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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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wagte sich nicht mehr in die Wohnung. Sie blieb auf dem Vorplatz stehen, lehnte sich an die Wand und wartete auf das Eintreffen der Kommission. Wieder hielt sie die Augen geschlossen. Im Hausflur hörte sie aufgeregtes Raunen und Tuscheln. Der Zigarrenhändler hatte die Neuigkeit brühwarm weitergegeben. Da und dort knarrten Wohnungstüren. Das Gemurmel wurde lauter. Tappende Schritte kamen die Treppe herauf. Neugierige Gesichter spähten über das Treppengeländer nach oben. Wie gut für Evelyn Bloom, daß die Kommission vom Yard pünktlich ein traf. Die Beamten bereiteten dem Spuk im Haus ein Ende. Ein Sergeant verscheuchte die neugierigen Leute schroff von der Treppe. Eine Minute später standen die Herren vor Evelyn Bloom. Sie zogen höflich die Hüte. Sie betrachteten die hübsche junge Frau voll Anteilnahme und Mitgefühl.
    „Es war Selbstmord, nicht wahr?“ fragte Hilfsinspektor Kirk, der die Kommission leitete. „Sie sagten doch am Telefon, daß es Ihr eigener Mann sei, der heute nacht Hand an sich legte.“
    „Es ist so“, murmelte Evelyn Bloom mit umflorter Stimme. Die Beamten verschwammen vor ihren Augen. Tränen liefen über ihr blasses Gesicht.
    „Kommen Sie“, sagte Hilfsinspektor Kirk sanft. „Zeigen Sie uns den Weg!“
    Die junge Frau ging schüchtern und gehemmt voraus. Sie kam kaum von der Stelle. Widerstrebend hielt sie auf das Schlafzimmer zu. Scheu legte sie die Hand auf die Klinke. Dann öffnete sie die Tür und blieb auf der Schwelle stehen. Sie trat erst ins Zimmer, als die Beamten und der Polizeiarzt im Raum versammelt waren. Zwischen Schrank und Tür verkroch sie sich, als wäre sie fremd in dieser Wohnung. Sie wagte nicht, in Richtung des Fensters zu blicken. Nur ein ersticktes Schluchzen kam von ihren Lippen.
    „Sieht tatsächlich wie Selbstmord aus“, sagte Hilfsinspektor Kirk trocken zu seinen Spurenexperten. „Allerdings gäbe es bessere Möglichkeiten, sich zu erhängen. Die Fensterklinke ist zu niedrig. Die Füße schleifen auf dem Boden auf. Die Schlinge hat ihn langsam erdrosselt.“
    Seine Worte verhallten zunächst ungehört im Raum. Die Leute hatten im Moment Wichtigeres zu tun. Der Photograph machte seine Aufnahmen, die Spurensicherer stäubten die Möbel, das Fenstersims und den Fußboden mit gelblichem Pulver ein. An einer Glasscheibe fanden sich guterhaltene Fingerabdrücke. Nachdem Wachtmeister Hendrick festgestellt hatte, daß diese Hautleistenbilder weder von dem Toten noch von seiner Gattin stammen konnten, barg er seinen wichtigen Fund sorgfältig in der Dienstmappe.
    „Es war ein Fremder in diesem Raum“, sagte er zu Hilfsinspektor Kirk. „Den Fingerabdrücken nach möchte ich schließen, daß er erst heute Nacht hier war. Wollen Sie nicht Mrs. Bloom vernehmen, Sir? Vielleicht weiß sie etwas von dem nächtlichen Besucher.“
    „Einen Moment“, sagte der Polizeiarzt kurz angebunden. „Lassen Sie sich Zeit mit Ihren Verhören, Kirk! Ich möchte erst die Untersuchung des Toten abschließen.“
    Er befreite Oliver Bloom aus der würgenden Schlinge und betrachtete dann kopfschüttelnd den groben Hanfstrick. Der Knoten interessierte ihn besonders. Er war dreifach geknüpft, wie es die Henker zu tun pflegen, damit der dicke Knotenwulst ihren Delinquenten auch tatsächlich den Nackenwirbel bricht, Selbstmörder wählten im allgemeinen ein dünneres Seil. Aber das hatte vorerst noch nichts zu bedeuten.
    Erst als der Doktor den Hals des Toten untersuchte, wurde er argwöhnisch. In der Gegend der Schlagader und am Kehlkopf zeigten sich blutunterlaufene Male. Sie rührten von würgenden Fingern her. Ein Zweifel war ausgeschlossen. Das Seil war erst um den Hals Oliver Blooms gelegt worden, als er schon tot oder zumindest bewußtlos war.
    „Wir haben es mit einem Mord zu tun“, raunte er leise dem Hilfsinspektor zu. „Mit einem ganz abgefeimten, tückischen Mord. Nehmen Sie ruhig die junge Frau etwas ins Gebet. Sie scheint mehr zu wissen, als sie am Telefon verraten hat.“
    Hilfsinspektor Kirk pfiff leise durch die Zähne. Er klopfte Wachtmeister Hendrick anerkennend auf die Schulter.
    „Gut gemacht“, lobte er. „Verwahren Sie die Fingerabdrücke gut auf. Sehen Sie nachher gleich in der Erkennungsabteilung nach. Wenn wir Glück haben, handelt es sich bei dem Mörder um einen alten Bekannten. Wenn nicht, helfen uns die Abdrücke immerhin ein gutes Stück weiter.“
    Er wandte sich um und trat in die Ecke neben der Tür, in der Evelyn Bloom noch immer bleich
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