hinunter zur Stationsschwester.
    Sie sah in den trüben Spiegel und richtete ihr Haar in Erwartung des Distriktsarztes, der diesen offensichtlichen V.I.P. betreute.
    Der Distriktsarzt, ein junger Jamaikaner, der in Edinburgh promoviert hatte, kam mit der Oberschwester, einem freundlichen Drachen, entliehen von König Eduard VII.
    Er hörte sich den Bericht der Schwester an, ging zum Bett und zog sanft Bonds Augenlider hoch. Er schob ein ^ermometer unter Bonds Achsel, nahm Bonds Handgelenk in die eine und seine Taschenuhr in die andere Hand. Es war still in dem kleinen Zimmer.
    Draußen rollte der Verkehr einer Straße in Kingston auf und ab. Der Arzt ließ Bonds Puls los und steckte die Uhr wieder in die Hosentasche unter dem weißen Mantel. Er schrieb Ziffern auf die Tabelle.
    Die Schwester hielt die Tür auf, und sie gingen alle drei auf den Gang hinaus. Der Arzt sprach mit der Oberschwester. Die Schwester durfte zuhören.
    »Er wird gesund werden. Die Temperatur ist sehr gefallen. Der Puls ein wenig schnell, aber das könnte auf sein Erwachen zurückzuführen sein. Die Antibiotika reduzieren. Ich werde mit der Krankenschwester später darüber sprechen. Setzen Sie die intravenöse Ernährung fort. Dr. Macdonald wird dann heraufkommen und die Verbände ansehen. Er wird wieder aufwachen. Wenn er etwas zu trinken verlangt, geben Sie ihm Obstsaft. Er dürfte bald leichte Nahrung zu sich nehmen können. Wirklich ein Wunder. Knapp an den Bauchorganen vorbei, hat nicht einmal eine Niere gestreift. Nur Muskeln getroffen. Dabei war die Kugel genügend vergiftet, um ein Pferd umzubringen. Gott sei Dank hat der Mann in Sav’ La Mar die Symptome von Schlangengift erkannt und gleich diese massiven Seruminjektionen verabreicht. Erinnern Sie mich daran, Oberschwester, daß ich ihm schreibe. Er hat dem Mann das Leben gerettet. Also, selbstverständlich keine Besucher, zumindest eine Woche lang. Der Polizei und dem Büro des Hochkommissars können Sie sagen, daß er auf dem Wege der Besserung ist. Ich weiß nicht, wer er ist, aber London läßt
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