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Der Mann im Labyrinth

Der Mann im Labyrinth

Titel: Der Mann im Labyrinth
Autoren: Robert Silverberg
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Zweifels ließ sich in seinen Augen ausmachen. Aber er zeigte sich bei allen Anordnungen willig und machte nie Schwierigkeiten. Er hatte seine Zeit bekommen, in der er seine Überlegenheit hatte ausspielen können. Jetzt, danach, ordnete er sich den Menschen unter.
    Hosteen und seine Männer kümmerten sich geschäftig um die Startvorbereitungen. Muller blieb währenddessen in seiner Kabine. Boardman besuchte ihn, allein und unbewaffnet. Er konnte nun auch großzügig und hochherzig sein.
    Sie saßen sich an einem niedrigen Tisch gegenüber. Muller wartete schweigend. Keine Gefühlsregung ließ sich auf seinem Gesicht erkennen. Nach einer langen Weile sagte Boardman: „Ich bin Ihnen dankbar, Dick.“
    „Sparen Sie sich das.“
    „Ich kann es nicht ändern, wenn Sie mich verachten. Ich habe nur das getan, was ich tun mußte. Ebenso wie der Junge. Und ebenso wie nun auch Sie. Denn selbst Sie konnten die Tatsache nicht verdrängen, ein Erdmensch zu sein.“
    „Ich wünschte, ich hätte es gekonnt.“
    „Sagen Sie so etwas nicht. Das ist nichts als billiger Zynismus, Dick, mit dem Sie es sich zu einfach machen. Es ist nicht so einfach, sich im Universum zurechtzufinden. Wir können uns nur so weit wie möglich anstrengen. Alles andere wird darüber unwichtig.“
    Er saß Muller recht nahe. Die Ausstrahlung traf ihn wie eine Breitseite, aber er hatte sich fest vorgenommen, nicht vor ihr zu weichen. Die Woge der Hoffnungslosigkeit, die auf ihn einströmte, gab ihm das Gefühl, tausend Jahre alt zu sein. Der Zerfall des Körpers, das Verwesen der Seele, der Wärmetod des Universums … das Kommen des Winters … Leere … Asche …
    „Sobald wir die Erde erreicht haben“, erklärte Boardman entschieden, „bekommen Sie von mir alle wichtigen Einzelheiten. Danach werden Sie über die Radiowesen genauso viel wissen wie wir auch, was nicht allzuviel ist. Danach sind Sie ganz auf sich gestellt. Aber ich glaube, Sie werden sich ständig bewußt sein, die Herzen und Seelen von Milliarden Erdmenschen für den Erfolg Ihrer Mission und Ihr persönliches Wohlbefinden hinter sich zu haben.“
    „Wer wird jetzt billig?“ bemerkte Muller.
    „Gibt es jemanden, den ich für Sie zum Landeplatz bestellen soll?“
    „Nein.“
    „Ich kann alles veranlassen. Es gibt immer noch Personen, die nie aufgehört haben, Sie zu lieben, Dick. Sie werden sofort kommen, wenn ich sie darum bitte.“
    „Mir entgehen die Anzeichen der Belastung in Ihren Augen nicht, Charles. Sie spüren meine Ausstrahlung überdeutlich. Sie droht, Sie zu zerreißen. Und Sie spüren sie überall: in den Eingeweiden, im Kopf, direkt hinter der Stirn und tief in der Brust. Ihr Gesicht ist grau angelaufen. Ihre Wangen sind eingefallen. Aber Sie bleiben hier sitzen, bis Sie tot umfallen, nicht wahr, denn das ist Ihr Stil. Obwohl Sie die Hölle durchmachen müssen. Falls es wirklich auf der Erde jemand geben sollte, der nie aufgehört hat, mich zu lieben, dann wäre es von meiner Seite das beste, ihm das Leid meiner Anwesenheit zu ersparen. Ich will niemanden sehen. Ich will mit niemandem reden.“
    „Wie Sie wünschen“, sagte Boardman. Dicke Schweißperlen hingen an seinen buschigen Augenbrauen und tropften langsam auf die Wangen hinab. „Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung, wenn wir uns in der Nähe der Erde befinden.“
    „Ich will nie mehr in die Nähe der Erde kommen“, sagte Muller.

 
Dreizehn
     
     
     
    Er verbrachte drei Wochen mit dem Studium aller Informationen, die über die riesigen Extragalaktiker bekannt waren. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin brauchte er in dieser Zeit weder einen Fuß auf die Erde zu setzen, noch wurde seine Rückkehr von Lemnos öffentlich bekanntgegeben. Man quartierte ihn in einem Bunker auf dem Mond ein, und er lebte ruhig und zurückgezogen unter dem Krater Kopernikus. Wie ein Roboter bewegte er sich durch die stahlgrauen Korridore, die von warm leuchtenden Lampen erhellt wurden. Man zeigte ihm alles verfügbare Würfel- und Filmmaterial. Man führte ihm eine Vielzahl von simulierten Szenarios und rekonstruierten Szenen in allen möglichen Medientechniken vor. Muller sah und hörte zu. Er nahm alles in sich auf. Aber er sprach kaum ein Wort.
    Sie kamen ihm nicht zu nahe, wie sie das schon auf der Reise von Lemnos getan hatten. Manchmal bekam er tagelang kein menschliches Wesen zu Gesicht. Und wenn sie doch einmal kamen, dann hielten sie mindestens zehn Meter Abstand von ihm.
    Ihm war es recht.
    Eine Ausnahme bildete
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