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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth
Autoren: Robert Silverberg
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von seinen wagemutigen Taten zu erzählen. Sie nickte jedesmal ergriffen, wenn er von den Gefahren sprach, die noch anstanden. Im Bett besaß sie übrigens auch einige Vorzüge.
    Er blieb auf der Brücke stehen und sah zu den Sternen hinauf.
    Eine Million glitzernder Lichtpunkte schimmerte am Himmel. Dort draußen standen irgendwo Lemnos, Beta Hydri IV und die Welten, die die Radiowesen erobert hatten, und alle von den Menschen besiedelten Planeten und selbst die Heimatgalaxis der Aliens, unsichtbar zwar, aber unzweifelhaft vorhanden. Irgendwo dort draußen lag auf einer weiten Ebene das Labyrinth, breitete sich ein Wald aus schwamm weichen Bäumen aus, die mehrere hundert Meter hoch waren, hatte man auf tausend Planeten die jungen Städte der Menschen gepflanzt, trieb ein höchst merkwürdiger Tank in einer Umlaufbahn um eine eroberte Welt. In dem Tank hauste etwas unsagbar Fremdes. Auf den tausend Planeten lebten Menschen, die sich große Sorgen um die Zukunft machten. Unter den weichen Bäumen gingen graziöse, schweigende Gestalten mit einer Unmenge Armen. Und in dem Labyrinth wohnte … ein Mensch.
    Vielleicht, sagte sich Rawlins, gehe ich Muller in ein oder zwei Jahren besuchen.
    Es war noch zu früh, um zu wissen, wie die weitere Entwicklung verlaufen würde. Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt sagen, wie die Radiowesen, wenn überhaupt, auf all das reagieren würden, was sie von Richard Muller in Erfahrung gebracht hatten. Die Rolle und das Verhalten der Hydrier, die Anstrengungen der Menschen zu ihrer eigenen Verteidigung, Mullers Wiedereintritt in die menschliche Gesellschaft … das waren noch Geheimnisse, die variabel waren, sich in mehrere Richtungen entwickeln konnten. Es war aufregend und auch ein wenig furchteinflößend, wenn er daran dachte, daß er in einer Zeit solcher anstehender Prüfungen leben würde.
    Ned überquerte die Brücke. Er beobachtete, wie hoch über ihm Raumschiffe kreuz und quer über den Himmel flogen. Reglos blieb er stehen, als er den Drang zu den Sternen in sich spürte. Das ganze Universum schien an ihm zu zerren, jeder Stern all seine Kraft auszuspielen. Das Glühen des Himmels verwirrte ihn. Offenstehende Wege zu den Sternen winkten ihm zu. Ned dachte an den Mann im Labyrinth. Er dachte auch an das Mädchen, an ihre Geschmeidigkeit und Leidenschaft, ihre dunklen Augen, die silbernen Spiegel ihrer Augen, an ihren Körper, der ihn erwartete.
    Plötzlich war er Richard Muller; Muller im Alter von vierundzwanzig Jahren, den auch die Galaxis gerufen hatte. War es bei dir anders? fragte er sich. Was hast du empfunden, als du zu den Sternen aufgesehen hast? Wo hat es dich erwischt? Hier? Oder dort? Oder auch da, wo es mich getroffen hat? Und du bist hinaufgegangen. Und hast gefunden, was du gesucht hast. Und es wieder verloren. Und dafür etwas anderes gefunden. Erinnerst du dich noch daran, Dick, was du einst gespürt hast? Heute Nacht, in deinem winddurchwehten Labyrinth, woran denkst du da? Erinnerst du dich, wie es einmal war?
    Warum hast du dich von uns abgewandt, Dick?
    Und was ist aus dir geworden?
    Er eilte zu dem Mädchen, das ihn erwartete. Sie tranken jungen Wein, der sauer und elektrisierend schmeckte. Sie lächelten sich durch das Flackern der Kerze an. Später öffnete sie für ihn die ganze Weichheit und Zartheit ihres Körpers. Und noch eine Weile später standen sie beide eng aneinander gepreßt auf dem Balkon und sahen hinaus auf die größte und großartigste aller Städte, die je von Menschen erbaut worden war. Die Lichter erstreckten sich bis in die Unendlichkeit, stiegen immer höher, bis sie mit den Lichtern am Himmel verschmolzen. Er legte ihr den Arm um die Taille, zog sie zu sich heran und drückte sie fest an sich.
    „Wie lange bleibst du dieses Mal?“ fragte sie.
    „Noch vier Tage.“
    „Und wann wirst du zurückkehren?“
    „Sobald meine Mission beendet ist.“
    „Ned, wirst du nie zur Ruhe kommen? Wirst du jemals sagen, daß du genug davon hast, daß du nicht länger hinaus willst, daß du den richtigen Planeten gefunden hast, auf dem du bleiben willst?“
    „Doch“, sagte er mit entrückter Stimme. „Ich denke schon. Nach einiger Zeit sicher.“
    „Das meinst du nicht wirklich. Du sagst es nur so. Keiner von euch kommt jemals zur Ruhe.“
    „Wir können es einfach nicht“, murmelte er. „Wir ziehen immer weiter. Immer stehen neue Welten vor einem … neue Sonnen …“
    „Du willst zuviel. Du willst das ganze Universum. Aber das ist
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