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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
Autoren: Sloan Wilson
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Haggerty.«
    »Mein Name ist Rath, Thomas Rath aus South Bay«, sagte Tom. »Ich möchte, dass Sie meiner Frau ein Taxi rufen und sie sofort nach Hause kommen lassen. Sollte es Schwierigkeiten geben, bitte ich Richter Saul Bernstein hier, sich sogleich mit Ihnen in Verbindung zu setzen und die Sache zu klären.«
    »Keine Schwierigkeiten«, sagte die Stimme. »Wir fanden es einfach nur merkwürdig, dass eine junge Frau so spät nachts allein auf der Straße ist. Wir wollten nur sicher sein, dass alles seine Ordnung hat.«
    »Alles in Ordnung. Bitte lassen Sie den Wagen in eine Werkstatt schleppen und rufen Sie ihr ein Taxi.«
    »Mach ich gern. Sind Sie ein Freund von Richter Bernstein?«
    »Allerdings.«
    »Dann grüßen Sie ihn von mir – mein Name ist Haggerty. Und sagen Sie Ihrer Frau, sie soll in Zukunft Führerschein und Zulassung dabeihaben, wenn sie nachts allein rumfährt.«
    »Mach ich. Kann ich noch mal mit ihr sprechen?«
    »Okay«, sagte Haggerty. »Einen Moment.«
    »Du kannst gehen«, sagte Tom, als Betsy wieder dran war. »Sie rufen dir ein Taxi. Komm nach Hause. Ich kann es nicht erwarten, dich zu sehen.«
    »Ich komme, so schnell ich kann. Ich war ganz schön blöd, Tommy. Das weiß ich jetzt.«
    »Jeder kann mal den Führerschein vergessen«, sagte er. »Beeil dich, dann reden wir weiter.«
    Er ging nach draußen und setzte sich auf die Stufe vor der Haustür. Der Mond schien noch immer hell auf das lange Gras und auf das Wasser des Sunds, das von einer aufkommenden Morgenbrise gekräuselt wurde. Er zündete sich eine Zigarette an und sah dem Rauch nach, wie er im Mondschein träge davonzog. Nach ungefähr einer halben Stunde hörte er einen Wagen heranfahren. Helle Scheinwerfer fielen auf die Einfahrt, dann hielt ein Taxi vorm Haus. Die hintere Tür schwang auf, und Betsy sprang heraus. Sofort rannte sie zu ihm. Beide sagten nichts. Nach einer halben Minute wurde die Stille vom Räuspern des Taxifahrers unterbrochen. Tom bezahlte ihn. Als das Taxi weg war, sagte er zu Betsy: »Gehen wir noch nicht rein. Die Nacht ist zu schön.«
    Sie gingen zur Steinmauer und setzten sich daran. Er küsste sie. »Ich muss dir noch einige Dinge sagen«, sagte sie. »Küss mich nicht wieder, sonst sage ich sie nie.«
    »Jetzt müssen wir doch nichts sagen.«
    »Doch, das schon. Als ich heute Nacht allein herumfuhr, erkannte ich zum ersten Mal, was du im Krieg durchgemacht hast und in welch verschiedenen Welten wir seitdem gelebt haben. Es tut mir leid, dass ich mich wie ein Kind benommen habe.«
    »Ich liebe dich.«
    »Du hast recht, dass du deinem Jungen in Italien helfen willst. Natürlich sollten wir alles tun, was wir können.«
    »Ich liebe dich.«
    »Er soll eine gute Erziehung bekommen und alles, was er sonst noch braucht. Haben sie dort Schwierigkeiten, genug zu essen und Medikamente und Kleidung zu bekommen? Wir sollten in Erfahrung bringen, was er braucht, und es hinschicken. Wir sollten nicht einfach nur Geld schicken.«
    »Ich liebe dich mehr, als ich je sagen kann.«
    »Ich möchte, dass du mir vom Krieg erzählen kannst. Das könnte uns helfen, uns besser zu verstehen. Hast du wirklich siebzehn Männer getötet?«
    »Ja.«
    »Möchtest du jetzt darüber sprechen?«
    »Nein. Es ist nicht so, dass ich wollte und nicht könnte – ich würde einfach lieber an die Zukunft denken. Daran, ein neues Auto zu kaufen und morgen mit dir nach Vermont zu fahren.«
    »Das wird herrlich. Es ist keine verrückte Welt. Wenigstens unser Teil davon muss es nicht sein.«
    »Natürlich nicht.«
    »Wir müssen nicht die ganze Zeit arbeiten und uns Sorgen machen. Dass wir es getan haben, war unsere Schuld. Was war nur mit uns los?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Wahrscheinlich habe ich erwartet, dass der Frieden einfach nur eine Zeit wird, in der ich mit dir wie jetzt im Mondschein sitze, und war überrascht, dass doch noch ein bisschen mehr dazugehört.«
    »Ich habe dich enttäuscht.«
    »Natürlich nicht. Ich war selbst meine Enttäuschung. Ich weiß wirklich nicht, was ich gesucht habe, als ich aus dem Krieg kam, aber offenbar habe ich immer nur einen Haufen schlauer junger Männer in grauen Flanellanzügen in New York in großer Hektik Richtung Nirgendwo rennen sehen. Sie schienen mir weder Ideale noch Glück zu erstreben – sondern eine Routine. Lange dachte ich, ich stünde am Rand und betrachtete dieses Treiben, und es war ein ziemlicher Schock, als ich an mir herabblickte und sah, dass auch ich einen grauen
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