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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Mörder. Der eine plünderte und tötete aus brutaler Habgier, der andere stellte sein Leben in den Dienst der Nächstenliebe. Er legte den bürgerlichen Namen Hattan ab. Er wurde zum Pater Frederic. Er diente in der Krankenfürsorge. Er infizierte sich an seinen Patienten und zog sich ein unheilbares Leiden zu. Er wußte, daß er bald sterben würde.“  
    „Erzählen Sie doch weiter“, murmelte der Sektionspräsident nervös. „Warum unterbrechen Sie sich dauernd?“
    „Ich kann diesen Mann nur bewundern, Sir“, sagte er ehrlich. „Ich meine diesen Pater Frederic. Er war kein Mensch, wie wir es sind. Er war viel größer. Er brachte das größte Opfer, das man überhaupt bringen kann.
    Als er von den Schreckenstaten seines Bruders erfuhr, meldete er sich sofort zur Betreuung des Gefangenen. Er tat es nicht unter dem Namen Hattan. Er kam als Pater Frederic. Deshalb sind wir solange nicht auf seine Spur gestoßen, Sir. Als er in jener Nacht seinem Bruder die letzte Beichte abnahm, stand sein Entschluß bereits fest. Er wollte dem anderen eine Chance geben, sein verpfuschtes Leben noch einmal von vorn zu beginnen. Er dagegen, Pater Frederic, wußte, daß seine Uhr bald abgelaufen war. Er war im Reinen mit seinem Gott. Er konnte mit gutem Gewissen sterben. Der andere aber sollte noch eine Frist bekommen, um alles wiedergutzumachen. Deshalb blieb Pater Frederic in der Zelle zurück. Joseph Hattan nahm das Opfer bedenkenlos an. Er schlüpfte in fieberhafter Eile in das Priestergewand und verließ ungehindert das Gefängnis. Der andere aber wartete in der Zelle auf den Henker. Da er ein Zwillingsbruder von Joseph Hattan war und dem ändern glich wie ein Ei dem ändern, so wurde der Rollentausch nicht bemerkt. Das ist die Lösung des schwierigen Rätsels, Sir.“  
    „Unglaublich“, stammelte der Sektionspräsident erschüttert. „Welch ein übermenschliches Opfer und noch dazu völlig sinnlos. Joseph Hattan hat es nie zu würdigen verstanden.“
    „Nein“, sagte Morry gedankenvoll. „Das hat er nicht. Wäre er nämlich in ein anständiges Leben zurückgekehrt, wie es sein Bruder im Sinn hatte, so wären wir nie darauf gekommen, daß ein anderer für ihn zum Schafott ging.
    Erst durch seine neuerlichen Morde brachte er den Stein ins Rollen.“
    „Er mordete aus Haß, nicht wahr?“ sagte der Sektionspräsident grübelnd.
    „Ja, Sir! Es war der Haß, der ihn zu den schauerlichen Verbrechen trieb. Das halbe Jahr, das er in Untersuchungshaft verbracht hatte, war ihm schlecht bekommen. Er hatte Tag und Nacht über seinem Haß gebrütet. Er machte alle andern für sein Unglück verantwortlich. Er redete sich ein, daß sie ihn verraten hatten. Er hätte sich brutal an ihnen gerächt, wenn ihn nicht die Gitter von der Außenwelt getrennt hätten.  
    Und dann geschah plötzlich jenes Wunder. Er wurde wieder frei. Er konnte seinen Haß austoben. Er konnte mit den vermeintlichen Verrätern abrechnen. Das tat er dann. Er mordete sie alle mit jenem Henkerstrick, der ihm selbst zugedacht war. Er wütete wie ein Satan. Er sank zum Tier herab. Der Blutrausch machte ihn zur. Bestie.“
    „Jetzt sitzt er wieder hinter Gittern“, atmete der Sektionspräsident erleichtert auf. „Ich glaube nicht, daß er uns noch einmal entrinnen wird.“
    „No“, sagte Kommissar Morry mit fester Stimme. „Diesmal werde ich selbst bei der Hinrichtung zugegen sein, Sir. Ich werde persönlich mit ansehen, wie sein Leben unter den Händen des Scharfrichters endet.“
    „Ich werde auch dabei sein“, sagte der alte Herr mit raschem Atem. „Ich möchte Zeuge jenes Augenblicks sein, in dem ein Schurke zur Hölle fährt.“
     
    E N D E  
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