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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier
Autoren: Nicholas Guild
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gesagt. Philipp ist eindeutig der Herr.«
    »Hält er viele Gefangene?«
    »Nein. Mir wurde mitgeteilt, daß aus den Gefangenen zehn ausgelost wurden, denen man als Opfer auf dem Grab eines engen Freundes des Königs, der in der Schlacht getötet wurde, die Kehlen durchschnitt, aber der Rest wurde freigelassen und durfte in die Heimat zurückkehren.«
    Bardylis machte ein ernstes Gesicht, schwieg aber Solche Gesten der Menschlichkeit deutete er normalerweise als Zeichen von Schwäche. In diesem Fall war er sich nichtso sicher.
    »Am nächsten Morgen wurde mir das Schlachtfeld gezeigt«, fügte der Botschafter hinzu. »Es ist jetzt eine riesige Grabstätte, denn die Illyrer, die in der Schlacht gefallen sind, haben alle eine anständige Bestattung erhalten.«
    »Und mein Enkel ist unter ihnen?«
    »Prinz Pleuratos ist am Leben und ein Gefangener.«
    »Du hast ihn gesehen?«
    »Ja. Ahm…«
    »Heraus damit.«
    »Er liegt angekettet in einem Käfig neben den königlichen Hundezwingern«, erwiderte der Botschafter zögernd.
    »Angekettet?«
    »Ja, mit Handschellen und einer eisernen Halskrause…« Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, als widerstrebte es ihm weiterzureden. »Man füttert ihn mit Küchenabfällen.«
    »Welches Lösegeld verlangt Philipp?«
    »Das wollte er nicht sagen.« Der Botschafter hob die Augenbrauen, als wollte er damit zeigen, daß er für den Inhalt seiner Botschaft nichts könne. »Er war sehr höflich, hat aber gesagt, daß er über die Bedingungen für einen Frieden nur mit meinem Herrn, dem König, zu sprechen bereit sei.«
    »Er will, daß ich nach Lynkestis komme?«
    »Ja. Er hat gesagt, es würde ihn sehr freuen, König Bardylis als seinen Gast in Pisoderi begrüßen zu dürfen.« Die illyrischen Edelleute lehnten diesen Vorschlag einstimmig ab. Es sei eine Falle. Wenn der König makedonisches Gebiet betrete, werde er mit Sicherheit getötet, und sein Tod wäre nur das Vorspiel zu einem Eroberungskrieg gegen sein ganzes Reich. Bardylis fertigte sie kurz ab.
    »Falls es Philipp auf mein Königreich abgesehen hat, was sollte ihn davon abhalten, bei uns einzumarschieren und es sich zu nehmen?« erwiderte er. »Mich uralten Mann in der Gewalt zu haben, bringt ihm nicht den geringsten Vorteil. Er hat auch gar keine Vorteile nötig. Außerdem hat er mich als Gast eingeladen. König Philipp ist gerissen, aber er ist kein Betrüger.«
    Daneben hatte Bardylis persönliche Gründe, um hoffnungsvoll zu sein, Gründe, die er aber seinen Edelleuten nicht anvertrauen wollte.
    »In meinem Alter ist das eine lange Reise«, sagte er ihnen. »Aber für das Wohl meines Volkes werde ich diese Pflicht auf mich nehmen.«
    Er schickte einen Eilboten voraus, um Philipp wissen zu lassen, daß er seine Einladung annehme, und machte sich dann selbst mit einer Eskorte von hundert Mann auf den Weg. Er war ein alter Mann, der sich Zeit lassen mußte. Er hoffte nur, daß Pleuratos noch lebte, wenn er makedonisches Gebiet erreichte, denn er freute sich schon, seinen Enkel so erniedrigt zu sehen.
    Als er dreiundzwanzig Tage später Pisoderi erreichte, wartete der König aller Makedonier vor den Toren der Stadt auf ihn.
    »Du wirst müde sein«, sagte Philipp. »Du wirst dich ausruhen wollen.«
    »Zuerst will ich reden. Ich möchte deine Bedingungen für einen Frieden hören.«
    Philipp zuckte die Achseln. Die Sache schien ihm nicht sonderlich wichtig zu sein. »Die Rückgabe aller Tributzahlungen, die du während der Herrschaft meiner beiden Brüder erhalten hast.«
    »Abgemacht. Aber was ist mit meinem Enkel?«
    Zunächst schien Philipp auf die Frage nicht eingehen zu wollen. Schweigend ritt er neben dem König der Illyrer durch die Stadttore. Im Palasthof angekommen, sprang er schnell vom Pferd und half dann Bardylis beim Absteigen.
    »Willst du ihn sehen?« fragte er nun. Bevor der alte Mann Zeit zum Antworten hatte, hob Philipp die Hand, und aus einer Stalltür traten zwei Knechte, die Pleuratos zwischen sich aufrechthielten.
    Ein Murmeln unterdrückter Überraschung ging durch die illyrische Eskorte, als die Männer den Erben ihres Königs ins Licht taumeln sahen. Seine Haare und sein Bart waren verfilzt, und er sah blaß, schlaff und verzweifelt aus – kaum verwunderlich bei einem Mann, der mehr als zwei Monate in einem Käfig verbracht hatte. Er warf verwirrte Blicke in die Runde, schien aber niemand zu erkennen. Nicht einmal Bardylis konnte sein Mitleid ganz unterdrücken.
    »Warum hast du das getan?« bellte
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