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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)
Autoren: Leena Lehtolainen
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sie draußen vor dem Haus in der großen Grillpfanne gebraten, in der mein Onkel im Sommer fast alle Mahlzeiten zubereitete. Er hatte schon damals biologisch-dynamische Nahrungsmittel aus dem Umland favorisiert, lange bevor daraus ein Trend wurde. In puncto Küchenphilosophie hätte sich Onkel Jari gut mit meiner Freundin, der Starköchin Monika von Hertzen, verstanden, doch er hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, sie kennenzulernen. Auch von Monika hatte ich seit einer Ewigkeit nichts mehr gehört, denn die Verbindungen in den Dschungel von Mosambik, wo sie eine Armenküche betrieb, waren miserabel.
    Ich fuhr an der Dorfmauer von Paganico entlang nach Osten und fand das Restaurant mühelos. Es war erst kurz nach sieben, für toskanische Verhältnisse zu früh für ein Abendessen, doch der Hunger plagte mich inzwischen dermaßen, dass ich es vorzog, wie eine unverständige Touristin zu handeln, statt zu warten. Ich parkte und ging in das Restaurant, das noch völlig leer war. An den rund zwanzig Tischen fanden etwa hundert Gäste Platz. Das Lokal war leicht zu überwachen, denn der Raum war übersichtlich, es gab keine Logen oder versteckten Nischen. Aus alter Gewohnheit setzte ich mich an einen Tisch, von dem aus ich den ganzen Raum überblicken konnte. Der Kellner eilte sofort mit der Speisekarte herbei. Trüffel, die Spezialität des Restaurants, hatte ich noch nie gegessen, aber ich mochte ja Pilze. Auch die Preise waren erträglich. Nachdem ich die Speisekarte eine Weile lang studiert hatte, stellte ich fest, dass es sich bei der teuren Vorspeise, die David bestellt hatte, um eine Kombination aus fünf verschiedenen Trüffelgerichten handelte. Irgendwann würde ich mich bei dem freundlich wirkenden Kellner, der ungefähr in meinem Alter sein musste, nach David erkundigen, doch zuvor wollte ich mindestens eine Vorspeise essen. Ich bestellte Trüffelcarpaccio, Trüffelpasta und als Hauptgericht ein klassisches Florentiner Steak. Fleisch war genau das, was ich brauchte, es würde mir Kraft geben und mir vielleicht trotz Davids Abwesenheit einen ruhigen Schlaf bescheren. Vom Rotwein bestellte ich nur eine Viertelkaraffe, weil ich noch fahren musste.
    Mir war klar, dass ich einen erbärmlichen Eindruck machte, als ich mein Handy neben den Platzteller legte. Sicher hielt mich der Kellner für eine Touristin mit unerhört schlechten Manieren. Essen war hier heilig – wenn man bei Tisch saß, telefonierte man nicht. Ich schaltete das Handy auf stumm. Falls ein Anruf kam, würde ich das Aufleuchten des Displays sehen. Der Rotwein, der mir serviert wurde, war vermutlich ganz ordentlich – ich verstand nicht viel von Wein. In meiner Zeit als Aufpasserin im Chez Monique hatte Monika versucht, mich in die Geheimnisse des Weingenusses einzuweihen, aber bald frustriert aufgegeben. Meiner Meinung nach schmeckte ein Rotwein für sechs Euro genauso wie einer, für den man sechzig Euro hinblättern musste, und es wollte mir beim besten Willen nicht gelingen, zwischen Sekt und Champagner zu unterscheiden. Wenn nötig, war ich allerdings fähig, so zu tun, als ob.
    Als die Vorspeise aufgetragen wurde, vergaß ich das Handy. Die weißen Trüffeln dufteten meterweit. Vorsichtig probierte ich von dem Pilz und dem rohen Fleisch. Monikas Lehren saßen immer noch so tief, dass ich es schaffte, langsam und mit Genuss zu essen, statt die Portion hinunterzuschlingen.
    Als ich beim letzten Bissen der Vorspeise angelangt war, kündigte die Klingel über der Tür neue Gäste an. Eine junge Familie kam herein, drei Kinder, alle unter zehn. Mit dem friedlichen Nachtmahl war es nun wohl vorbei. Die Familie setzte sich an einen Nachbartisch. In Finnland hätte sie natürlich einen Tisch am anderen Ende des Raums gewählt, damit die Kinder die fremde Frau nicht störten. Ich versuchte zu erlauschen, was für die Kinder bestellt wurde. Würstchen mit Kartoffelbrei gab es hier wohl nicht.
    Die Trüffelpasta-Portion war riesig, und glücklich machte ich mich darüber her. Das fröhliche Geplapper der Kinder empfand ich plötzlich als angenehme Hintergrundmusik. Der Kellner schien die Familie zu kennen. Es wäre ein Glücksfall für mich, wenn die meisten Gäste Stammkunden waren, denn dann würde sich das Personal umso eher an David und seine Begleitung erinnern. Mit zwei Metern Körpergröße war David eine beeindruckende Erscheinung. Ich bemühte mich, nicht darüber nachzudenken, wie hinreißend die Frau gewesen sein mochte, mit der er hier
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