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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug
Autoren: Orson Scott Card
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Mizzipy bis nach Dekane noch hauptsächlich von Wald bedeckt gewesen war. Aber inzwischen kamen vor allem Einheimische, die hier Handel trieben oder Klatschgeschichten hören wollten, wie auch Nachrichten von der Außenwelt. Da Brustwehr der einzige Erwachsene in Vigor Church war, auf dem nicht Tenskwa-Tawas Fluch ruhte, war er auch der einzige, der die Stadt ohne Schwierigkeiten verlassen konnte, um Waren einzukaufen und Neuigkeiten zu sammeln, die er den Farmern und Händlern von Vigor Church mitbrachte. Zufällig war Brustwehr heute fort. Er war in die Stadt Mishy-Waka gereist, um dort eine Ladung Glaswaren und feinsten Porzellans abzuholen. Und so fand Alvin nur Eleanor und ihren ältesten Jungen Hector im Laden vor.
    Es hatte sich einiges verändert seit früher. Eleanor, die fast so gute Zauber herstellen konnte wie Alvin, brauchte diese nicht mehr in der Anordnung ihrer Blumenkörbe und Küchenkräuter zu verbergen. Inzwischen hingen einige der Zauber ganz offen herum, was zugleich bedeutete, daß sie viel deutlicher und stärker wirken konnten. Brustwehr mußte ein wenig von seiner Abneigung gegen Gaben und verborgene Kräfte abgelegt haben. Das war gut – damals war es immer sehr schmerzlich gewesen, zu wissen, daß Eleanor immer hatte so tun müssen, als wäre sie nicht das oder würde sie das nicht erkennen, was sie doch in Wirklichkeit war und kannte.
    »Ich habe etwas dabei«, sagte Alvin.
    »Das sehe ich«, erwiderte Eleanor. »In Sacktuch eingewickelt, reglos wie Stein, und doch habe ich den Eindruck, als wäre etwas Lebendiges darin.«
    »Darüber mach du dir mal keine Gedanken«, sagte Alvin. »Was hier drin ist, geht keine Menschenseele an außer mir.«
    Eleanor stellte keine Fragen. Aus dem, was er sagte, erkannte sie genau, weshalb er das geheimnisvolle Paket vorbeigebracht hatte. Sie trug Hector auf, sich um etwaige Kunden zu kümmern; dann führte sie Alvin hinaus ins neue Warenlager, wo sie solche Dinge aufbewahrten wie Dutzende verschiedene Bohnensorten in Fässern, Pökelfleisch, Zucker in Papiertüten, Pulversalz in wasserdichten Töpfen und Gewürze und Spezereien in allen möglichen verschiedenen Behältnissen. Sie ging sofort auf das vollste Bohnenfaß zu, das mit einer grüngefleckten Bohnensorte gefüllt war, die Alvin noch nie gesehen hatte.
    »Diese Bohnen werden nicht viel verlangt«, erklärte sie. »Ich schätze, den Boden dieses Fasses werden wir nie zu sehen bekommen.«
    Alvin stellte den in Sackleinen eingewickelten Pflug auf die Bohnen. Dann ließ er die Bohnen beiseite gleiten und den Pflug so geschmeidig umhüllen wie Melasse, bis er zu Boden gesunken war. Er bat Eleanor noch nicht einmal darum, sich abzuwenden, denn daß Alvin so etwas konnte, hatte sie schon seit seiner Kindheit gewußt.
    »Was immer dort drin leben mag«, fragte Eleanor, »es wird doch hoffentlich nicht daran sterben, daß es unten in einem Faß vertrocknet, oder?«
    »Es wird niemals sterben«, erwiderte Alvin, »jedenfalls nicht so, wie Menschen alt werden und sterben.«
    Eleanor gab ihrer eigenen Neugier nur insoweit nach, als sie sagte: »Ich wünschte, du könntest mir versprechen, daß ich auch erfahre, was dort drin ist, sobald es erst jedermann weiß.«
    Alvin nickte. Das war ein Versprechen, das er auch halten konnte. Zu diesem Zeitpunkt wußte er noch nicht, ob und wann er jemals anderen Menschen diesen Pflug zeigen würde, aber wenn irgend jemand ein Geheimnis wahren konnte, dann war es Eleanor.
    Und so lebte er in Vigor Church, schlief im Haus seiner Eltern in seinem alten Schlafzimmer, lebte viele Wochen dort, bis in den Juli hinein, und die ganze Zeit behielt er das meiste, was ihm in seiner siebenjährigen Lehrzeit widerfahren war, für sich. Tatsächlich sprach er kaum mehr, als er mußte. Er ging hierhin und dorthin, besuchte mit seinem Pa oder seiner Ma verschiedene Leute und heilte ohne großes Aufsehen Zahnschmerzen und gebrochene Knochen und schwärende Wunden und Übelkeit, wenn er sie vorfand. Er half in der Mühle; er arbeitete gegen Lohn auf den Feldern und in den Scheunen der Farmer; er baute sich eine kleine Schmiede und führte einfache Reparaturen und Schweißarbeiten durch, wie sie ein Schmied ohne richtigen Amboß machen konnte. Und die ganze Zeit sprach er fast immer nur, wenn man ihn ansprach, und sagte kaum mehr als das, was nötig war, um das Geschäft in Gang zu halten oder um bei Tisch das Essen zu bekommen, das er wollte.
    Er war keineswegs trübsinnig – er lachte
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