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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif
Autoren: Guillaume Prévost
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möglichst unbedarft auszusehen. Woraufhin Helena Todds sofort ausrief:
    »Eine Entführung? Aber was wollten sie damit bezwecken? Lösegeld?« »Die Polizei vermutet, dass Papa an ein paar wertvolle Bücher gekommen war. Vor ein paar Tagen ist sogar in der Buchhandlung eingebrochen worden«, fügte er hinzu, was ja immerhin der Wahrheit entsprach.
    »Mein Gott, in was für einer Welt leben wir eigentlich! Eine unserer Nachbarinnen ist vorgestern auch angegriffen worden! Miss MacPie, erinnerst du dich? Während des Abendessens ist ein Dieb bei ihr eingedrungen und hat sie gezwungen, ihm ihren gesamten Schmuck herauszugeben! Die arme alte Dame, sie hat geglaubt, er würde sie umbringen ! «
    »Das kommt davon, wenn sie die ganze Zeit mit ihren dicken Ringen und Perlenketten herumläuft. Sie sieht aus wie ein wandelnder Christbaum«, fuhr Alicia gereizt dazwischen.
    »Alicia, bitte! Stell dir mal vor, wenn dieser Gangster sich immer noch in unserem Viertel herumtreibt! Und außerdem spricht man nicht so über eine gute Bekannte!«
    »Pah, gute Bekannte! Die MacPie ist eine alte Eule! Weißt du noch, als sie Jerry und mich überrascht hat, als wir uns auf der Straße geküsst haben? Sie hat die ganze Nachbarschaft aufgehetzt und beinahe hätte sie einen Brief an den Bürgermeister geschrieben! Hoffentlich stopft ihr diese Geschichte ein für alle Mal den Mund!«
    Helena Todds zuckte nur hilflos die Achseln, Sam schätzte allerdings, dass Miss MacPie, wenn es darum gegangen war, Alicia von diesem unerträglichen Paxton zu trennen, ganz zu Recht dazwischengegangen war . . . Zum Glück musste er sich nicht mehr dazu äußern, denn in diesem Augenblick streckte die Krankenschwester ihren Kopf durch den Türspalt. »Sie können jetzt hereinkommen, aber einzeln bitte und nicht länger als fünf Minuten.«
    »Geh nur, Mama, ich warte.«
    Helena verschwand in Zimmer 313 und Alicia näherte sich Sam mit finsterer Miene.
    »Meine Mutter hat deine Lügen vielleicht geschluckt, Samuel, aber ich glaube dir kein Wort . . . Schon als wir klein waren, habe ich immer sofort gewusst, wann du mich belügst. Vielleicht weil wir zusammen aufgewachsen sind. Wenigstens das ist uns noch geblieben . . .«
    Sie schüttelte traurig den Kopf, eine Geste, die Sam mehr berührte als alle Anschuldigungen dieser Welt.
    »Ich weiß nicht, was wirklich mit Allan geschehen ist«, fuhr sie fort. »Aber die Geschichte mit der Entführung und diesem Anruf, die nehme ich dir nicht ab. Das ist genau wie deine Recherche neulich über Dracula und diese merkwürdigen Zeichen auf all diesen Seiten. Du wolltest es mir nicht erklären, aber ich habe sofort gespürt, dass du mir etwas verheimlichst. Etwas sehr Ernstes . . . Was ist wirklich geschehen, Samuel?«
    Sam versuchte dem Blick dieser tiefblauen Augen, in denen man hätte ertrinken können, standzuhalten. Sie war schön wie immer, egal, ob sie ihn voller Sorge anblickte oder vollkommen gleichgültig, ob sie sich zu ihm wandte oder ihm distanziert die kalte Schulter zeigte. Egal ob sie aus vollem Herzen lachte oder ihre hübsche Nase sich unwillig kräuselte ... Alicia hatte tausend Gesichter und Sam liebte sie alle. Aber wie sollte er ihr ein Geheimnis anvertrauen, wenn gerade von diesem Geheimnis das Leben seines Vaters abhing? Wie konnte er sie noch einmal belügen, obwohl er es nicht mehr ertragen konnte? »Verzeih mir, Alicia«, brachte er mit rauer Stimme hervor. »Wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, dem ich gern alles erzählen würde, dann bist du es. Aber im Augenblick ist es einfach unmöglich. Nicht, solange es meinem Vater nicht besser geht. . . Danach, das verspreche ich dir, wirst du es als Erste erfahren.«
    Sic verzog enttäuscht das Gesicht. »Also ehrlich, Sam, es ist wirklich nicht leicht, dir zu folgen. Du warst doch derjenige, der wieder auf mich zugekommen ist, oder nicht? Und jedes Mal, wenn ich einen Schritt auf dich zumache, ist es, als wolltest du dich wieder entziehen. Als hättest du Angst. . . Wie soll ich das verstehen?«
    Einen kurzen Moment lang schien die Zeit stillzustehen und es war, als wären sie noch ein paar Jahre jünger, als würde jeder im Gesicht des anderen das wiederfinden, was sie so unzertrennlich gemacht hatte, was ihre Trennung jedoch nicht hatte verhindern können. Diese Nähe, die sie vom ersten Tag an verbunden hatte, all ihre verrückten Lachanfälle und noch so viele andere Dinge . . . Und heute waren sie sich so fremd.
    Sicher hätten sie noch lange
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