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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe
Autoren: Steve Hamilton
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ganz prima weiterdrehen würde. Dennoch waren sie tot, weil wir dafür gesorgt hatten.
    Julian und Ramona umarmten sich. Gunnar starrte weiter sein Handy an. Lucy kam zu mir und streichelte meine Wange. Ich wandte mich ab und verließ das Zimmer.
    Ich ging hinüber in mein kleines Apartment neben der Garage, mein Zuhause während des vergangenen Jahres. Unwillkürlich musste ich an all das denken, was hier passiert war. An all die Male, die ich diese Pager kontrolliert hatte, dafür gesorgt hatte, dass die Batterien geladen waren – mein tägliches Ritual. Nachsehen, ob ein Anruf gekommen ist. Nachsehen, ob ich irgendwo gebraucht wurde. Sofort zurückrufen. Vor allem, wenn es der rote Pager ist.
    Nie wieder.
    Ich war nicht mehr das Eigentum des Mannes aus Detroit. Nie wieder würde ich auf einen dieser Pager reagieren müssen. Meine Tage als Auftrags-Safeknacker waren vorüber.
    Ich war frei.
     
    Am nächsten Tag schrieb ich Amelia einen Brief. Ich hatte ja jetzt ihre Adresse, das Studentenwohnheim in Ann Arbor. Diesmal füllte ich den Brief nicht mit Zeichnungen. Ich versuchte nicht, all das abzubilden, was am Vortag passiert war, das mit dem Boot und dem Geld und mir im Wasser. Dafür würde später noch Zeit sein. Im Moment wollte ich ihr lediglich mitteilen, dass ich auf dem Weg nach Hause war.
    Alles Weitere konnten wir dann besprechen, sagte ich mir. Ich meine, sie hatte ihr Kunststudium, und davon würde ich sie niemals abbringen wollen. Hey, vielleicht konnte ich mir ja wieder eine neue Identität kaufen und ein neues Leben beginnen! Mich vielleicht sogar auch dort einschreiben. Ein Haus nicht weit von der Uni kaufen und dort mit ihr wohnen. Alles war möglich, oder? Ich hatte jetzt Geld, und es gab keinen Grund, weshalb ich nicht nach Michigan zurückkehren und diese Träume wahr machen sollte.
    Ich ging aus dem Haus, um den Brief aufzugeben. Danach drehte ich noch eine Runde mit dem Motorrad und stellte mit Erstaunen fest, was für ein anderes Lebensgefühl das schon war. Nicht mehr an die Pager oder den nächsten großen Job denken zu müssen. Sich überhaupt keine Gedanken mehr machen zu müssen.
    Schließlich fuhr ich hinunter zum Santa Monica Pier und ging ganz bis ans Ende. Ich beugte mich über das Geländer und starrte ins Meer.
    Du kriegst mich auch nicht, dachte ich. Nicht einmal du.
     
    Am späten Nachmittag fuhr ich zurück zum Haus. Dabei überlegte ich schon, wie lange es wohl dauern würde, meine Sachen zu packen und mich von ihnen zu verabschieden. Überlegte, ob es mir ein bisschen schwerfallen würde, da wir uns wahrscheinlich nie wiedersehen würden.
    Bis zu dem Moment, als ich hineinging.
    Ich wusste sofort, dass etwas passiert war. Zeitungen und Zeitschriften lagen auf dem Boden verstreut, als hätte sie jemand vom Tisch gefegt. Irgendwo oben hörte ich Wasser laufen.
    Ich ging hinauf und sah zuerst in Gunnars und Lucys Zimmer. Niemand da. Alles wie sonst.
    Dann betrat ich Julians und Ramonas Zimmer. Die Matratze war ein bisschen verschoben, als hätte sich jemand hastig an ihrem Bett vorbeigedrängt und keine Lust gehabt, sie gerade zu rücken. Das Wasserrauschen war jetzt lauter. Es kam aus ihrem Bad. Ich wollte die Tür nicht aufmachen. Doch dann tat ich es. Ich musste.
    Ich stand da und ließ den Anblick über mich ergehen. Julian. Ramona. Jede kleine Einzelheit. Das Wasser, das in die Badewanne strömte und sich mit ihrem Blut vermischte. Ich nahm alles in mich auf und schloss dann die Tür hinter mir.
    Ich beugte mich vornüber und fühlte das Blut in meinen Kopf schießen. Glaubte, ohnmächtig zu werden. Dann ging es vorbei.
    Wie war das passiert? Wer hatte das getan?
    Und wer war als Erster dran gewesen?
    Sie brachten sie nach oben. Drückten sie über den Rand der Badewanne. Nacheinander. Dann schossen sie Ramonas Hinterkopf weg. Dann Julians.
    Oder hatten sie Julian zuerst erledigt?
    Das war alles, woran ich denken konnte. Irgendwie war es wichtig für mich.
    Ich wollte wissen, wer von beiden zuerst gestorben war.
    Dann der nächste Gedanke … wo sind Gunnar und Lucy? Sind sie auch tot?
    Ich durchquerte den Flur zu ihrem Zimmer und stieß die Badezimmertür auf, wappnete mich für eine neue grauenvolle Szene. Doch das Bad war leer.
    Ich ging wieder hinunter und zur Vordertür hinaus. Sah mich auf der Straße um. Dann ging ich hintenrum zu meinem Apartment. Es war ebenfalls leer.
    Du wusstest, dass so etwas passieren würde, hielt ich mir vor. Irgendwo tief drinnen
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