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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth
Autoren: Robert Silverberg
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seriöse, reife Persönlichkeit.“
    „Ja, das war er.“ Boardman warf einen Blick auf das entfernte Labyrinth. „Dafür sei Gott Dank. Aber die Vorstellung schmerzt doch, nicht wahr, Ned? Wenn schon so ein charakterfester Mensch wie Dick Muller so viel Unrat im Kopf hat, wie muß es dann erst in den Köpfen von weniger noblen, gewöhnlicheren Menschen aussehen? Wenn sie der gleiche Fluch wie Muller trifft, werden sie wie Flammentürme jedes Bewußtsein im Umkreis von Lichtjahren versengen.“
    „Aber Muller hatte neun Jahre zur Verfügung, um mit seinem Mißgeschick fertigzuwerden“, wandte Ned ein. „Was passiert eigentlich, wenn man mittlerweile nicht einmal mehr in seine Nähe kommen kann? Wenn das, was er ausstrahlt, so stark geworden ist, daß wir ihm einfach nicht mehr standhalten können?“
    „Wir werden ihm standhalten können“, sagte Boardman.

 
Zwei
     
     
     
    Im Zentrum des Labyrinths saß Muller. Er versuchte, sich ein Bild über seine Lage zu machen und die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten abzuwägen. Durch die milchiggrünen Wände der Beobachtungskammer konnte er das Schiff und die Plastikkuppeln, die neben ihm aufgetaucht waren, erkennen. Und auch die winzigen Gestalten, die dort herumliefen. Er wünschte sich jetzt, er hätte bereits die Feineinstellung in der Kammer gefunden. Die Bilder, die er auf den Schirmen empfing, waren schrecklich unscharf. Aber er schätzte sich immer noch glücklich, diese Kammer überhaupt benutzen zu können. Viele der uralten Instrumente in dieser Stadt waren schon vor langer Zeit durch den Ausfall eines wichtigen Teils unbrauchbar geworden. Aber eine erstaunlich große Anzahl von Geräten hatte die Äonen unbeschädigt überstanden und den hohen technischen Stand ihrer Erbauer bewiesen. Aber von den intakt gebliebenen hatte Muller erst bei wenigen die Funktion herausfinden können. Und die bediente er auch noch höchst unvollkommen.
    Er beobachtete die verschwommenen Gestalten der Erdmenschen, die dort geschäftig zugange waren, und fragte sich, welche neue Pein sie für ihn vorbereiteten.
    Er hatte versucht, keine Spuren über seinen Verbleib zu hinterlassen, als er von der Erde geflohen war. Muller hatte sich ein Schiff gemietet und einen falschen Flugplan mit Ziel Sigma Draconis abgegeben.
    Während seines Warpfluges hatte er allerdings sechs Monitorstationen passieren müssen. Aber jeder einzelnen hatte er eine simulierte Rundreise durch die Galaxis angegeben, die so weit wie möglich in eine falsche Richtung führte.
    Eine routinemäßige Überprüfung der Monitorstationen würde ergeben, daß Mullers sukzessive Ankündigungen aneinandergereiht reiner Blödsinn waren. Aber er hatte darauf gebaut, seinen Flug beenden und rechtzeitig untertauchen zu können, bevor sie mit ihren Nachforschungen begannen. Offensichtlich hatte er dieses kleine Spielchen sogar gewonnen, denn keine Abfangjäger hatten ihn verfolgt.
    Als er nahe Lemnos die Warpzone verließ, führte er sein letztes Verschleierungsmanöver durch. Er ließ das Schiff im Orbit kreisend zurück und flog mit einer Landekapsel auf den Planeten. An Bord des Schiffes hatte er eine vorprogrammierte Bombe zurückgelassen, die es in Moleküle zerblies und die Einzelteile auf Milliarden verschiedener und sich überschneidender Bahnen auf die Reise durchs Universum schickte. Da mußte schon ein ausgeklügelter Computer zur Stelle sein, um den wahrscheinlichen Zusammenhang dieser winzigen Fragmente zu erkennen und von ihnen auf den Standort zu schließen! Die Bombe war konstruiert, pro Quadratmeter Explosionsoberfläche fünfzig falsche Vektoren zu erzeugen. Eine mehr als ausreichende Garantie, daß kein Fährtensucher in einem begrenzten Zeitraum etwas Wesentliches entdecken konnte. Und Muller benötigte nur einen relativ kurzen Zeitraum, etwa sechzig Jahre. Er war fast sechzig gewesen, als er die Erde verlassen hatte. Normalerweise hätte er mit mindestens weiteren hundert gesunden Lebensjahren rechnen können. Aber hier, wo ihm die irdische Medizin nicht mehr zur Verfügung stand und er sich mit nicht mehr als einem billigen Diagnostat behelfen mußte, konnte er im günstigsten Fall noch mit fünf oder sechs Dekaden rechnen. Sechzig Jahre voller Einsamkeit und dann einen friedlichen, ganz privaten Tod, mehr verlangte er gar nicht. Aber nun störte man seine Zurückgezogenheit schon nach neun Jahren.
    Waren sie ihm wirklich auf die Spur gekommen?
    Muller entschied, daß dem nicht so war. Wenn
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