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Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)

Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)

Titel: Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
Autoren: Felix T. Richter
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Boden mit Leben füllten. Die
Blätter der umstehenden Bäume waren bereits bräunlich gefärbt und lediglich die
vereinzelten Nadelbäume stachen mit ihrem Grün aus der Menge heraus. In der
Ferne waren steinige Hügel zu erkennen, deren schroffes Gestein nackt und fremd
wirkte. Die Vielzahl der Gerüche, zusammen mit der kühlen Luft des Nordwindes,
verursachten, dass ihm Erinnerungen an seine Eltern und seine Kindheit in den
Kopf kamen. Einst war er ein Unfreier gewesen. Bevor nämlich vor einigen Jahren
der hart umkämpfte Konflikt der Sklavenbefreiung erfolgreich mit Hilfe von
König Horald gewonnen werden konnte und sämtliche in Versklavung lebenden
Menschen frei gesprochen wurden, war das Halten eines oder mehrerer Sklaven
üblich in den ehrwürdigen Häusern reicher und wohlhabender Leute gewesen. Seine
Mutter war eine Unfreie im Hause von Ulfred Tammersheim gewesen. Ulfred war
einer der Leute, die zwar in ihrer beruflichen Tätigkeit Erfolg hatten, aber
auf der menschlichen Beziehungsebene kläglich versagt hatten. Seine Frau hatte
ihn bereits kurz nach der Eheschließung wieder verlassen und so kam es also,
dass der verbitterte Ulfred sich gerne Sklavinnen hielt, die seine ungeheure
Wollust befriedigen sollten. Als jedoch heraus kam, dass ein Mann aus der
engeren Nachbarschaft mit einer seiner Sklavinnen eine Beziehung angefangen
hatte und sogar Geld gespart hatte, um sie frei zu kaufen, war Ulfred schon
nicht gut auf diesen zu sprechen und hatte das Angebot dankend abgelehnt. Als
einige Monde später allerdings zu sehen war, dass Thalons Mutter schwanger war,
konnte sich Ulfred nicht mehr halten. Er hing den Geliebten der Mutter ein
Verbrechen an, für das er ihn anschließend öffentlich hinrichten ließ. Thalons
Mutter durfte das Kind gebären, jedoch musste mehr schuften, als zuvor. Sie
sollte eigentlich an der Überforderung zu Grunde gehen, überlebte die Pein
allerdings. Als Thalon zwölf Jahre alt war, wurde seine Mutter schließlich
weiterverkauft, da Ulfred sie, schwach und ausgehungert wie sie war, nicht mehr
gebrauchen konnte. Tagelang trauerte Thalon um sie und hatte sogar mit dem
Gedanken gespielt, Ulfred zu ermorden. Jedoch beschloss er dann eines Tages
abzuhauen, da ihn nichts mehr an dem für ihn so schrecklichen Ort hielt. Mit
einem gestohlenen Messer, an dem er eigentlich das Blut Ulfreds hätte sehen
wollen, schlich er sich in den nächstgelegenen Wald und verbrachte dort eine
Zeit lang sein Dasein. Als Jäger war Thalon allerdings zu ungeschickt, sodass
Wurzeln und Beeren seine Mahlzeiten wurden. Als der Hunger jedoch zu groß
wurde, kehrte er in das Dorf Tammersheim zurück. Eines Tages, als er gerade
durch die Straßen eines Dorfes streifte, um die Bürger um ein paar Münzen zu
erleichtern, erwischte ihn Kardios dabei. Dieser war zufällig in Tammersheim,
da er dort einen Freund besuchen wollte. Doch statt den Jungen zu bestrafen,
hatte Kardios Mitleid mit dem verwahrlosten Kind und nahm ihn daher bei sich
auf. Ursprünglich wollte ihn Kardios nur für eine kurze Zeit bei sich behalten,
allerdings war ihm dann der Junge zu sehr ans Herz gewachsen, sodass er
beschloss, ihn bei sich aufzuziehen. Mit vierzehn Jahren begann Thalon dann,
sich von Kardios zum Ritter ausbilden zu lassen, wobei er von Anfang an schon
großen Eifer und viel Geschick mit dem Schwert zeigte. Er wusste nicht, warum
die lange zurück liegenden Bilder gerade jetzt hochkamen, aber dabei fiel ihm
auf, dass seine Kindheit mit dem heutigen Tag vorbei war und er nach Bestehen
der Prüfung ein Mann sein würde. Ganz in Gedanken versunken, vergaß Thalon, auf
den Weg zu achten. Erst die Rufe und Warnungen des Meisters hinter ihm brachten
ihn in die Realität zurück. Was war los? Thalon verstand erst nicht, was sein
Meister da rief, doch dann sah er es. Im letzten Moment riss er die Zügel fest
an sich und das Pferd, welches bereits wild schnaubte stoppte einige Schritte
vor einem Abgrund, während kleine Gesteinsbrocken in die Schlucht fielen. „Na
das war ja knapp!“, meinte Kardios scharf und ließ sich dabei nicht anmerken,
wie aufgeregt er eigentlich war. „Ein paar Meter weiter und…Sag mal, wo warst
du mit deinen Gedanken? Du weist doch, dass der alte Adam nicht mehr so der
hellste Gaul ist“, ermahnte ihn Kardios. Etwas leiser als sonst antwortete
Thalon mit klopfendem Herzen, den Schreck noch immer nicht verdaut:
„Entschuldigt, Meister! Ich war in Erinnerungen vertieft, aber das spielt keine
Rolle.“
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