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Der Magier von Fairhaven

Titel: Der Magier von Fairhaven
Autoren: L. E. Modesitt
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Hydolar gesehen«, räumte Cerryl ein.
    »Und wie fandet Ihr die Orte?«
    Cerryl ließ sich gern auf das unverfängliche Thema ein. »Ich würde sagen, dass die Mauern Jellicos zu den beeindruckendsten zählen …«
    Während er sprach, wanderte sein Blick zum Kopfende der Tafel, wo Vicomte Rystryr sich gerade zu Fydel beugte und eine Bemerkung energisch mit geballter Faust unterstrich. Cerryl sprach weiter. Wahrscheinlich würde er noch mehr unverfängliche Gesprächsthemen und humorvolle Bemerkungen brauchen, um seine Tage in Jellico zu füllen. Viel, viel mehr.

 
IV
     
    C erryl betrachtete das Glas auf dem ovalen Bettvorleger. Die Nebel verzogen sich und enthüllten eine blonde, grün gekleidete Heilerin, die an einem Schreibtisch vor einem Blatt Papier saß. Sie legte den Kopf schief und jetzt breitete sich ein strahlendes Lächeln in ihrem Gesicht aus. Sie hob die Finger an die Lippen und hauchte einen Kuss in den Raum.
    Cerryl lächelte und ließ das Bild in sich zusammenfallen. Offenbar hatte sie seine Gegenwart gespürt.
    Nach einer Weile konzentrierte er sich wieder auf das Glas, bis die silbernen Schleier wallten und sich teilten und eine rot und grau gekleidete Gestalt auftauchte. Der Mann saß in einer Kutsche, aber Cerryl konnte nicht erkennen, wohin die Kutsche fuhr.
    Eine Weile später versuchte er es noch einmal und probierte es mit einem Blick aus größerer Entfernung, aber das Glas zeigte nur Pullids Kutsche, die sich dem Palast des Vicomte näherte. Das Bild wurde immer wieder gestört, als ein spätes Schneetreiben durchs Sichtfeld wirbelte.
    Achselzuckend zog Cerryl die weiße Jacke an und ging zum vorderen Hof hinaus, wo ein Aufsitzbock für die Kutschen bereitstand. Dort wartete er bei den beiden Bewaffneten, die den Zugang zum persönlichen Quartier des Vicomte bewachten.
    Cerryl trat vor, als Pullid die Kutsche verließ. »Ser Pullid?«
    Der stämmige, grau und rot gekleidete Mann drehte sich zu ihm um. »Ich glaube, wir kennen uns nicht, Ser Magier. Mein junger Ser Magier.«
    Cerryl überhörte den herablassenden Tonfall. »Ich hatte gehofft, Ihr könntet mir vielleicht mit Eurem umfassenden Wissen über das Finanzwesen helfen.« Er setzte ein Lächeln auf, von dem er hoffte, dass es möglichst freundlich aussah.
    Pullid blickte ihn finster an. »Was hat ein Magier mit Finanzen zu tun?«
    »Nun … wir erheben mit Hilfe von Herrschern wie dem Vicomte Gebühren, damit wir die Großen Weißen Straßen bauen und unterhalten können. Alle sagen, dass Ihr der wichtigste Helfer des Finanzministers Dursus seid und Euch besonders gut auskennt, wenn es darum geht, die Gebühren einzutreiben und so weiter. Wir haben nun gewisse Schwierigkeiten in Montgren«, log Cerryl, »und ich dachte, ich könnte Euch vielleicht um Rat fragen.«
    Pullid starrte ihn nur an, ohne zu antworten.
    Cerryl konnte dem Mann ansehen, was er dachte. Er wollte keinen Magier beleidigen, besonders keinen, der im Rahmen eines Feldzuges gekommen war, denn ein Magier konnte ihn leicht in Asche verwandeln. Aber Pullid wollte ganz eindeutig nicht mit Cerryl sprechen.
    »Ich habe mich gefragt … offenbar hat der Vicomte selbst auch Straßen, die es zu unterhalten gilt. Erhebt Ihr dafür eigene Gebühren oder sammelt Ihr alles zusammen ein?«
    »Wir würden es nicht wagen, mehr als einmal Steuern einzutreiben.« Pullid lachte, es klang ein wenig falsch. »Und selbst ein einziges Mal ist es schon schwierig genug.«
    Cerryl rückte, als er ein immer besseres Gefühl für den Mann bekam.
    »Und jetzt … wenn Ihr mich entschuldigen wollt …«
    »Aber natürlich.« Cerryl deutete eine Verbeugung an.
    Wieder in seinem Gästezimmer angekommen, zog Cerryl das Glas hervor. Vielleicht hatte er Pullid sogar veranlasst, voreilig etwas zu unternehmen. Als Nächstes sah er Pullid mit dem Finanzminister reden, aber nach allem, was dort zu erkennen war, schien Dursus mehr oder weniger unbeeindruckt zuzuhören und entspannt zu antworten, bis er Pullid schließlich mit einer Geste aus dem vertäfelten Arbeitszimmer entließ. Pullid ging danach in einen viel kleineren, ebenfalls vertäfelten Raum, wo er lange Zeit an einem Tisch sitzen blieb, bis Cerryl schließlich das Bild fallen lassen musste, weil er starke Kopfschmerzen bekam.
    Sein Problem war nicht gelöst. Wie konnte er beweisen, dass der Vicomte Geld abzweigte? Alles, was Cerryl wahrnahm, bestärkte ihn in dem Verdacht, dass es tatsächlich geschah, aber er hatte keine einzige klare
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