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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug
Autoren: Orson Scott Card
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er mir nicht.«
    Da beschlich Cavil ein Gedanke, ein Gedanke, der so schrecklich war, daß er nicht einmal vor sich selbst zugeben konnte, ihn gedacht zu haben. »Was hat er denn dann getan?«
    »Nun, dasselbe heilige Werk, das du vollbracht hast, Cavil.«
    Darauf wußte Cavil nichts zu antworten. Sie wußte es. Sie wußte alles.
    »Im letzten Sommer, als dein Freund Reverend Thrower kam, da habe ich hier im Bett gelegen, als ihr euch unterhieltet.«
    »Du hast doch geschlafen. Deine Tür war …«
    »Ich habe alles mitangehört. Jedes Wort, jedes Flüstern. Ich habe euch hinausgehen hören. Ich habe euch beim Frühstück sprechen hören. Weißt du, daß ich dich umbringen wollte? Jahrelang habe ich geglaubt, du wärst ein liebevoller Ehemann, ein Christenmensch, dabei hast du die ganze Zeit diese schwarzen Frauen beschlafen. Und dann hast du alle deine Babys auch noch als Sklaven verkauft. Du bist ein Ungeheuer, dachte ich. So böse, daß es ein abscheulicher Frevel gewesen wäre, dich auch nur eine einzige Minute weiterleben zu lassen. Aber mit meinen Händen konnte ich kein Messer halten, konnte keinen Abzugshahn eines Gewehrs betätigen. Also lag ich da und habe nachgedacht. Und weißt du, was ich mir gedacht habe?«
    Cavil sagte nichts. So, wie sie es sagte, klang es, als wäre er ein durch und durch niederträchtiger Mensch. »So war das überhaupt nicht, es war etwas Heiliges.«
    »Es war Ehebruch!«
    »Ich hatte eine Vision!«
    »Ja, du hattest eine Vision. Nun, wunderschön, Mr. Cavil Planter, du hattest eine Vision, daß es eine gute Sache sei, halb-weiße Babys zu machen. Jetzt habe ich eine Neuigkeit für dich: Ich kann nämlich auch halb-weiße Babys machen!«
    Plötzlich ergab alles einen Sinn. »Er hat dich vergewaltigt!«
    »Er hat mich nicht vergewaltigt, Cavil. Ich habe ihn eingeladen, zu mir zu kommen. Ich habe ihm gesagt, was er tun soll. Ich habe ihm gesagt, er solle mich seine Fähin nennen und vorher und nachher mit mir beten, damit es genauso heilig sei wie das, was du getan hast. Wir haben zu deinem verdammten Aufseher gebetet, aber aus irgendeinem Grund hat er sich nie gezeigt.«
    »Das kann niemals geschehen sein!«
    »Wieder und wieder, jedesmal, wenn du die Plantage verlassen hast, den ganzen Winter über, den ganzen Frühling.«
    »Ich glaube dir nicht. Du lügst, um mir wehzutun. Du kannst das überhaupt nicht – der Arzt hat gesagt, daß es … daß es dir zu weh tut.«
    »Cavil, bevor ich herausfand, was du mit diesen schwarzen Frauen getan hast, habe ich auch geglaubt, daß ich wüßte, was Schmerz ist, aber dagegen war all das Leiden ein Nichts, verstehst du? Diesen Schmerz könnte ich jeden Tag in alle Ewigkeit durchleben, und ich würde es die reinsten Ferien nennen. Ich bin schwanger, Cavil.«
    »Er hat dich vergewaltigt. Das werden wir allen erzählen, und wir werden ihn aufhängen, um ein Exempel zu statuieren, und …«
    »Ihn aufhängen? Auf dieser Plantage gibt es nur einen Vergewaltiger, Cavil, und glaube nur nicht einen Augenblick, daß ich das nicht laut verkünden würde. Wenn du Hand an den Vater meines Kindes legst, werde ich dem ganze Bezirk erzählen, was du getan hast. Ich werde am Sonntag aufstehen und es in der Kirche verkünden.«
    »Ich habe es im Dienst des …«
    »Meinst du, daß sie dir das glauben werden? Genausowenig wie ich. Das Wort für das, was du getan hast, ist nicht Heiligkeit. Es ist Hurerei. Ehebruch. Lust. Und wenn sich das herumspricht, wenn mein Baby schwarz geboren wird, dann werden sie sich gegen dich wenden, alle. Dich werden sie verjagen.«
    Cavil wußte, daß sie recht hatte. Niemand würde ihm glauben. Er war ruiniert. Es sei denn, er tat etwas ganz Einfaches.
    Er verließ ihr Zimmer. Sie lag da und lachte ihn aus, verhöhnte ihn. Er ging in sein Schlafzimmer, nahm das Schrotgewehr von der Wand, schüttete das Pulver hinein, stopfte mit einem Pfropfen nach, gab schließlich eine doppelte Ladung Schrot darauf und stopfte ihn mit einem zweiten Pfropfen fest.
    Als er wieder hereinkam, lachte sie nicht mehr. Statt dessen hatte sie sich zur Wand gedreht und weinte. Es ist zu spät für Tränen, dachte er. Sie drehte sich nicht zu ihm um, als er aufs Bett zukam und die Decke fortriß. Sie war so nackt wie ein gerupftes Huhn.
    »Deck mich zu!« wimmerte sie. »Er ist so schnell weggelaufen, er hat mich nicht mehr angezogen. Es ist kalt! Deck mich zu, Cavil …«
    Dann sah sie das Gewehr.
    Ihre verzerrten Hände wirbelten durch die Luft. Ihr
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