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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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Land aus Haferbrei. In diesem Land sollten unsere Kämpfe stattfinden.
    Ein gewaltiger, steiler Gebirgskamm von enormer strategischer Wichtigkeit beherrschte die Landschaft. Der hundertachtzig Meter hohe Haggag el-Aqaba verläuft parallel zur Küste ostwärts nach Sollum, wo seine Felswände das Mittelmeer überragen und die Haarnadelkurven des Halfaya-Passes seine Durchquerung erlauben. Die britische Garnison hatte dort beim italienischen Vormarsch bereits Kampfberührung gehabt. Wir tauften den Halfaya-Pass in »Höllenfeuer-Pass« um.
    Das Bataillon – ich gehörte zur B-Kompanie – sondierte mit nächtlichen Spähtrupps die italienischen Stellungen. Ende Oktober machten wir uns daran, Telegrafenleitungen zu kappen und Straßen zu verminen, um die italienischen Verstärkungen daran zu hindern, den vorgeschobenen Wüstenfestungen zu Hilfe zu kommen.
    Ich lernte, die Wüste besser zu verstehen, die ungeheure Weite dieses Landes mit seinem 180-Grad-Himmel und den zermürbenden Temperaturunterschieden: Auf brühheiße Tage folgten klirrend kalte Nächte, während man unter einem prächtigen Sternenhimmel lag. Und erst die Sandstürme! Vor den Sandstürmen der Wüste gab es kein Entkommen. Der wogende Sandwall eines Chamsins stieg hoch in die Luft wie ein sich bewegender Berg, raste heran, verdeckte die Sonne und schliff wie ein Hagel aus glühenden Eisenspänen die Farbe von den Fahrzeugen. Die spitzen Sandkörner stachen einem durch die Kleidung in die Haut. Während eines Sandsturms blieb einem nichts anderes übrig, als Schutz zu suchen. Das wenige Wasser, das sich fand, stammte aus Birs , uralten Brunnen und Zisternen, die zum Teil noch aus der Römerzeit stammten und deren Inhalt bestenfalls brackig war. Einmal entdeckten wir einen aufgedunsenen Eselskadaver in der stinkenden Brühe. Der Anblick stillte unseren Durst fürs Erste, aber nicht lange.
    Sobald die Nacht kam, stellten wir unsere Fahrzeuge – hauptsächlich Lastwagen und Bren-Gun-Carrier – zu einem großen viereckigen Lager zusammen. Wachtposten wurden an der Peripherie des Lagers aufgestellt und alle zwei Stunden abgelöst, während wir anderen zu schlafen versuchten. Die kühlen Abende wichen bereits kalten Nächten, doch in der Dunkelheit wurden keine Lagerfeuer entzündet: Die einzige Wärmequelle waren die langen Mäntel – falls man einen besaß.
    Den Bren-Gun-Carrier sollte ich in den nächsten Monaten sehr genau kennenlernen. Er war ein offener, wendiger und leichter Schützenpanzerwagen mit Raupenketten und einem starken Ford-V8-Mittelmotor. Im hinteren Teil war Platz für einen, manchmal auch zwei Bren- MG -Schützen, und der Kommandant auf dem Vordersitz neben dem Fahrer bediente eine Boys-Panzerbüchse.
    Ich lernte auch die ölige Unterseite dieser Bestie ziemlich gut kennen, weil ich mir in den Nächten eine Grube im Sand aushob, den Carrier darüberfuhr und mich zwischen den schweren Raupenketten hineinwand, damit ich ein wenig vor Granatsplittern, Fliegerbomben und Kugeln geschützt war. Dort breitete ich meinen Schlafsack aus, der im Grunde nicht viel mehr war als eine dicke Decke in einer Plastikhülle. Schließlich vergewisserte ich mich, dass mein Revolver vom Kaliber .38 und die Handgranaten griffbereit waren. Dann legte ich mich hin.
    Noch vor dem ersten Licht des Tages weckten uns die Wachen; deshalb begann mein Tag normalerweise damit, dass ich mir an der Ölwanne den Schädel stieß. Das Lager erwachte, was vor allem mit den Geräuschen anspringender Motoren verbunden war, die manchmal mehrere Versuche verlangten. Noch kalt und verschlafen brachen wir das Lager ab und schwärmten in die Wüste aus, in gut hundert Metern Abstand zueinander, um bei einem Morgenangriff niedrig fliegender italienischer Savoia-Bomber kein leichtes Ziel zu bieten. Dann begann das Warten in der Kälte, während wir den Horizont absuchten. Erst wenn der Himmel heller wurde und die Konturen der Wüste sich herausschälten, entspannten wir uns und dachten an das Frühstück.
     

     
    Wenn ich den ersten Tee des Tages kochte, gab ich mir immer so viel Mühe, als hinge mein Leben davon ab. Jedes Mal steckte mir noch die Kälte der Nacht in den Knochen, und ich war hungrig und brauchte den Tee sofort; deshalb bereitete ich ihn mir auf Wüstenart zu: Ich trennte einen alten Benzinkanister in der Mitte durch und füllte ihn mit Sand. Dann schüttete ich Superbenzin hinein und stellte das Kochgeschirr mit Wasser darauf. Zu guter Letzt warf ich aus
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