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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt
Autoren: Corina Bomann
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zusammen, riss meinen Arm hoch und stieß die Klinge über seinen Arm hinweg auf seinen Hals zu. Blanchet machte eine kleine Bewegung zur Seite, doch das half ihm nicht. Die Spitze bohrte sich in seinen Hals.
    Erschrocken zuckte er zurück, ließ seinen Degen fallen und presste die Hand auf die Wunde. Ein Blutschwall spritzte heraus, doch als er auf die Knie sank, erkannte ich, dass ich zu tief zugestochen hatte. Die Wunde würde ihn zwar viel Blut kosten, aber nicht auf der Stelle töten.
    Ärgerlich schnaufend richtete ich die Degenspitze wieder auf ihn. Wenn er sich erholt hatte, würde er sicher wieder angreifen.
    »Aufhören!«, donnerte da eine Stimme durch den Gang.
    Innerhalb weniger Augenblicke wurden wir von Musketieren umstellt. Blanchet kauerte noch immer auf dem Boden. Blut tropfte aus seinem Hals und der Handwunde. Unter ihm bildete sich eine kleine Pfütze. Die Form einer Lilie hatte sie nicht, aber der Anblick war mir eine Genugtuung.
    »Waffen weg, Messieurs!«, forderte die Stimme von Troisville. Als ich den Kopf zur Seite wandte, sah ich einen Mann in roter Soutane neben ihm. Mazarin!
    Die beiden Männer, die noch am Leben waren, ließen ihre Degen fallen. Aramitz und Nancy wirkten erschöpft; ihre Hemden waren von Schweiß durchtränkt.
    Dann sah ich Jules. Er lehnte mit schmerzverzerrtem Gesicht an einer Säule. Ungeachtet der Musketiere schrie ich auf, ließ meine Waffe fallen und rannte zu ihm.
    »Jules!«
    Er rührte sich nicht. An seiner Seite bemerkte ich einen Blutfleck.
    Die Angst, die mich nun überkam, war noch größer als jene, die ich angesichts des Kampfes verspürt hatte.
    »Jules!« rief ich noch einmal, als ich ihm meine Hand auf die Brust legte.
    Sein Herz schlug noch und wenig später öffnete er die Augen.
    »Christine.«
    Ich schluchzte auf. Tränen liefen mir übers Gesicht.
    »Jules, du darfst nicht sterben, hörst du?«
    »Das werde ich nicht«, flüsterte er. »Es ist nur ein Kratzer.«
    Ich strich ihm zärtlich übers Haar und küsste seine Stirn. Dann seine Lippen. Es kümmerte mich nicht, dass alle zusahen.
    »Aua, sei doch vorsichtig!«, beschwerte er sich, dann grinste er. »Du bist auch nicht ohne Kratzer davongekommen«, sagte er dann und deutete auf meinen Arm.
    »Das gehört zum Fechten wohl dazu.«
    Ich wischte mir die Tränen weg, umarmte ihn vorsichtig und barg mein Gesicht an seiner Wange. Jetzt sah ich, dass die drei verbliebenen Attentäter abgeführt wurden. Blanchet, der ein Tuch auf seine Wunde drückte und kreidebleich war, sah mich an.
    Ich hielt seinem Blick stand, denn ich wusste, dass er nun niemanden mehr verraten würde.
    Wie tritt man einer Mutter gegenüber, die man nicht kennt? Diese Frage beschäftigte mich, als wir zum Gemach der Königin eilten. Wieder trug ich ein Kleid, was mir eigentlich nicht gefiel. Aber ich wusste, dass es wichtigere Dinge gab – und dass man auch in einem Kleid kämpfen konnte.
    Neben mir gingen Nancy, Aramitz und Troisville. Während den beiden Musketieren ihre Nervosität nicht anzusehen war, wirkte Nancy doch ein wenig unruhig. Sicher hatte er nie danach gestrebt, der Königin gegenüberzustehen.
    Um meine Nervosität ein wenig zu verdrängen, dachte ich an Jules. Er lag in einem der oberen Gemächer des Palastes, nachdem der Leibarzt der Königin nach ihm gesehen hatte. Die Klinge hatte keinen besonders großen Schaden angerichtet, allerdings würde er für einige Wochen keinen Hammer heben können. Wie sein Vater auf sein Abenteuer reagieren würde, wollte ich mir lieber nicht vorstellen. Aber vielleicht war es so wie damals, als Jules sich in der Nähe des Ambosses versteckt und den glühenden Splitter abbekommen hatte. Ein Windspiel würde Paul Garos seinem Sohn nicht mehr bauen, aber er würde froh sein, dass er noch am Leben und mit einer Narbe davongekommen war.
    Vor einer gut bewachten Tür machten wir schließlich halt. Die Männer, die vor der Tür der Königin postiert waren, trugen die Tuniken der ersten Kompanie der schwarzen Musketiere. Die Männer waren schon etwas älter. Ich fragte mich, ob sie Papa gekannt hatten.
    Vor Troisville salutierten sie, dann öffneten sie die Türen. Wir wurden erwartet.
    Anna von Österreich saß auf einem brokatüberzogenen Stuhl. Neben sich hatte sie den Dauphin, den kleinen Louis. Meinen Halbbruder. Der Junge mit den blonden Locken lächelte breit, als er uns sah. Von der Miene der Königin war keine Regung abzulesen. Wusste sie nicht, wer ich war? Umso besser, dann
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