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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif
Autoren: Guillaume Prévost
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blumigen Duft ihres Parfüms, während hinter ihr, etwas steif und offensichtlich von widerstreitenden Gefühlen hin- und hergerissen, Alicia wartete. Das junge Mädchen trug eine hübsche, mit Perlen verzierte Jeans und ein ärmelloses pfirsichfarbenes T-Shirt, das nur knapp ihren Bauchnabel bedeckte. Die offenen blonden Haare schimmerten um ihr Madonnengesicht. Samuel blinzelte, von ihrer Schönheit geblendet . . . Unfassbar, dass er drei Jahre lang jedem Kontakt mit ihr aus dem Weg gegangen war, obwohl sie sich früher einmal so nahe gewesen waren! Nach dem Unfall seiner Mutter hatte Samuel dazu geneigt, sich in seinem Kummer zu vergraben, und geglaubt, dass auch nur das kleinste Glück, Alicia eingeschlossen, seiner Trauer unangemessen wäre. Drei Jahre, in denen er die Tür zu seinem Haus und zu seinem Herzen fest verschlossen hatte, drei Jahre, in denen er Alicia wenn überhaupt, so nur aus weiter Ferne gesehen und sich auf die Lippen gebissen hatte . . .
    Dann war Allan verschwunden und Sams Welt war ein weiteres Mal in sich zusammengestürzt. Während seines Vagabundenlebens auf den Wegen durch die Zeit war er irgendwann Yser begegnet, einer Vorfahrin Alicias, und hatte knapp verhindern können, dass man sie in eine Heirat mit dem niederträchtigen Klugg, dem Alchemisten von Brügge, hineinzwang. Beim Zusammentreffen mit jener jungen Frau war Sam klar geworden, wie sehr er Alicia immer noch liebte und wie sehr er sie verletzt haben musste, als er sie so zurückgelassen hatte. Nach seiner Rückkehr hatte er alles darangesetzt, ihr die Sache zu erklären und sich bei ihr zu entschuldigen. Was sich jedoch als äußerst heikel herausgestellt hatte, denn Alicia war inzwischen mit Jerry Paxton liiert, einem extrem eifersüchtigen, muskel-strotzenden Hohlkopf. Abgesehen davon konnte sie Sam nicht verzeihen, dass er sie auf so brutale Art und Weise aus seinem Leben verbannt hatte. Trotzdem hatten sie ein langes Gespräch miteinander, bei dem Sam gespürt hatte, wie viel von ihrer früheren Vertrautheit noch immer mitschwang, auch wenn Alicia so tat, als wollte sie sich dagegen wehren. Von daher rührte wahrscheinlich auch die Unentschlossenheit, mit der Alicia ihm jetzt gegenüberstand, schwankend zwischen einem Rest an freundschaftlichen Gefühlen für Sam – auf mehr durfte er nicht hoffen -und der Wut, die sie bei seinem Anblick empfand.
    Als ihre Mutter ihre stürmische Umarmung beendet hatte, begrüßte sie ihn dann auch lediglich mit einem leichten Wimpernschlag, als wollte sie ihn möglichst auf Abstand halten. Samuel antwortete ebenso reserviert, ohne sich zu bewegen.
    »Wie geht es ihm denn?«, wollte Helena Todds wissen.
    »Er liegt immer noch im Koma«, seufzte Sam. »Aber ich bin sicher, es wird ihm bald besser gehen.«
    »Natürlich wird es ihm bald besser gehen!«, versicherte Helena. »Er ist ein zäher Bursche, unser Allan, nicht wahr? Und . . . Ich wollte deine Großmutter damit nicht belästigen, aber, wie ist das eigentlich passiert?« Samuel senkte kaum merklich den Blick. Es stand außer Frage dass niemand anderes außer seinen Großeltern und seiner Cousine Lili in die Geschichte um den Sonnenstein eingeweiht werden durfte. Nicht einmal Alicia. Also musste man sich eine offizielle Erklärung einfallen lassen, die alle Welt überzeugen würde, insbesondere die Polizei, die sich etwas zu sehr für die Ereignisse in der Buchhandlung Faulkner interessierte. Auch wenn Samuel im Allgemeinen nicht gerne log und ihm der Gedanke ganz und gar nicht gefiel, ausgerechnet Helena Todds, die ihn in einer schwierigen Phase bei sich aufgenommen hatte, so zu täuschen. Ganz zu schweigen von Alicia, deren Blicken er in diesem Moment lieber auswich . . .
    »Papa ist einer Bande Schwarzmarkthändler in die Hände gefallen«, begann er. »Wir haben alle geglaubt, er wäre ins Ausland gereist, um antike Bücher zu kaufen, aber das stimmte nicht. Er ist entführt und gar nicht weit von hier gefangen gehalten worden. An dem Abend, als ich Ihr Haus verließ, habe ich einen Anruf von seinem Handy erhalten. Eine Männerstimme sagte einfach nur: >Er ist in der Buchhandlung.< Ich habe sofort meine Großeltern verständigt und wir haben uns dort getroffen. Papa lag vor der Tür auf dem Boden, halb bewusstlos. Er brachte nur wenige Worte heraus, es ging um ein seltenes Werk und seine Entführer . . . Dann hat er endgültig das Bewusstsein verloren und wir haben ihn in die Klinik gebracht.«
    Samuel schwieg und bemühte sich,
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