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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist
Autoren: Eva Heller
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vorführen«, sagte mein Vater.
    »Genau, wir rauchen draußen
eine Zigarre«, sagte Herr Engelhardt. Die Generation der Gourmets ging hinaus.
Hoffentlich verstand Benedikts Mutter es als Scherz, daß mein Vater das kleine
Rasenstück hinter unserem Haus als parkartige Gartenanlage bezeichnet hatte!
     
    Niko nahm seinen Stuhl, setzte
sich zwischen Annabell und Benedikt. »Soll ich dir den nächsten Ferrari
reservieren?« fragte er Benedikt. »Oder erst den übernächsten?«
    Benedikt lachte. »Soweit bin
ich noch nicht. Außerdem weißt du, daß ich keinen Ferrari will, ich fahre
prinzipiell BMW. >Nomen est omen<, und >Benedikt Magnus Windrich<
ist BMW. Vielleicht ist bald ein größerer drin. Aber erst muß ich sehen, wie
sich das mit dem Job entwickelt. Und welchen Wagen mein Chef fährt. Wenn ich
einen größeren Wagen als der Chef fahre, ist das reiner Selbstmord.«
    »Das ist sogar ein
Kündigungsgrund«, rief Niko.
    Leider wußte ich auch nicht,
welchen Wagen mein Onkel jetzt fährt. Ich hatte Onkel Georg zum letzten Mal vor
drei Jahren gesehen, bei seinem 50. Geburtstag. Da saß er die ganze Zeit an
seinem großen Swimmingpool, Auto hatte ich keins gesehen. »Hoffentlich fährt er
keinen Opel«, Niko starrte trübe in sein Glas, »und falls dir der Laden sonst
nicht paßt, kannst du jederzeit wieder bei mir anfangen.« Niko war echt
traurig, daß Benedikt wegzog, wirklich nicht nur, weil er an Benedikt gut
verdient hatte.
    Annabell gähnte demonstrativ,
legte ihre Hände auf dem Kopf zusammen, sah Niko herausfordernd von der Seite
an. Weil Niko auf den Anblick ihrer Achselhaare nicht reagierte, sagte sie: »Du
hast noch nicht gesagt, was du für eine Katastrophe wärst.«
    Niko antwortete wie aus der
Pistole geschossen: »Ich wäre ein geplatztes Präservativ!« Er lachte dröhnend.
    Annabell wurde knallrot. »Sehr
geschmackvoll.« Pikiert ließ sie ihre Arme sinken, als wolle sie Niko durch den
Entzug des Anblicks ihrer Achselhaare bestrafen.
    »Wenn es voll ist, ist es sehr
geschmackvoll, das Präservativ«, dröhnte Niko.
    Verkniffen sagte Annabell: »Du
stehst wohl mehr auf Frauen wie Viola, vom Typ Kuchenfressendes Pelztier.
Solche Damen, die sich ins gemachte Nest legen und sich mit Schmuck garnieren
lassen. Denen du das Cabrio vor die Tür lieferst. Und die Männer bezahlen
alles. Ekelhaft, solche Damen!«
    — Es ist unglaublich: Wenn
jemand ein kuchenfressendes Pelztier ist, dann Annabell. Seit der Geburt von
Solveig hat sie mindestens zehn Kilo Übergewicht! Und wer hat sich den
Waschbärmantel meiner Mutter unter den Nagel gerissen? Damals, als sie schwanger
war, brauchte sie unbedingt einen Pelzmantel, um ihren Bauch warmzuhalten.
Selbstverständlich hat sie den Pelzmantel behalten, für den Fall, daß sie noch
mal schwanger wird. Sogar die Unterstellung mit dem gemachten Nest trifft
vollinhaltlich auf Annabell zu. Meine Mutter bedient sie und Solveig von vorn
bis hinten!
    »Ach komm, so anspruchsvoll ist
Viola gar nicht«, sagte Benedikt.
    »Ein Cabrio macht Damen froh —
und die Herren ebenso«, trällerte Niko.
    Ich sagte nichts, ich dachte
mir meinen Teil. Es ist der alte Konflikt zwischen Annabell und mir. Sie will
emanzipiert sein, ich will glücklich sein. Sie sagt, eine Frau ohne Mann kann
nie so unglücklich sein wie eine Frau mit Mann. Aber für mich ist die Liebe das
wichtigste im Leben. Und dazu brauche ich einen Mann.
     
    * * *
     
    Niemand hatte meine Schwester
gefragt, was sie für eine Katastrophe wäre — jeder weiß, daß meine Schwester
eine Katastrophe ist.
    Sie weiß nicht mal, wer
Solveigs Vater ist. Mein Vater sagt, es sei eine Schande. Annabell sagt, es sei
die natürlichste Sache der Welt. Zu Zeiten, als noch das Matriarchat geherrscht
habe, vor Einführung der scheißbürgerlichen Monogamie, habe man auch nicht
gewußt, wer der männliche Erzeuger eines Kindes war. Annabell tut so, als kämen
Dutzende von Männern als Solveigs Vater in Frage. Das ist der größte Witz. In
Wahrheit wollte sie ein Kind als Beweis, daß sie mal einen ins Bett bekommen
hat. Bei Annabell war es sowieso nur eine Luftmatratze. Vor vier Jahren fuhr
sie mit einer Frauengruppe zum Camping nach Schweden. Nur meine Schwester wurde
davon schwanger. Der Typ hätte Sören geheißen, sagt meine Schwester, da sei sie
sicher. Sonst weiß sie nichts über den Vater. Er hätte ausgesehen wie ein
typischer Schwede, deshalb sei sie schwach geworden! Dabei war es garantiert
stockdunkel auf dem Campingplatz,
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