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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug
Autoren: Orson Scott Card
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über Witze, die man ihm erzählte, und erzählte sogar selbst einige. Und er war auch nicht ernst. Manch einen Nachmittag verbrachte er auf dem Marktplatz und bewies den kräftigsten Farmern von Vigor Church, daß sie es beim Ringen nicht mit den starken Armen und Schultern eines Schmiedes aufnehmen konnten. Er wußte lediglich, keinen Klatsch und keine Belanglosigkeiten zu erzählen, und nie sprach er über sich selbst. Und wenn man ein Gespräch nicht aufrechthielt, war Alvin es zufrieden, zu verstummen, während er weiterarbeitete oder in die Ferne starrte, als erinnere er sich überhaupt nicht, daß man noch da sei.
    Manchen Leuten fiel auf, wie wenig Alvin sprach, aber schließlich war er schon lange fortgewesen, und von einem Neunzehnjährigen erwartete man eben nicht, daß er sich genauso benahm wie ein Elfjähriger. Sie glaubten einfach, daß aus ihm ein stiller Mann geworden sei.
    Manche aber wußten es besser. Alvins Vater und Mutter wechselten mehr als einmal ein paar Worte darüber. »Dem Jungen sind einige schlimme Dinge widerfahren«, meinte seine Mutter; doch sein Vater sah das anders. »Ich schätze, er hat wahrscheinlich beides erlebt, Gutes wie Böses, wie die meisten Menschen – er kennt uns nur nicht mehr gut genug, nachdem er sieben Jahre fort war. Laß ihn sich erst einmal daran gewöhnen, als Mann in dieser Stadt zu leben, und nicht mehr als Junge, dann wird er sich schon bald den Kopf wegerzählen.«
    Auch Eleanor fiel auf, daß Alvin nicht viel sagte, aber da sie zugleich wußte, daß er in ihrem Bohnenfaß ein wundersames, lebendiges Ding verborgen hielt, machte sie sich keinen Augenblick Sorgen darüber, daß mit Alvin irgend etwas nicht stimmen könnte. Wie sie zu ihrem Mann, Brustwehr, sagte, als der darüber sprach, daß Alvin für niemanden mehr als fünf Worte übrig zu haben schien: »Der hängt schweren, tiefen Gedanken nach. Er arbeitet an Problemen, von denen keiner von uns genug versteht, um ihm dabei helfen zu können. Du wirst schon sehen – wenn er alles gelöst hat, wird er frei heraus reden.«
    Und dann war da noch Measure, Alvins Bruder, der zusammen mit ihm in die Gefangenschaft der Roten geraten war; der Bruder, der Ta-Kumsaw und Tenskwa-Tawa fast so gut kennengelernt hatte wie Alvin selbst. Natürlich fiel Measure auf, wie wenig Alvin ihnen von seiner Lehrzeit erzählte, und mit der Zeit würde er es wohl sein, mit dem Alvin sprechen würde – das war nur natürlich, wenn man bedachte, wie lange Alvin Measure einst vertraut hatte und was sie alles zusammen durchgemacht hatten. Doch zu Anfang war Alvin selbst in Measures Gegenwart scheu, als er sah, daß er eine Frau hatte, Delphi, von der er sich, wie jeder Narr bemerken konnte, ungern weiter als drei Fuß entfernen mochte. Er war so sanft und so vorsichtig mit ihr, sorgte sich ständig um sie, drehte sich zu ihr um, wenn sie in der Nähe war, um mit ihr zu sprechen, wartete auf ihre Rückkehr, wenn sie mal fort war. Woher sollte Alvin da wissen, ob es in Measures Herzen noch Platz für ihn gab? Nein, nicht einmal Measure konnte er seine Geschichte anvertrauen, jedenfalls nicht zu Anfang.
    Eines Tages im Hochsommer war Alvin gerade draußen auf den Feldern und errichtete zusammen mit seinem jüngeren Bruder Cally Zäune, einem Burschen, der mittlerweile so groß wie ein Mann geworden war, ebenso hochgewachsen wie Alvin, wenn auch nicht ganz so massig im Rücken und an den Schultern. Die beiden hatten sich für eine Woche bei Martin Hill verdungen. Alvin zerteilte die Planken – wobei er kaum seine Gabe benutzte, obwohl er die Planken doch alle dazu hätte bringen können, sich zu teilen, indem er sie einfach nur darum bat. Nein, er legte den Keil an und hieb sie mit dem Hammer der Länge nach auf, und seine Gabe nutzte er nur, um die Planken daran zu hindern, in krummen Winkeln zu splittern, so daß sie nicht die volle Länge ergeben hätten.
    Sie mußten schon ungefähr eine Viertelmeile eingezäunt haben, als Alvin merkte, wie seltsam es war, daß Cally ihm nicht hinterherhinkte. Alvin zerteilte die Planken, und Cally hieb Pfosten und Querstreben ein, ohne auch nur ein bißchen Hilfe zu brauchen, um einen Pfosten ins Erdreich zu treiben, wenn dies und das zu hart oder zu weich oder zu steinig oder zu schlammig war.
    Also behielt Alvin ein Auge auf den Jungen – oder, genauer, er benutzte seine Gabe, um Callys Arbeit zu überwachen. Und tatsächlich bemerkte Alvin, daß auch Cally etwas von seiner Gabe zu haben
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