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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt
Autoren: Corina Bomann
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konnte ich sie wie die Person behandeln, die sie für mich immer schon gewesen war: die Königin dieses Landes.
    Während sich die Männer verneigten, sank ich in einen Hofknicks. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie ich mich bei Madame Poussier angestellt hatte, doch diesmal hatte ich das Gefühl, dass er mir ganz passabel gelang.
    Sie gab der Amme ein Zeichen, dass sie den Prinzen hinausbringen sollte, dann schickte sie auch alle anderen Hofdamen fort.
    »Aber Madame, sollten wir nicht besser hierbleiben?«, fragte eine der Frauen, nachdem sie in eine tiefe Verbeugung gesunken war.
    »Warum denn?«, fragte die Königin. »Diese Männer und die junge Frau haben vor wenigen Stunden mein Leben gerettet. Wem sollte ich mehr vertrauen als ihnen?«
    Die Hofdame errötete, dann wandte sie sich um und verließ das Gemach. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, betrachtete uns die Königin eine Weile, dann trat sie auf mich zu.
    Mein Herz pochte heftig unter meinen Rippen. Blut schoss in meine Wangen, während ich den Blick senkte.
    »Ihr seid die Comtesse d’Autreville, nicht wahr?«, hörte ich sie fragen und zuckte zusammen, als ihre Fingerspitzen unter mein Kinn glitten und es anhoben. Als ich ihr ins Gesicht sah, entdeckte ich dort Augen, die meinen ähnelten.
    »Euer Vater hat aus Euch offenbar etwas Besonderes gemacht. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Frau ficht.«
    »Er wollte, dass ich mich verteidigen kann, wenn es nötig ist.« Die wahre Geschichte, dass ich unbedingt fechten wollte, verschwieg ich.
    »Das war sehr weise von ihm. Und auch sonst scheint er Euch zu einem anständigen Menschen erzogen zu haben.«
    »Das hoffe ich«, gab ich zurück, und es war mir unmöglich, meinen Blick von ihrem Gesicht zu lösen. Je länger ich sie ansah, desto mehr Ähnlichkeiten entdeckte ich. Es war fast gespenstisch. Hätte ich mich je gefragt, warum Papa mir nie ein Bildnis der Königin gezeigt hatte, dies wäre die Antwort gewesen.
    Ein kleines Lächeln spielte um die Lippen der Königin, dann ließ sie mich wieder los. »Erhebt Euch!«
    Als wir uns aufgerichtet hatten, trat Anna von Österreich vor die Musketiere. »Ich muss Euch nicht sagen, wie dankbar ich für alles bin, was Ihr getan habt. Ich kann Euch mitteilen, dass die Schuldigen ihre gerechte Strafe erhalten werden. Alle.« Sie sah zwischen Aramitz, Troisville und Nancy hin und her, dann sagte sie: »Jeder von Euch wird zweihundert Livres als Dank erhalten. Verfugt über die Summe, wie Ihr wollt.«
    Die Männer neigten ihre Köpfe und antworteten wie aus einem Munde: »Vielen Dank, Eure Majestät.«
    Daraufhin wandte sie sich wieder mir zu. Meine Nervosität kehrte mit aller Macht zurück.
    »Was Euch angeht, Comtesse, so erhaltet Ihr das Schloss Eurer Väter sowie die Ländereien natürlich zurück. Da mir zu Ohren gekommen ist, welch großen Verlust Ihr erlitten habt, habe ich beschlossen, Euch Dienerschaft zur Verfügung zu stellen sowie eine Entschädigung zu zahlen, die Eure Zukunft sichern wird. Was auch immer Ihr daraus machen wollt.«
    Wie sollte mich Geld schon für den Verlust meiner Familie entschädigen? Doch ich schwieg, denn es wäre undankbar gewesen, die Gunst der Königin auszuschlagen.
    »Vielen Dank, Eure Majestät.«
    Wieder lächelte die Königin, diesmal fast etwas wehmütig. Ich erwartete beinahe, dass sie noch einmal die Hand ausstrecken und mich berühren würde, doch das tat sie nicht. Ihr Blick ruhte noch eine Weile auf mir, dann kehrte sie wieder zu ihrem Platz zurück.
    Als wir wieder vor der Tür standen, fühlte ich mich seltsam. Nichts deutete darauf hin, dass die Königin mich als ihre Tochter erkannt hatte. Sie hatte kein einziges Wort darüber verloren, nicht einmal in ihrem Dank an die Musketiere. Das einzig Verräterische war ihr Lächeln gewesen. Ja, ich war sicher, dass sie wusste, wer ich war. Nur würde sie jetzt ebenso wenig dazu stehen können wie in den Jahren zuvor.
    Diese Erkenntnis erleichterte mich. Ich würde kein anderes Leben führen müssen, nur weil sie mich geboren hatte. Ich konnte weiterhin die Comtesse d’Autreville sein. Ob ich das wollte? Sicher, um des Mannes willen, der mich großgezogen hatte. Für die Männer, die meine Brüder waren, und die Frau, die mich Tochter genannt hatte. Und für den Lilienpakt, der mit seinem Blut die Lilie des vierten März geschützt hatte.
    Mich.
    Missmutig blickte der Capitan aus dem Fenster seiner Zelle, um die der Wind pfiff. Die Luft war in der
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