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Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Titel: Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)
Autoren: Erin Quinn
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ereilte?
    Das Donnern der Brandung unter ihnen wurde lauter, und nun konnte Danni auch den salzigen Geruch des Meeres wahrnehmen. Sie hatte das Gefühl, dass sich etwas sehr Hohes, Großes links von ihr erhob, wusste aber nicht, ob es real oder nur eingebildet war, und konnte sich auch nicht danach umdrehen.
    Die immer wieder aus dem Abhang herausragenden Felsen zwangen sie, sich beim Abstieg vorsichtig um sie herumzuschlängeln. Von der Anstrengung war ihr schon ganz warm geworden, und unter ihnen konnte sie nun auch noch andere Geräusche hören. Die Stimme einer Frau ... Danni blieb stehen und lauschte der erregten Stimme. Sie klang verzweifelt, flehend. Aber da waren auch noch andere Stimmen ... Sie hörte einen Mann sprechen, vielleicht sogar zwei. Und Kinder. Kinder, die furchtsam und verängstigt klangen.
    Dannis Blut raste so schnell durch ihre Adern, dass ihr übel wurde. Der ängstliche, flehende Tonfall dieser jungen Stimmen, die sie vernahm, versetzte sie schlagartig in ihre Vergangenheit zurück. Zu ihren Nächten in dem Gemeinschaftsschlafzimmer des Kinderheims, wo immer irgendjemand ängstlich gewesen war und geweint hatte.
    Ernst und konzentriert setzte der Mann den Abstieg fort, mit spielender Leichtigkeit, soweit Danni das beurteilen konnte, auch wenn sich hin und wieder kleine Steine unter seinen Füßen lösten, die polternd den Abhang hinunterfielen. Danni blieb jedoch wie angewurzelt stehen, wo sie war, und lauschte den erregten, aber undeutlichen Worten unter ihr. Was auch immer dort unten vorging, war nichts Gutes, und Dannis sämtliche Instinkte bestürmten sie, den Weg nicht fortzusetzen.
    Plötzlich ertönte ein lauter Knall - das Krachen eines Schusses, dem entsetzte Schreie folgten. Danni fuhr zusammen und konnte spüren, wie ihre Hände feucht wurden vor Angst. Sie wollte dem Fremden nicht länger folgen, wollte hinaus aus dieser Vision und zurück in ihre Küche, wo sie sicher war. Krampfhaft ballte sie die Fäuste und nahm ihre ganze Willenskraft zusammen, um der Vision Einhalt zu gebieten, sich ihr zu widersetzen, sie nicht mehr an sich heranzulassen.
    Der Mann vor ihr verhielt den Schritt und sah sich um. Es schien fast so, als wüsste er, was sie dachte. Seine Augen verdunkelten sich vor Mitgefühl, aber auch Enttäuschung lag darin, die er nicht ganz verbergen konnte. Danni spürte sie genauso deutlich, wie sie sie sah. Dann nickte er ihr zu. Geh weiter, schien er damit sagen zu wollen. Aber es war keine verurteilende oder befehlende Geste, sondern eine, die ihr die Erlaubnis gab, sich umzudrehen und zurückzugehen.
    Der steile Abhang, der düstere Himmel ... der Fremde, der seinen bezwingenden Blick auf sie gerichtet hielt ... Für einen Moment begann dies alles zu verschwimmen, und darunter konnte Danni ihre warme, anheimelnde Küche sehen. Sie brauchte wirklich nur den entscheidenden Schritt zu tun und aus dem Bild und der Vision heraustreten.
    In der Tiefe unter ihnen hörte sie jedoch das Weinen der Kinder und das unzusammenhängende, fieberhafte Flehen der Frau. Danni spürte ihre Verzweiflung, ihre Angst. Die große Not, in der sie war ...
    Der Mann machte sich wieder an den Abstieg, mit größerer Dringlichkeit sogar als vorher. Danni kniff die Augen zusammen und atmete tief ein. Da sie wusste, dass sie einer solchen Verzweiflung nicht den Rücken zukehren konnte, blockierte sie im Geist den Weg zu ihrer Küche und schloss die Tür zu Sicherheit und Vernunft. Wieder einmal folgte sie dem Fremden, ja, bemühte sich sogar, ihn einzuholen, als er in der über dem Tal hängenden Düsternis verschwand.
    Muscheln und Steine bedeckten den schmalen Durchgang zwischen mächtigen Felsbrocken und der aufgepeitschten See. Der Boden knirschte unangenehm unter Dannis Füßen, als sie dem Mann zu einem Eingang am Fuß der steil aufragenden Felswand folgte. Mit schmalen Augen spähte Danni durch die aufkommende Dämmerung und den dichten, über den Boden wabernden Nebel, unter dem sie ihre eigenen Füße nicht mehr sah.
    Sie konnte so gut wie gar nichts erkennen, bis sie neben dem Fremden stand. Dann, als hätten sich ihr Gehör und ihre Sicht von einer Sekunde auf die andere geschärft, nahm sie eine wahre Explosion von surrealen Farben und Texturen wahr, und der Ursprung der gehörten Stimmen trat mit schockierender Klarheit aus seiner bisherigen Verschwommenheit hervor.
    Danni stand plötzlich in einer Höhle mit einem etwas tiefer liegenden Gezeitenwasserloch in ihrer Mitte, auf dessen
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